Die BVB verloren die Kontrolle über ihre Auftragsvergaben. Der zuständige Regierungsrat Hans-Peter Wessels zeigt sich schockiert über das Ausmass.
Ende Jahr überboten sich die politischen Parteien gegenseitig in Kritik an der damaligen BVB-Spitze und deren Verfehlungen. Nachdem am Dienstag bekannt geworden ist, dass das Unternehmen im vergangenen Jahr jeden zweiten Auftrag illegal vergeben hat, bleibt es bemerkenswert ruhig in der Stadt – keine Medienmitteilung, keine Stellungnahme, kaum Leserkommentare. Haben die BVB bereits so viel Vertrauen verspielt, dass der jüngste Skandal nur noch für müdes Kopfschütteln sorgt?
FDP-Präsident und Nationalrat Daniel Stolz zeigt sich zumindest wenig überrascht über den neusten Vorfall: «So etwas hätte ich bei den BVB vor einem Jahr nicht für möglich gehalten. Doch inzwischen überrascht mich dort leider nichts mehr», sagt er. Es sei zwingend nötig, dass nun aufgeräumt werde, ansonsten würden die BVB das Vertrauen der Bevölkerung endgültig verlieren.
Die Sache mit der Unternehmenskultur
Der Vorsteher des Bau- und Verkehrsdepartements, Hans Peter Wessels, kritisiert die illegalen Vergaben deutlich. «Ich kann es nicht anders sagen, das Ausmass ist schockierend.» Doch nach den Ursachen für die Missstände gefragt, macht er es wie tags zuvor die BVB-Spitze und spricht von einer «Unternehmenskultur», die solches Fehlverhalten ermöglicht habe.
Unternehmenskultur klingt in diesem Zusammenhang ein wenig wie Virus. Ein Selbstläufer, ein Umstand, der aus sich selber entspringt und keine Verantwortlichen kennt. Und Verantwortliche nennt auch Wessels nur ungern. Dem Verwaltungsrat wolle er keinen Vorwurf machen. «In der Direktion und der Administration hingegen war das Bewusstsein bisher offenbar nicht vorhanden, dass die BVB dem Submissionsgesetz unterstellt sind.» Das gelte es nun zu ändern.
Dass dieser Wandel von einem Verwaltungsratspräsidenten (Paul Blumenthal) und einem Direktor ad interim (Micheal Bont) vollzogen werden muss, welche die bisherige Unternehmenskultur mitermöglicht haben, darin sieht Wessels keinen Widerspruch. Der Verwaltungsrat habe gut reagiert und bereits Anfang Jahr erste Massnahmen ergriffen. «Jetzt sind weitere massive Verbesserungen notwendig.»
«Kürzere Leine» notwendig
Für Heidi Mück, Grossrätin und Co-Präsidentin der BastA!, ist klar: Hans-Peter Wessels hat zu wenig getan. «Es ist falsch, dass die Regierung bei ausgelagerten Betrieben die Kontrolle an den Verwaltungsrat abgibt. Sie müsste besser hinschauen.» Die Vorkommnisse würden zeigen, dass die Auslagerung der BVB ein «grosser Fehler» gewesen sei. «Die BVB müssen künftig an die kürzere Leine genommen werden. Es braucht mehr Kontrolle», so Mück.
Anders sieht dies SP-Präsidentin Brigitte Hollinger, eine stärke Kontrolle findet sie nicht nötig: «Die Verfehlungen sind alle auf dem Tisch. Das zeigt, dass der Kontrollmechanismus funktioniert hat.» Dass Handlungsbedarf bestehe, hätten der BVB-Verwaltungsrat und Hans-Peter Wessels erkannt. «Die nötigen Massnahmen sind aufgegleist. Wichtig ist nun für die Belegschaft, dass endlich wieder Ruhe einkehrt.»
Einen ersten Schritt zur Besserung haben die BVB bereits bewiesen. Für die Neubeschaffung der Tramflotte braucht der Betrieb die Unterstützung eines externen Beraters. Die Ausschreibung haben die Verkehrsbetriebe diese Woche im kantonalen Amtsblatt publiziert.