Wer ersetzt Widmer-Schlumpf? Eine Übersicht der aussichtsreichsten Bundesratskandidaten

Wer übernimmt den Bundesratssitz von Eveline Widmer-Schlumpf? Eine ganze Reihe von SVP-Kandidaten ist im Gespräch. Wir zeigen eine Auswahl der möglichen Bundesräte.

Wen wählt die vereinigte Bundesversammlung am 9. Dezember zum Bundesrat? Der Sitz von Eveline Widmer-Schlumpf wird dann neu besetzt.

(Bild: Hans-Jörg Walter)

Wer übernimmt den Bundesratssitz von Eveline Widmer-Schlumpf? Eine ganze Reihe von SVP-Kandidaten ist im Gespräch. Wir zeigen eine Auswahl der möglichen Bundesräte.

Am 9. Dezember wählt das Parlament die Bundesräte für die kommende Legislatur. Sechs Bisherige sind bereits gesetzt. Voraussichtlich wird nur der Sitz von Eveline Widmer-Schlumpf neu besetzt. Nach ihrer Verzichtserklärung stehen die möglichen Kandidaten bereit – einige bewerben sich offiziell, über andere wird spekuliert.

Aus der SVP-Fraktion werden über ein Dutzend Kandidaten herumgereicht, über mögliche Kandidaten aus Mitte-Parteien gibt es keine eindeutigen Informationen. Eine Findungskommission der SVP prüft derzeit die Kandidaten aus den eigenen Reihen, am 20. November entscheidet die Fraktion, welche sie ins Rennen schickt.

Das sind die Kandidaten, die derzeit die besten Aussichten auf den freiwerdenden Bundesratssitz haben:

Heinz Brand

Der 60-jährige Bündner ist der meist genannte Kandidat. Heinz Brand hat allein wegen seiner geografischen Herkunft gute Chancen – die Ostschweiz wäre mit ihm im Bundesrat vertreten. Brand gilt als Asyl-Hardliner, mit seiner unaufgeregten, sachlichen Art sehen ihn jedoch viele als valablen Kandidaten.

Lesetipps:

– Porträt des «Tages-Anzeiger»: «Der knallharte Kronfavorit»
– Brand will das Budget für persönliche Mitarbeiter der Parlamentarier erhöhen, berichtet der «Blick»: «Feuert sich Brand so selbst als Bundesrats-Kandidat?»

Guy Parmelin

Vor einer Woche gab Guy Parmelin offiziell seine Kandidatur bekannt. Der Landwirt und Weinbauer sass bereits in der Waadtländer Regierung und ist seit 2003 im Nationalrat für die SVP. Parmelin politisiert auf Parteilinie, seine Chancen auf eine Wahl in den Bundesrat sind begrenzt, da mit ihm drei Romands im Siebnergremium sitzen würden.

Lesetipps:

– Der Waadtländer gab am 30. Oktober seine Kandidatur bekannt: Guy Parmelin – ein gutmütiger Waadtländer auf der Blocher-Linie («TagesWoche»)
– Wie politisieren die Bundesratskandidaten? Der «Tages-Anzeiger» hat die Smartvote-Daten ausgewertet – darunter auch Guy Parmelin: Drei Parteisoldaten und zwei Abweichler
– «Le Temps» sass mit Parmelin am Tisch: Déjeuner avec Guy Parmelin

Hannes Germann

Der 61-Jährige sitzt seit 2002 für die SVP im Ständerat (SH), 2014 war Hannes Germann Ständeratspräsident. Der gelernte Betriebsökonom weicht in einigen Punkten von der Parteilinie ab. So steht er beispielsweise hinter den Entscheiden des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, wie eine Smartvote-Analyse zeigt. Damit wäre Germann ein wählbarer Kandidat für Mitte-Parteien und Linke.

Porträt und Einschätzung von SRF, 10.9.2015:

 

Lesetipps:

– Wo Germann seiner Partei in die Quere kommt, hat SRF analysiert: Der ewige Bundesratskandidat
– Hannes Germann sagt im Interview mit dem «Tages-Anzeiger», warum er gewisse SVP-Initiativen für gefährlich hält: «Das hatten wir früher immer der SP vorgeworfen»

Thomas Hurter

Thomas Hurter ist ebenfalls aus dem Kanton Schaffhausen, für den er seit 2007 im Nationalrat sitzt. Er ist ehemaliger Berufsmilitärpilot und war Linienpilot. Heute ist er Inspektor der fliegerischen Berufseignungsabklärung. Wie Germann hat Hurter in gewissen Punkten Vorbehalte gegen den Kurs der SVP. So haben die Bilateralen für ihn eine höhere Priorität als die Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative, wie eine Smartvote-Analyse zeigt. Gerade dieser Punkt macht ihn als Bundesratskandidaten für die übrigen Parteien attraktiv.

Thomas Hurter im Talk bei Viktor Giacobbo und Mike Müller, 4.11.2012:

 

Lesetipp:

– Der Schaffhausener SVP-Parteivorstand schlägt gleich zwei Bundesratskandidaten vor, berichtet «Watson»: Zweier-Ticket: Hannes Germann und Thomas Hurter im Bundesratsrennen

Hansjörg Knecht

Der 55-Jährige sitzt seit vier Jahren für die Aargauer SVP im Nationalrat. Am 18. Oktober wurde er in die grosse Kammer wiedergewählt, könnte am 22. November noch in die kleine Kammer gewählt werden. Hansjörg Knecht steht in seiner Partei nicht im Vordergrund. Er gilt als stiller Schaffer. Sein Wahlslogan war denn auch: Könige hat es genug – Knecht wählen.

Mit Hansjörg Knecht in der Mühle, Beitrag des «Regionaljournals Aargau», 9.9.2015:

Lesetipps:

– Hansjörg Knecht sei so sehr Gewerbler wie kein anderer Bundesratskandidat, schreibt die NZZ: Ein Knecht will ganz nach oben
– SRF traf den Aargauer Nationalrat vor den Wahlen: Hansjörg Knecht – stiller und unabhängiger Schaffer

Thomas de Courten

Thomas de Courten sitzt seit 2011 im Nationalrat für die Baselbieter SVP – er wäre der erste Bundesrat aus Baselland seit 1897. De Courtens Chancen sind jedoch eher gering. Sein Schwerpunkt liegt in der Wirtschaftsförderung, er ist Präsident von «Intergenerika», dem schweizerischen Verband der Generika- und Biosimilar-Hersteller. Er politisiert strikt auf Parteilinie, ob er im Siebnergremium als kompromissfähiger Politiker wirken könnte, bleibt offen.

Lesetipps:

– Der «Tages-Anzeiger» hat de Courten porträtiert: Der selbsternannte Kennedy
– De Courtens Chancen auf einen Bundesratssitz, eingeschätzt von der «Schweiz am Sonntag»: Welche Trümpfe hat Thomas de Courten? 

Albert Rösti

Der 48-Jährige leitete den SVP-Wahlkampf und wurde als Nationalrat mit Glanzresultat wiedergewählt. Albert Röstis politischer Schwerpunkt liegt in der Energiepolitik – ein Kerndossier der kommenden vier Jahre, das jedoch die Energieministerin Doris Leuthard betreut, die keine Anstalten macht, ihr Departement zu verlassen. Rösti wäre der dritte Bundesrat aus dem Kanton Bern, was seine Chancen auf eine Wahl am 9. Dezember schmälert.

Lesetipps:

– Röstis Kandidatur sei nur für die Galerie, schreibt «Der Bund»: Schaulaufen mit Albert Rösti
– Rösti sei der «Good Cop» der SVP, schreibt «20 Minuten»: Ein Anti-Mörgeli soll die SVP zum Erfolg führen

Toni Brunner

Offiziell sagt Toni Brunner, er wolle nicht als Bundesrat kandidieren. Inoffiziell wird der SVP-Parteichef jedoch als valabler Kandidat gehandelt. So zeigte die SVP-nahe «Weltwoche» den Toggenburger unlängst auf ihrem Cover als möglichen Bundesratskandidaten. Die Wahl Ueli Maurers in den Bundesrat stand unter ähnlichen Vorzeichen. Der vormalige SVP-Parteichef sagte im Vorfeld der Bundesratswahl 2008 für die Nachfolge von Samuel Schmid ab, am Ende nominierte ihn die Partei dann doch zusammen mit Christoph Blocher. Und er wurde gewählt.

Lesetipps:

– Die «Aargauer Zeitung» zeichnet den Aufstieg von Toni Brunner nach: Vom Realschüler zum Bundesrats-Kandidaten
– Was für und was gegen Toni Brunner als Bundesrat spricht, hat der «Tages-Anzeiger» aufgelistet: Bauer, Beizer, Bundesrat – kann Toni Brunner das?
– Christoph Blocher will Toni Brunner im Bundesrat, Brunner sieht das Amt jedoch nicht als erstrebenswert, schreibt die NZZ: Blochers Wunschkandidat

 

Dieser Liste könnten noch weitere Namen hinzugefügt werden. So sind beispielsweise auch Jean-Francois Rime, Heinz Tännler, Gregor Rutz, Adrian Amstutz, Oskar Freysinger (alle SVP) und Norman Gobbi (Lega) im Gespräch. Von ausserhalb der SVP-Fraktion wird bisher nur CVP-Präsident Christophe Darbellay als möglicher Kandidat genannt.

Möglich ist auch, dass am 9. Dezember ein Sprengkandidat gewählt wird, der bislang nicht im Gespräch war – wie es zuletzt bei der Wahl von Eveline Widmer-Schlumpf der Fall war.

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