Bei der Elektrifizierung der Hochrhein-Bahnstrecke bereiten auch kleine Schritte grosse Freude: So feiern die beteiligten Behörden aus Deutschland, der Schweiz und der Region Basel bereits die gemeinsame Absicht, das Projekt weiterzuverfolgen, als Durchbruch.
Seit 1863 tuckert die Hochrheinbahn von Basel aus dem Hochrhein entlang nach Konstanz. Zuerst mit Dampflokomotiven, dann – und zu einem grossen Teil bis heute noch – mit Dieseltriebwagen. Seit Jahren diskutieren die anliegenden Schweizer Kantone, der Bund, das deutsche Bundesland Baden-Württemberg und die Landkreise Lörrach und Waldshut über eine Elektrifizierung des auf deutschem Boden liegenden Streckenteils von Basel bis Erzingen. Bislang ohne Erfolg.
Jetzt aber vermeldet das Ministerium für Verkehr und Infrastruktur (MVI) des deutschen Bundeslands Basel-Württemberg einen «Durchbruch für Elektrifizierung der Hochrheinstrecke». In einer Medienmitteilung lässt sich Verkehrsminister Winfried Hermann mit den blumigen Worten zitieren: «Ich bedanke mich bei den Schweizer Kolleginnen und Kollegen für deren Bereitschaft, an einem Strang zu ziehen. Die Schweiz und Deutschland suchen eine gemeinsame Finanzierung. Dieses Entgegenkommen erlebt man nicht immer.»
«Grundzüge einer Projektstruktur»
Wer in der Medienmitteilung nun aber konkret nach durchbrechenden Fakten sucht, wird nicht so schnell fündig. Nach langem Ringen hätten sich alle Beteiligten auf die Grundzüge einer Projektstruktur geeinigt, heisst es da weniger euphorisch. Und: «Alle Beteiligten begrüssten die Bereitschaft der DB, sich auf ein alternatives Finanzierungsmodell einzulassen.» Details zu diesem Finanzierungsmodell sind aber keine zu erfahren. «Die Einzelheiten des Modells sind nun noch zu klären», heisst es.
Offensichtlich wertet man es schon als Erfolg, dass sich das Eidgenössische Bundesamt für Verkehr, das Verkehrsministerium aus Stuttgart, die Kantone Basel-Stadt und Schaffhausen sowie die Landkreise Lörrach und Waldshut überhaupt an einen Tisch setzen – der Kanton Aargau beteiligt sich nicht an den Gesprächen des «Strategischen Organs Hochrheinelektrifizierung», wie sich die Arbeitsgruppe selber nennt.
Retourkutsche für den verkorksten Fluglärmstreit
Bis Ende 2015 wollen sich die Beteiligten auf «eine Absichtserklärung zur Gesamtfinanzierung» einigen, heisst es in der Medienmitteilung weiter, «um Anfang 2016 die weiteren Planungsphasen einleiten zu können». Schätzungen gehen von Gesamtkosten in der Höhe von 160 Millionen Euro aus.
Die Gesamtfinanzierung ist allerdings noch mit vielen Unsicherheiten behaftet. So ist nicht klar, ob sich die eidgenössischen Räte zu einer Beteiligung an den Kosten werden durchringen können. Der letzte Versuch scheiterte 2013 im Ständerat, der sich damals unter anderem von Ressentiments im Zusammenhang mit dem verkorksten Fluglärmstreit leiten liess und eine Beteiligung der Schweiz klar ablehnte.
Basel-Stadt macht vorwärts
Der Kanton Basel-Stadt hat ein grosses Interesse an einer Elektrifizierung der Hochrheinstrecke, die eine Teilstrecke des Regio-S-Bahn-Netzes ist. Die Dieselzüge können aber nicht weiter als bis zum Badischen Bahnhof geführt werden. An eine Weiterführung durch die unterirdische Strecke des geplanten S-Bahn-Herzstücks ist schon gar nicht zu denken. Für Basel ist die Strecke aber nicht nur für den Regionalverkehr interessant. Sie ermöglicht auch die schnellste Zugverbindung nach Schaffhausen und über Ulm auch nach München.
2013 bewilligte der Grosse Rat mit grossem Mehr einen Planungskredit von 1,4 Millionen Franken. Dieses Geld könnte nun zusammen mit erhpfften Beiträgen aus dem Interreg-Programm der EU in die «Planungsphasen 3 und 4» fliessen, mit denen das Projekt der Elektrifizierung der Hochrheinstrecke konkret aufgegleist werden soll.