Wieder Hoffnung auf einen Deal

Am Freitag noch drohten die Verhandlungen mit Iran zu scheitern. Doch die erneute Einschaltung der Aussenminister hat «vorsichtigen Optimismus» aufkommen lassen, dass in Genf doch noch ein Abkommen erzielt wird.

Haben vermutlich nicht nur Nettigkeiten ausgetauscht: Der US-Aussenminister John Kerry und sein französischer Kollege Laurent Fabius beim Fototermin am Rande der Verhandlungen in Genf. (Bild: Keystone/AP)

Die erneute Einschaltung der Aussenminister in die Genfer Verhandlungen über Irans Atomprogramm hat «vorsichtigen Optimismus» aufkommen lassen, dass doch noch ein Abkommen erzielt wird.

Die am Mittwoch in Genf begonnen neuen Verhandlungen über das umstrittene iranische Atomprogramm sind am Samstag in die Verlängerung gegangen. Noch am Freitag hatte es zunächst nach einem erneuten Scheitern ausgesehen.

Doch als am Samstag die Aussenminister der fünf Uno-Vetomächte – USA, Grossbritannien, Frankreich, Russland und China – sowie Deutschlands nach Genf reisten, wurde mit einem bevorstehenden Abkommen gerechnet. Denn zuvor hatte es aus Diplomatenkreisen der EU geheissen, die Aussenminister kämen nur, wenn ein Abkommen unterschriftsreif sei. Sie waren bereits Anfang November nach Genf gereist, ohne dass eine Einigung erzielt wurde.

Übergangsabkommen als erstes Ziel

Verhandelt wird hinter verschlossenen Türen über ein Übergangsabkommen, dem in einigen Monaten eine umfassendere Übereinkunft folgen soll, die sicherstellt, dass der Iran keine Atomwaffen baut. Für das Übergangsabkommen soll der Iran einen Teil seines Atomprogramms einfrieren. Im Gespräch sind etwa eine Aussetzung der Urananreicherung auf 20 Prozent, ein Abbau der bestehenden auf 20 Prozent angereicherten Uranbestände und intensivere UNO-Inspektionen.

Für ein solches Zwischenabkommen könnten einige der gegen den Iran verhängten Sanktionen gelockert werden. Allerdings wird von westlicher Seite betont, dass die Lockerungen von Strafmassnahmen auch wieder rückgängig gemacht werden können, wenn sich der Iran nicht an eine Übereinkunft hält.

Zugeständnis ebnet den Weg

Den Weg für ein Übergangsabkommen geebnet hat offenbar eine Formulierung, die dem Iran weiterhin eine schwache Urananreicherung zur Herstellung von Brennstäben für Atomkraftwerke zugesteht. Damit könnte der Iran eingegangene Kompromisse innenpolitisch als Erfolg darstellen. Denn die Beherrschung der Nukleartechnik wurde von der Führung in Teheran in den vergangenen Jahren zum nationalen Stolz und Zeichen der Souveränität hochstilisiert.

Ein anderer Streitpunkt war die Frage, wie und welche Sanktionen gelockert werden sollen. Die iranischen Unterhändler beklagten in Genf, dass ihr Land das Atomprogramm zwar weitgehend einstellen solle, dafür aber nur eine begrenzte Lockerung von Wirtschaftssanktionen erhalten solle.

Der iranische Vizeaussenminister Abbas Arakchi – die Nummer zwei der iranischen Delegation in Genf – warnte vor überzogenen Erwartungen und forderte mehr Entgegenkommen. Vor allem die westlichen Staaten wollen die härtesten Strafmassnahmen – gegen Teherans Ölexporte und den Bankensektor – zunächst aufrechterhalten, bis ein umfassendes Abkommen über eine Reduzierung des iranischen Atomprogramms steht.

Internationales Misstrauen 

Wie alle Mitglieder des Atomwaffensperrvertrags hat der Iran das Recht auf ein ziviles Atomprogramm. Allerdings hatte der Iran wiederholt seine ebenfalls im Atomwaffensperrvertrag festgehaltenen Verpflichtungen nicht eingehalten, sein Atomprogramm von der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA überwachen zu lassen. Viele Länder befürchten daher, dass der Iran unter dem Deckmantel ziviler Atomtechnik auch Bomben bauen will. Der Iran bestreitet das, hat aber mehrfach nicht über seine Aktivitäten informiert, was das internationale Misstrauen gegenüber dem Land förderte.

Noch ist offen, ob der Iran weiter auf Zeit spielt. In den vergangenen zehn Jahren hatte Teheran immer verhandelt – und gleichzeitig sein Atomprogramm vorangetrieben. Da sich der Iran wiederholt geweigert hatte, der IAEA bei ihren Inspektionenen alle gewünschten Informationen zu seinem Atomprogramm zu geben, verwies die Organisation die Sache 2006 an den Uno-Sicherheitsrat. Das höchste Uno-Gremium forderte den Iran in den vergangenen Jahren in mehreren Resolutionen auf, sämtliche Aktivitäten einzustellen. Doch der Iran ignorierte diese Beschlüsse.

Im September 2009 etwa musste Teheran die Existenz der lange geheim gehaltenen Anreicherungsanlage in Fordo zugeben. Der Westen warf dem Iran vor, sein Vorgehen verheimlicht zu haben. In der unterirdischen Anlage wird auf bis zu 20 Prozent angereichertes Uran hergestellt, das relativ rasch auf über 90 Prozent angereichert werden kann, wie es für den Bau von Atombomben nötig ist.

Erfolgsdruck auf allen Seiten

Mehrere Parteien stehen in Genf unter Erfolgsdruck. Der neue iranische Präsident Hassan Ruhani braucht einen vorzeigbaren Durchbruch, der zu einer Lockerung der gegen das Land verhängten Sanktionen führt. Denn die unter den internationalen Wirtschaftssanktionen leidende Bevölkerung fordert Erleichterungen. Aber nicht nur die Wirtschaft des Irans ist am Boden – das Land hatte 2012 um gut die Hälfte weniger Öleinnahmen als im Vorjahr. Auch die von der Wirtschaftskrise gebeutelten EU-Staaten und die USA benötigen neue Märkte. Zudem kann eine Normalisierung der Beziehungen mit dem Iran zur Stabilisierung der Region beitragen.

Der unter dem Druck seines Kongresses stehende US-Präsident Barack Obama kann einen politischen Erfolg brauchen, vor allem seit das amerikanische Projekt nach dem Arabischen Frühling, über die Muslimbrüder den Einfluss in der Region auszubauen, spätestens in Syrien an Russland scheiterte. Frankreich dürfte nach seiner jahrelangen harten Haltung gegenüber Teheran wenig von einem Abkommen erhalten.

Laut von der Zeitung «Le Monde» zitierten Diplomaten ärgerte sich Frankreichs Regierung auch darüber, dass die USA und der Iran während Wochen bilaterale Gespräche führten und damit die andern Staaten der 5+1-Gruppe (Uno-Vetomächte und Deutschland) praktisch ausschlossen. Frankreich hat zudem mehrere Wirtschaftsverträge mit Saudi-Arabien und den arabischen Emiraten geschlossen. Geplant ist auch ein Verkauf von Rafale-Kampfjets an Katar. Diese Länder fürchten wie Israel nicht nur eine iranische Atombombe, sondern auch einen Verlust ihres strategischen Einflusses im Falle einer Entspannung zwischen Washington und Teheran.

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