«Wohnen für alle»: Tiefe Leerstandsquote beflügelt Abstimmungskampf

Sie suchen eine Wohnung in Basel? Na, dann viel Glück: Die Leerstandsquote ist seit einem halben Jahr auf bedenklichem Rekordtief. Jetzt lanciert die Basler SP den Abstimmungskampf für ihre Initiative «Wohnen für alle».

Leere Wohnungen: Ein seltenes Bild derzeit in Basel. Die Leerstandsquote ist mit 0,2 Prozent auf Rekordtief. (Bild: MARTIN RUETSCHI)

Sie suchen eine Wohnung in Basel? Na, dann viel Glück: Die Leerstandsquote ist seit einem halben Jahr auf bedenklichem Rekordtief. Jetzt lanciert die Basler SP den Abstimmungskampf für ihre Initiative «Wohnen für alle».

Sehr wahrscheinlich gehören auch Sie zur überwältigenden Mehrheit in dieser Stadt, die in einem Mietverhältnis lebt. Und sollten Sie gerade auf Wohnungssuche sein: Viel Glück. Von den insgesamt rund 107’000 Wohnungen in dieser Stadt sind gerade mal noch etwa 250 Stück leer. Und das bei einem Mieteranteil von 85 Prozent der ganzen Stadtbevölkerung.

Die kleine Anzahl entspricht der aktuell tiefen Leerstandsquote von rund 0,2 Prozent in Basel. Seit vergangenem Sommer ist die Anzahl der Wohnungen, die mindestens einen Monat leer stehen, auf rekordtiefem Niveau. Das heisst: Sollten Sie eine Wohnung finden, die inklusive Mietzins all Ihren Vorstellungen entspricht, haben Sie möglicherweise Glück. Oder gute Beziehungen. Alle anderen müssen flexibel sein oder auf bessere Zeiten warten.



Leerstandsquote in Schweizer Kantonen per Juni 2014.

Leerstandsquote in Schweizer Kantonen per Juni 2014. (Bild: Bundesamt für Statistik)

Diese besseren Zeiten versprechen derzeit zumindest die Basler Jungsozialisten (Juso) und die SP. Mit ihrer Initiative «Wohnen für alle», die am 8. März zur Abstimmung gelangt, wollen sie den gemeinnützigen Wohnungsbau fördern und damit – zumindest auf mittlere Frist – insbesondere den erschwinglichen Wohnungsbestand wieder anheben.

Staatliche Stiftung

Heute Donnerstag lancierte die Linke den Abstimmungskampf. Unterstützt werden sie dabei unter anderem auch von den Wohnbaustiftungen «Habitat» und «Edith Maryon» sowie von den «Wohnbaugenossenschaften Nordwestschweiz» und «Wohnstadt»

Die Initiative verlangt, dass eine öffentlich-rechtliche Stiftung gegründet wird und ein Startkapital von 50 Millionen Franken erhält. Die Stiftung soll Boden und Liegenschaften kaufen können und diese als Wohn-, Gewerbe- oder Kulturraum anbieten, dessen Mieten laut Initiativtext «bezahlbar» seien.

Die Aussichten für potenzielle Mieter sollen rosig sein: So seien die Mieten im sozialen Wohnungsbau bis zu 30 Prozent günstiger als in privat bewirtschafteten Wohnungen, sagte etwa SP-Grossrat René Brigger, Präsident «Neue Wohnbaugenossenschaft Basel»: Die Bewirtschaftung erfolge ohne Maximierung der Rendite, günstigere Zinsen könnten direkt weitergegeben werden. Und schliesslich sei bei Annahme der Initiative davon auszugehen, dass innert weniger Jahre einige Hundert dieser Wohneinheiten entstehen würden.

Hoffen auf Staats-Portfolio und Nachlasse

Dabei äugt das Initiativkomitee aufs Portfolio der staatlichen Liegenschaftsverwaltung Immobilien Basel-Stadt (IBS). Wie Komiteemitglied Lukas Gruntz betonte, könnten die 50 Millionen Startkapital der Stiftung auch in Form von bestehenden Liegenschaften eingebracht werden. Im Klartext: Der Staat soll die neue Stiftung bereits zu Beginn mit eigenen Grundstücken ausstatten.

Dabei wären die vom Kanton auf dem Areal des Felix Platter-Spitals angedachten 60’000 Quadratmeter «erschwinglicher Wohnraum» eine ideale Gelegenheit, wie die Verantwortlichen vor den Medien sagten. Grossrat Brigger setzt zudem grosse Hoffnungen auf die «soziale Nachlassplanung»: Eigentümer sollen ihre Liegenschaften künftig häufiger einer solchen Wohnbaugenossenschaft hinterlassen, die darin jenen erschwinglichen Wohn-, Gewerbe- oder Kulturraum einrichten soll. «Hierbei haben wir in Basel noch grosses Potenzial», so Brigger.

In Zürich seit 25 Jahren

Das System solcher staatlicher Stiftungen für den gemeinnützigen Wohnbau ist in anderen Kantonen bereits bekannt. In Zürich existiert die Stiftung «zur Erhaltung von preisgünstigen Wohn- und Gewerberäumen (PWG)» bereits seit 25 Jahren. Sie geht auf eine ähnliche Initiative zurück, die damals in Zürich ebenfalls eine Reaktion auf die damalige Wohnungsnot war.

Ueli Keller, Präsident dieser Stiftung PWG, wurde am Donnerstag von den Initianten deshalb ebenfalls aufgeboten – und lobte die Vorzüge in Zürich: Die Mieter würden zu gleichen Bedingungen in den Wohnungen bleiben, Anpassungen bei den Kosten gebe es nur bei Mieterwechseln, tiefe Hypozinsen würden direkt weitergegeben. Die Zürcher Stiftung verfügt mittlerweile über 1526 Wohnungen und 276 Gewerberäume in der Stadt Zürich – «Tendenz steigend», so Keller. Die insgesamt 130 Liegenschaften hätten einen Gesamtwert von über 550 Millionen Franken.

Dass dies nun die Lösung für die aktuelle Wohnungsnot ist, glaubt auch das Initiativkomitee nicht. «Diese tiefe Leerstandsquote können wir nicht von heute auf morgen beheben», so SP-Grossrätin Sarah Wyss, die zusammen mit Parteipräsidentin Brigitte Hollinger die Mutterpartei repräsentierte. Letztlich gehe es den Initianten darum, über längere Frist günstigen Wohnraum aufbauen und anbieten zu können.

Ein Gegnerkomitee zur Initiative gibt es noch nicht. Der Grosse Rat verzichtete vergangenen September auf einen Gegenvorschlag und empfiehlt die Initiative zur Ablehnung.

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