Wildwest in der Banlieue

In der Pariser Vorstadt Trappes ist es am Wochenende zu schweren Krawallen gekommen. Auslöser war eine Burka-Kontrolle. Die Regierung versucht eine Eskalation zu vermeiden.

Unruhen in der Banlieu: In Trappes kämpfen Einwohner gegen die Polizei. Dokumentiert werden die Krawalle auch online – etwa auf Youtube. (Bild: Sceenshot Youtube)

In der Pariser Vorstadt Trappes ist es am Wochenende zu schweren Krawallen gekommen. Auslöser war eine Burka-Kontrolle. Die Regierung versucht eine Eskalation zu vermeiden.

Mehrere hundert Bewohner von Trappes (westlich von Paris) lieferten sich am Wochenende regelrechte Gefechte mit der Polizei. Sie schossen schwere Feuerwerkskörper auf die Bereitschaftspolizei CRS, warfen Steine und Molotowcocktails. Bushäuschen gingen zu Bruch, Dutzende von Autos brannten aus, darunter auch ein Polizeiwagen. Ein Grossaufgebot der CRS antwortete mit Tränengas und Gummikugeln. In der Nacht auf Samstag verlor ein Jugendlicher dabei ein Auge. Mehrere Krawallanten wurden verhaftet.

In der Nacht auf Sonntag weiteten sich die Unruhen auf Nachbargemeinden wie Elancourt et Guyancourt aus; dort gingen ebenfalls Autos in Flammen auf. In Trappes raste ein Unbekannter in eine Gruppe Ordnungshüter, die gerade noch zur Seite springen konnten; obwohl von einem Helikopter verfolgt, konnte der Fahrer entkommen. Am Sonntag brannte ferner eine Fabrik in Trappes aus.

Die Burka ist verboten

Begonnen hatte alles mit der Identitätskontrolle einer Burka-Trägerin. Das Tragen der Ganzkörperverschleierung – meist eher ein Nikab als das Gesichtsgitter der Burka – ist in Frankreich seit zwei Jahren verboten; allerdings verteilt die Polizei kaum je Bussen. Trotzdem widersetzte sich der Gatte der verhüllten Frau der Personenkontrolle mit Gewalt. Der zum Islam übergetretene 21-jährige Franzose wurde auf den nächsten Polizeiposten gebracht.

In der Folge kam es zu regelrechten Wildwestszenen. Als sich die Verhaftung im Quartier herumgesprochen hatte, versammelten sich vor dem Kommissariat immer mehr Anwohner, um die Freilassung ihres «Bruders» zu verlangen. Die Polizei verschanzte sich im Innern und rief eine CRS-Kompagnie zur Verstärkung herbei. Bald flogen die ersten Steine – Auftakt zu den nächtelangen Krawallen.

Heftige Reaktionen

Während das «Kollektiv gegen Islamophobie» von einer polizeilichen «Provokation» sprach, kritisierten Polizeigewerkschafter ihre Rolle als «Sündenböcke religiöser Extremisten». Die Rechte übt scharfe Kritik an der Linksregierung und verlangt eine «exemplarische Strenge» gegen die «voyous» (Halunken) und den «racaille» (Abschaum). Innenminister Manuel Valls sprach von einem «inakzeptablen» Verhalten der Unruhestifter und kündigte an, die Sicherheitskräfte würden so lange in Trappes bleiben, bis dort wieder Ruhe eingekehrt sei. Er war aber sichtlich bemüht, kein Öl ins Feuer zu giessen.

Ob deshalb oder nicht: Die französischen Medien berichten sehr zurückhaltend über die Vorfälle. Die Nachrichtensendungen der Pariser Fernsehstationen interessierten sich mehr für die letzte Etappe der Tour de France, die am Sonntag in dem nur zehn Kilometer von Trappes entfernten Versailles startete. Ein Pétanque-Turnier machte auf dem öffentlich-rechtlichen Sender France-2 mehr Schlagzeilen als der Banlieue-Zoff. Einmal mehr entstand in Frankreich der Eindruck, dass die Einwanderervorstädte mit ihren Millionen von Einwohnern auf einem anderen Planeten lägen.

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