Erst schmal, dann breit: eine Strasse als Symbol für die vermurkste Beziehung zwischen Baselland und Basel-Stadt. Was ist da passiert?
Sie ist einfach da. Wie lange schon weiss keiner, jedenfalls keiner, der das wissen müsste. Eine Strasse, die eigentlich zwei sind. Die zusammenführt, was nicht zusammengehören will. Eine Strasse, welche die Beziehungen zwischen Baselland und Basel-Stadt auf den Punkt bringt: ein einziges Missverständnis.
Der Baselbieter Kulturschaffende Christoph Meury hat sie unlängst auf einem Winterspaziergang begangen. Er schlenderte übers Bruderholz in Richtung Predigerhof, die Luft kalt und klar, sein Hund trabte vorneweg. Putzfrisch lustwandelte Meury über den Teer, bis er an die Demarkationslinie gelangte, wo das Stadtgebiet aufhört und der Landkanton beginnt. Verblüfft blieb er stehen: Exakt auf Höhe des Grenzsteins verwandelt sich das Strässlein in eine Strasse.
Meury war fasziniert, sein Verstand versuchte, die beiden ungleichen Teile zusammenzufügen:
«Offensichtlich entstammt das ‹Strassenbau-Wunder› zwei nicht-kommunizierenden Verwaltungen. Oder ist das symbolischer Ausdruck zweier Kantone, welche offenbar das Heu nicht auf der gleichen Bühne haben? Baselland protzt mit dem breiten Strassenteil, während Basel-Stadt etwas schmalspuriger weiterfährt?»
Meury schliesst mit einem bösen Verdacht: «Vermutlich testet Baselland eine weitere Umfahrung, welche über das Bruderholz führen soll.»
Keine Erklärung
Ist das Strässlein über den grünen Hügel tatsächlich die befürchtete Angriffspiste, auf der die Agglo-SUV in die Stadt einfallen werden? Oder sollen darüber dereinst die Steine der geschleiften Universität weggekarrt werden? Wir haben nachgefragt.
Das Basler Tiefbauamt nimmt die Ermittlungen auf. Stöbert durch die Aufzeichnungen, befragt Verantwortliche. Findet: nichts. André Frauchiger, langjähriger Sprecher der Behörde, hat keine Erklärung, weshalb die Strasse auf Basler Seite 2,7 Meter breit ist und auf Baselbieter Seite 3,8 Meter: «Den eigentlichen Grund für die unterschiedlichen Strassenbreiten konnten wir leider nicht eruieren.»
Er findet immerhin heraus, dass sich die Strasse seit mindestens 1999 in diesem unharmonischen Zustand befindet. Dass sie als Velo- und Spazierweg und als Zubringer für Traktoren und Autos zum Predigerhof dient. Dass davon ausgegangen werden könne, «dass in beiden Kantonen bisher nicht die Absicht bestanden hat, eine Durchgangsstrasse für den Autoverkehr einzurichten».
Vor Kurzem fuhren die Baumaschinen auf. Arbeiter der IWB tauschten die Rohrleitungen unter der Strasse aus und erneuerten bei dieser Gelegenheit gleich den Belag. Nicht auf der ganzen Strecke. An der Grenze, berichtet Frauchiger, stoppten die Arbeiter. So fiel ihnen die kuriose Verbreiterung wahrscheinlich gar nicht auf. Wieso auch? An der Demarkationslinie hört eine Welt auf, beginnt eine andere.
Die beiden Teile dieser Strasse passen so gut zueinander wie eine Gabel zur Suppe – oder Monica Gschwind zu Christoph Eymann. Das passt zwar nicht, stimmig ist es trotzdem. Und beschert uns für zahllose kommende Leitartikel das passende Symbolbild.