Worum geht es beim Hafenstreit? Antworten auf die wichtigsten Fragen

Basel kann sich auf mögliche Bundesmillionen für den Hafenausbau freuen. Gleichzeitig liegen sich die Befürworter von Projekten in Basel und Weil am Rhein in den Haaren. Erfahren Sie, worum es geht.

Ein Streit um verschiedene Projekte bringt das Ausbauprojekt des Basler Rheinhafens in Schieflage wie einst das Kranschiff «Merlin», das im Hafen kenterte.

(Bild: Georgios Kefalas)

Basel kann sich auf mögliche Bundesmillionen für den Hafenausbau freuen. Gleichzeitig liegen sich die Befürworter von Projekten in Basel und Weil am Rhein in den Haaren. Erfahren Sie, worum es geht.

Vor einer Woche (am Donnerstag, 10. September) liessen die Bundesparlamentarierinnen und -parlamentarier aus beiden Basel die Champagnerkorken knallen. Über die Fraktionsgrenzen hinweg feierten sie, dass der Nationalrat bei der Revision des Gütertransportgesetzes beschlossen hatte, dass künftig auch Hafenanlagen mit Zuschüssen aus der Bundeskasse rechnen können.

Doch während das Basler Departement für Wirtschaft, Soziales und Umwelt (WSU) in höchsten Tönen die «Geschlossenheit der Basler Nationalrats-Deputation» lobte, schwelt im Hintergrund ein Streit über verschiedene Ausbauprojekte.

Während die Regierungen beider Basel mit kräftigem Sukkurs der Handelskammer einen Ausbau des Basler Rheinhafens Kleinhüningen-Klybeck vorantreiben, brachten verschiedene Hafenunternehmer als Alternative ein Ausbauprojekt im Weiler Hafen ins Spiel. Und just auf die Nationalratsdebatte hin liess der Basler Gewerbeverband den Variantenstreit mit einer «Informationsveranstaltung» hochkochen – nicht zuletzt auch mithilfe der «Basler Zeitung», die in einer ganzen Reihe von Artikeln den Playern beim Basler Projekt «kartellartiges und planwirtschaftliches» Vorgehen vorwarf.

Die TagesWoche hat nun eine Reihe von Fragen zusammengestellt, die sich in diesem Zusammenhang stellen, und sucht Antworten, was bei der komplizierten Ausgangslage nicht immer einfach ist.

Was gehört alles zu den Schweizerischen Rheinhäfen?

Zu den Schweizerischen Rheinhäfen (SRH) – oder auf Neudeutsch Port of Switzerland – gehören die Hafenanlage Kleinhüningen-Klybeck in Basel sowie die beiden Baselbieter Häfen in Birsfelden und Muttenz. Der älteste Basler Rheinhafen St. Johann musste dem Novartis-Campus und der neu entstehenden Uferpromenade mit Fussgänger- und Veloverbindungen nach Frankreich weichen. (Unter dem Label RheinPorts besteht überdies eine grenzüberschreitende Arbeitsgemeinschaft mit den Häfen in Weil am Rhein und Mulhouse.) Die Schweizerischen Rheinhäfen schlagen nach eigenen Angaben rund 12 Prozent aller Schweizer Importe um.

  • Mit einer Fläche von 700’000 Quadratmetern ist der Basler Hafen Kleinhüningen-Klybeck mit drei Container-Terminals der grösste. Das Schwergewicht liegt entsprechend auf dem Containerverkehr, daneben werden aber auch offen verschiffte Güter wie Stahl, Aluminium, Buntmetalle sowie flüssige Treib- und Brennstoffe umgeschlagen und gelagert.
  • Im Auhafen Muttenz (460’000 Quadratmeter Fläche) werden vor allem flüssige Treib- und Brennstoffe umgeschlagen und gelagert. Dazu kommt der Umschlag von Speiseöl, Dünger, Tonerde, Getreide und weiteren Trockengütern.
  • Der Rheinhafen Birsfelden (420’000 Quadratmeter Fläche) ist auf den Umschlag und die Lagerung von Stahl und anderen Metallen spezialisiert. Dazu kommt der Verkehr mit weiteren Trockengütern, Containern und Mineralöl-Erzeugnissen.

Wem gehören die Schweizerischen Rheinhäfen eigentlich?

Die Schweizerischen Rheinhäfen sind 2008 durch den Zusammenschluss der Rheinschifffahrtsdirektion Basel-Stadt mit den Rheinhäfen Basel-Landschaft entstanden. Es handelt sich um eine Anstalt des öffentlichen Rechts im Besitz der beiden Basel. Der juristische Sitz befindet sich in Birsfelden, die Direktion indes in Basel. Baselland ist zu 60 Prozent, Basel-Stadt zu 40 Prozent beteiligt. Das Grundeigentum an den kantonalen Hafengebieten ist bei den Standortkantonen verblieben.

Die Hafenanlagen werden nach dem sogenannten «Landlord-Prinzip» betrieben. Das heisst, dass sich die Schweizerischen Rheinhäfen um die Infrastruktur sowie die politischen und rechtlichen Rahmenbedigungen kümmern, während der konkrete Warenumschlag in den Händen privater Baurechtsnehmer liegt.

Warum müssen die Rheinhäfen ausgebaut werden?

Massive Ausbaupläne der Seehäfen, insbesondere der Ausbau der Container-Terminals in Rotterdam und Antwerpen, werden auch einen (aus ökologischen und ökonomischen Gründen) erwünschten Anstieg der Binnenschifffahrt bis nach Basel/Baselland zur Folge haben. Verschiedene Prognosen gehen davon aus, dass sich dadurch der Containerverkehr in die Schweiz verdoppeln wird. Dafür reichen die heutigen Kapazitäten bei Weitem nicht aus. Allerdings gibt es auch Stimmen, die von einem moderateren Wachstum ausgehen.

Wie und wo sollen die Rheinhäfen ausgebaut werden?

Die Schweizerischen Rheinhäfen wollen zusammen mit Partnern aus der Transport- und Logistikbranche östlich der heutigen Hafenanlage Kleinhüningen-Klybeck (und der Autobahn A2/E35) ein neues, drittes Hafenbecken mit einem trimodalen Containerterminal errichten. Trimodal heisst, dass die Container von den Schiffen direkt auf ganze Zugskompositionen und auf Lastwagen umgeladen werden können. Als grosser Vorteil führen die Projektverantwortlichen ins Feld, dass mit dem trimodalen Terminal die Autobahn A2 und damit auch die Osttangente um über 140’000 Lastwagenfahrten pro Jahr entlastet werden könnte.

Für die Ausführung des Terminalprojekts mit dem Namen «Gateway Basel Nord» haben sich die drei Logistik- und Transportunternehmen SBB Cargo, die Rhenus-Tochter Contargo und Hupac im Juni 2015 zu einer Planungsgesellschaft zusammengeschlossen, während die Errichtung des neuen Hafenbeckens Aufgabe der Schweizerischen Rheinhäfen ist. Gateway und Hafenbecken sollen etappenweise bis 2022 in Betrieb genommen werden.

Das Ausbau- beziehungsweise Neubau-Projekt schaufelt beim heutigen Hafenbecken 1 bzw. auf der Halbinsel zwischen dem Rhein und dem Hafenbecken dereinst Platz frei für Stadtentwicklungsprojekte, die unter dem Stichwort «Rheinhattan» bereits für heftige Diskussionen gesorgt haben. Die Baurechtsverträge mit den betroffenen Hafenunternehmen am Westquai laufen 2029 aus.

Und wer soll das bezahlen?

Der Neubau des Hafenbeckens 3 und der «Gateway Basel Nord» sollen schätzungsweise 180 Millionen Franken kosten – 100 Millionen für das Hafenbecken und 80 Millionen für den Gateway. Während die Finanzierung des neuen Gateways, also der Terminal-Infrastruktur, Sache der privaten Planungsgesellschaft ist, müssen der Kanton und zu einem minimalen Teil die Schweizerischen Rheinhäfen für den Bau des Hafenbeckens aufkommen. 

Aber nicht in vollem Ausmass: Weil sich der Stände- und nun eben auch der Nationalrat dafür ausgesprochen haben, dass Hafenanlagen im Rahmenkredit zur Finanzierung von Investitionsbeiträgen explizit berücksichtigt werden, kann mit namhaften Budessubventionen von 50 Prozent (Hafenbecken) oder gar wesentlich mehr (Gateway) gerechnet werden.

Der Kanton Baselland ist über die Schweizerischen Rheinhäfen lediglich indirekt betroffen, beteuerte der Basler Regierungsrat und Vorsteher des Departements für Wirtschaft, Soziales und Umwelt in einem Interview mit der «Basellandschaftlichen Zeitung». Es habe nie zur Debatte gestanden, dass Baselland den Terminal mitfinanzieren müsse.

Wie ist es zum Gegenprojekt Hafen Weil gekommen?

Ende Februar stellten die drei Hafenfirmen Swissterminal, Danser und Ultra-Brag das Projekt eines Ausbaus des Container-Terminals in Weil am Rhein zur Diskussion und wandten sich damit explizit gegen das Projekt im Basler Rheinhafen Kleinhüningen-Klybeck. Der Weiler Hafen könnte aber frühestens bis 2027 ausgebaut werden.

Die drei Firmen liessen sich durch eine Studie des Verbands der verladenden Wirtschaft (VAP) bestätigen, dass das mit geschätzten Kosten von 35 bis 45 Millionen viel günstigere Projekt den Anstieg des Containerverkehrs trotz der späteren Realisierungszeit ebenso bewältigen könne. Die Kapazitäten am jetzigen Standort Westquai würden mit verlängerten Betriebszeiten und einem Ausbau des bestehenden Terminals für die Überbrückung bis 2029 ausreichen, heisst es in der Studie.

Um den Anstieg der Gütermengen bewältigen zu können, ohne die bestehenden Autobahnen in der Stadt zusätzlich zu belasten, müsste zusätzlich aber noch ein Autobahnanschluss der A98 nach Rheinfelden gebaut werden. Das ist eine der grossen Unbekannten im Projekt, denn die A98 gehört zu den unendlichen Geschichten der deutschen Verkehrspolitik.

Wie kam es zum Konflikt zwischen Basel Nord und Weil?

Ausschlag für die Initiative der drei Firmen für einen Ausbau des Weiler Hafens war, dass namentlich Swissterminal, die ihr heutiges Terminal am Westquai 2029 verlieren wird, in der Planungsgesellschaft für den «Gateway Basel Nord» nicht Einsitz nehmen konnte und deshalb nach einer Alternative Ausschau hielt. In der «Basler Zeitung» war zu lesen, dass Swissterminal «mit knallharten Bandagen» in erster Linie von der Mehrheitseignerin der Planungsgesellschaft SBB Cargo ausgebootet worden sei.

Seither decken sich die Kontrahenten im Hafenstreit gegenseitig mit Vorwürfen ein: Befürworter des Hafenausbaus in Basel betonen unter anderem, dass ein national so wichtiger Umschlagplatz nicht ins Ausland ausgelagert werden dürfe und dass der Weiler Hafen die zusätzlichen Kapazitäten nicht rechtzeitig werde bewältigen können. Die Promotoren des Weiler Ausbauprojekts führen die deutlich geringeren Kosten ins Feld und kritisieren, dass für Basel Nord bisher keine Wirtschaftlichkeits-Rechnung vorliege.

Wie reagiert die Politik?

Bundespolitiker aus beiden Basel haben angesichts der wichtigen Nationalratsdebatte bislang Zurückhaltung walten lassen. Auf lokaler Ebene haben sich aber bereits verschiedene Parlamentarier mit Interpellationen zu Wort gemeldet. Während die Basler SP ihrem zuständigen Regierungsrat Christoph Brutschin indirekt Stichworte zur Verteidigung des Basler Projekts liefert, stellen sich im Baselbiet  Interpellanten aus der FDP und SVP auf die andere Seite.

In einem Interview mit der «Basellandschaftlichen Zeitung» hat sich der Basler Regierungsrat und Vorsteher des Departements für Wirtschaft, Soziales und Umwelt Christoph Brutschin besorgt über das «lamentable Bild» geäussert, das die Region mit diesem Streit in Bern abgebe. Im Fall der Firma Swissterminal, die sich von SBB Cargo ausgebootet fühlt, beschwichtigt Brutschin, dass die Planungsgesellschaft von heute nicht die Betreibergesellschaft von morgen sein werde und dann die Karten neu verteilt würden.

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