Warum Mazedonien und Serbien schon wieder wählen müssen

In Mazedonien und Serbien sollen bald Neuwahlen stattfinden. Die Opposition hat in beiden Ländern kaum eine Chance, an die Macht zu kommen. Das liegt am Klientelismus und an der Kontrolle der Medien durch die Regierungsparteien.

Serbiens Premier Aleksandar Vucic hat Neuwahlen angekündigt.

(Bild: Keystone)

In Mazedonien und Serbien sollen bald Neuwahlen stattfinden. Die Opposition hat in beiden Ländern kaum eine Chance, an die Macht zu kommen. Das liegt am Klientelismus und an der Kontrolle der Medien durch die Regierungsparteien.

Der mazedonische Regierungschef Nikola Gruevski ist Mitte Januar zurückgetreten, um vorzeitige Parlamentswahlen im April zu ermöglichen. Dies ist Teil einer Vereinbarung, die – von der EU vermittelt – zwischen Opposition und Regierung getroffen wurde. Eigentlich sollen die Neuwahlen am 24. April stattfinden, doch die Sozialdemokratische Liga Mazedoniens (SDSM) sträubt sich dagegen.

Die grösste Oppositionspartei des Landes wirft der Regierung vor, nicht die Bedingungen für freie und faire Wahlen zu schaffen: Die Regierung kontrolliere die Medien. Zudem habe sie in den staatlichen Institutionen vorrangig Personen mit dem richtigen Parteibuch eingestellt, wodurch Abhängigkeiten entstanden seien. Die Antwort des Premierministers ist simpel: Nikola Gruevski wirft der Opposition vor, die Neuwahlen zu boykottieren, weil sie nicht ausreichend Rückhalt in der Bevölkerung habe, um als Siegerin hervorzugehen.

Der Boykott der Opposition dauert allerdings schon länger an. Über Monate hat sie das Parlament boykottiert, weil die Wahlen im Vorjahr von der Regierung manipuliert gewesen sein sollen. Daneben hat die Opposition illegal abgehörte Telefonate führender Regierungsmitglieder veröffentlicht und damit verschiedene Skandale und Korruption aufgedeckt. Daraufhin kam es zu Massenprotesten gegen und für die Regierung. Gruevskis Ziel mit den Wahlen ist es, seine Politik zu rechtfertigen und der Opposition den Wind aus den Segeln zu nehmen. Aber es gibt noch einen Grund.

Die EU braucht die autokratische Regierung

In den vergangenen Monaten taucht Mazedonien wieder vermehrt in der europäischen Berichterstattung auf, weil das Land mitten auf der sogenannten Balkanroute der Flüchtlinge liegt. In den vergangenen Tagen hat Mazedonien immer wieder die Grenzen für Flüchtlinge geschlossen und dann wieder geöffnet.

Es handelt sich wohl um eine Generalprobe, um zu testen, ob die Grenze im Ernstfall geschlossen werden könnte. Weil Griechenland das Dublin-Abkommen nicht umsetzt, befindet sich die EU in der unangenehmen Situation, sich bei einer bevorstehenden Schliessung der Balkanroute auf das autokratische Regime in Mazedonien verlassen zu müssen.

Die Kommunikation zwischen Deutschland und Mazedonien dürfte dabei gut funktionieren. Die CDU-nahe Konrad-Adenauer-Stiftung unterstützte Mitglieder der Regierungspartei durch Stipendien und lud den autokratisch regierenden Premierminister zu Stiftungsveranstaltungen ein.

Erst vergangene Woche fand eine Diskussionsveranstaltung mit dem CDU-Mitglied Christian Kremer und der Jugendorganisation der Regierungspartei «Innere Mazedonische Revolutionäre Organisation– Demokratische Partei für Mazedonische Nationale Einheit» (VMRO-DPMNE) statt. Dass die Konrad-Adenauer-Stiftung damit ein undemokratisches Regime unterstütze, weist man vonseiten der Stiftung zurück. Ohne die Stiftungsarbeit würde es dem Land noch schlechter gehen und die Opposition sei ja auch nicht besser, heisst es dann hinter vorgehaltener Hand.

Warum wählt Serbien neu?

Neuwahlen stehen im April auch in Serbien an. Hier stellt sich unweigerlich die Frage, wieso eigentlich. Die regierende Fortschrittspartei hat eine absolute Mehrheit im Parlament, und dank Koalitionspartnern kann Premierminister Aleksandar Vucic mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit regieren.

Zwar sorgte der Verteidigungsminister Bratislav Gasic für einen Skandal, als er gegenüber einer Reporterin des Fernsehsenders «B-92», die einer schwenkenden Kamera auswich, erklärte, er möge Journalistinnen, die gerne in die Knie gingen. Doch dafür musste er inzwischen zurücktreten, und die Zustimmungswerte der Regierung hat das keineswegs erschüttert.

Es scheint schlicht so, dass die Regierung die desolate Situation der Opposition und die Beliebtheit des medial allgegenwärtigen Premierministers nutzen will, um sich weitere vier Regierungsjahre zu sichern. Denn die Beliebtheit könnte unter dem anstehenden Reformprogramm leiden: Die Regierung muss weitere Privatisierungen billigen, die Ausgaben kürzen und weitere Stellen im öffentlichen Dienst streichen. 

16 Parlamentswahlen seit 1990

Ersten Gegenwind bekam Vucic bereits zu spüren: Die Regierung versprach eine Erhöhung der Renten. Erhalten haben die Rentnerinnen und Rentner einen Betrag von umgerechnet ein bis zwei Franken pro Person. Entsprechend verhöhnt fühlen sie sich. Die sozialen Einschnitte passen nämlich nicht zu der Situation, die der serbische Premierminister in den Medien von seinem Land zeichnet. Die Wirtschaft wachse, den Menschen werde es bald besser gehen, verspricht Aleksandar Vucic. In der Realität bekommen die Serben davon aber wenig mit.

Die Hoffnung können sie nicht in die serbische Opposition legen. Diese ist zerstritten und liegt am Boden. Verschiedene Bündnisse sollen Kleinparteien dabei helfen, überhaupt über die 5 Prozent-Quote zu kommen. Niemand geht davon aus, dass die Opposition eine realistische Chance hat, die kommenden Neuwahlen für sich zu entscheiden.

Für die Bevölkerung in Serbien sind Parlamentswahlen schon fast Alltag: Bereits 2014 und 2012 konnten sie wählen. Seit 1990 durften die Serben bereits 15 Mal ein neues Parlament wählen.

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