Wer Ja stimmt, hilft Eric Weber

Trotzdem gibt es gute Gründe, der Basler Wahlreform zuzustimmen: Künstliche Hürden sollen abgebaut, der Wert jeder Stimme vergrössert werden. Gewinner der Reform wären Kleinparteien.

Zuletzt lacht…der FUK-Müller! Wird das Wahlgesetz geändert, haben Kleinparteien wie jene von Christian Mueller (rechts) und Eric Weber grössere Erfolgschancen.

(Bild: Hans-Jörg Walter)

Trotzdem gibt es gute Gründe, der Basler Wahlreform zuzustimmen: Künstliche Hürden sollen abgebaut, der Wert jeder Stimme vergrössert werden. Gewinner der Reform wären Kleinparteien.

Über was stimmen wir ab?

Über eine Anpassung des Wahlgesetzes. Künftig soll es keine künstliche Hürden mehr geben für Parteien. Bisher galt die Regel, dass eine Partei in einem Wahlkreis (z.B. Kleinbasel) mindestens 4 Prozent der Stimmen erhalten musste, um zur Sitzverteilung zugelassen zu werden. Stimmen die Basler Stimmbürger am 12. Februar der Änderung zu, gilt ab den Wahlen 2020 keine Mindestgrenze mehr. Jede Partei würde so viele Sitze erhalten, wie ihr gemäss Anzahl Stimmen zustehen. 

Wer würde von der neuen Regelung profitieren?

Ohne Quorum würden die Resultate der vergangenen Grossratswahl anders daher kommen. Eric Webers rechtsextreme Volksaktion etwa hätte einen ihrer beiden Sitze im Grossen Rat gerettet. Ebenso ins Parlament eingezogen wäre die Kleinpartei «Freistaat Unteres Kleinbasel» des Künstlers Christian Mueller. Von den etablierten Parteien würde die EVP am meisten profitieren, grösste Verliererin wäre die FDP.

Die Gewinner und Verlierer der Wahlreform: So sähe die Bilanz der Parteien bei den Grossratswahlen 2016 ohne Sperrklausel aus.

Die Gewinner und Verlierer der Wahlreform: So sähe die Bilanz der Parteien bei den Grossratswahlen 2016 ohne Sperrklausel aus. (Bild: Stefan Kempf)

Weshalb kommt es zu dieser Reform?

Ursprung der Reform ist eine Motion der heutigen BastA!-Nationalrätin Sibel Arslan, die 2015 vom Grossen Rat gutgeheissen wurde. Sie verlangt, dass die Wahlkreis-Hürde auf 5 Prozent heraufgesetzt oder ein kantonsweites Quorum eingeführt wird, was es lokal verankerten Gruppierungen schwer gemacht hätte, in den Grossen Rat einzuziehen. Diese Hürde hätte Eric Weber an einer Wiederwahl hindern sollen, der nur im Kleinbasel präsent war. 

Die Regierung sprach sich gegen diese «Lex Weber» aus, weil das bestehende Wahlgesetz erst 2011 angepasst worden war. 2011 wurde die Wahlkreis-Hürde von 5 Prozent auf 4 Prozent gesenkt. Die Justiz- und Sicherheitskommission schliesslich beschloss einigermassen überraschend, die Sperrklausel gehöre ganz abgeschafft.

Was spricht dafür?

Für Daniel Bochsler, Politologe am Zentrum für Demokratie in Aarau und in Kopenhagen, ist jede künstliche Hürde problematisch, weil damit der Wählerwillen verzerrt werde. Das einzige valable Argument für ein Quorum, den Schutz des Parlamentsbetriebs vor einer Zersplitterung der Kräfte, sieht er in der Schweiz nicht gegeben, da die parlamentarische Demokratie hier seit jeher mit einer Vielzahl von Parteien funktioniere. 

Tanja Soland, Präsidentin der Justiz- und Sicherheitskommission, unterstützt die Reform aus denselben Gründen: «Mein Demokratieverständnis verlangt, dass wir ein Wahlgesetz haben, welches möglichst wenige Stimmen verloren gibt.»

Im schweizweiten Vergleich steht Basel-Stadt mit seinem Quorum nicht alleine da, aber doch in überschaubarer Gesellschaft. Im Aargau gilt seit 2011 eine Sperrklausel von 5 Prozent in einem Bezirk oder 3 Prozent kantonsweit. Dieselbe Regelung kennt der Kanton Zug. 

Kurioserweise stimmt am 12. Februar auch die Stadt Zürich über eine Abschaffung der 5-Prozent-Hürde je Wahlkreis ab. Dort steht ein breites Komitee von links bis rechts hinter der Reform. 

Und was spricht dagegen?

Einer der Gegner der Reform ist FDP-Präsident Luca Urgese: «Das neue Gesetz ist eine Lex EVP.» Die Linke verfolge damit das Ziel, die rechtsbürgerlichen Kräfte zugunsten der Mitteparteien zu schwächen. Tatsächlich würde die FDP verlieren, Grünliberale und EVP würden profitieren.

Dazu, beklagt Urgese, führe die Abschaffung der Hürde zur Zersplitterung der Parteienlandschaft im Grossen Rat – die Mehrheitsfindung werde erschwert.

Ausserdem müsse man auch die Wahlkreise anpassen, wenn man maximale Fairness bei den Grossratswahlen wolle. «Nur wenn diese gleich gross sind, ist jede Stimme genau gleich viel wert.» Tatsächlich führt die unterschiedliche Grösse der Wahlkreise dazu, dass Stimmen unterschiedlich viel wert sind. Problematisch ist die Situation vor allem dank der Gemeinde Riehen, dem mit Abstand kleinsten Wahlkreis (Bettingen ausgenommen).

Tanja Soland hält eine derartige Reform für unmöglich: «Das will die Bevölkerung nicht. Soll etwa künftig das St. Johann mit dem Kleinbasel vermählt werden, sollen wir die Einheit der Gemeinde Riehen bei Wahlen abschaffen?» 

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