Wunderkässeli oder Auto-Subventionen? Alles Wichtige zum NAF

Im Schatten der Unternehmenssteuer-Vorlage wird am 12. Februar auch über den Fonds für die Finanzierung der Nationalstrassen und den Agglomerationsverkehr (NAF) abgestimmt. Obwohl die Vorlage die Handschrift der starken Autolobby in den eidgenössischen Räten trägt, köchelt der Widerstand von links-grüner Seite nur auf Sparflamme.

Der Fonds für die Nationalstrassen und den Agglomerationsverkehr (NAF) soll die Kosten für den Ausbau des Autobahnnetzes decken, ohne dass die Autofahrer allzu sehr zur Kasse gebeten werden.

(Bild: Reuters)

Im Schatten der Unternehmenssteuer-Vorlage wird am 12. Februar auch über den Fonds für die Finanzierung der Nationalstrassen und den Agglomerationsverkehr (NAF) abgestimmt. Obwohl die Vorlage die Handschrift der starken Autolobby in den eidgenössischen Räten trägt, köchelt der Widerstand von links-grüner Seite nur auf Sparflamme.

Es geht um Milliardenbeträge für den Autoverkehr, um den Ausbau des Autobahnnetzes und ein bisschen auch um den Agglomerationsverkehr. Und dennoch sorgt die bevorstehende Abstimmung über den Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrs-Fonds (NAF) für wenig Aufsehen. Das mag daran liegen, dass die Energie der politischen Parteien und Verbände von der Vorlage zur Unternehmenssteuerreform III absorbiert wird.

Hier die Antworten zu den wichtigsten Fragen zur NAF-Vorlage:

Worüber wird abgestimmt?

Der NAF soll in erster Linie die langfristige Finanzierung des Nationalstrassennetzes garantieren. Gleichzeitig soll ein Betrag für die Unterstützung des Agglomerationsverkehrs bereitgestellt werden – darunter auch für Massnahmen in den Bereichen öffentlicher Verkehr und Veloverkehr. Jährlich sollen im Durchschnitt insgesamt rund 3 Milliarden Franken zur Verfügung stehen. Der NAF soll als unbefristete Strassen- und Verkehrskasse in der Verfassung verankert werden.

Warum ein zweckgebundener Fonds?

Das Schweizer Autobahnnetz und die Verkehrsinfrastruktur in den Agglomerationen stossen an ihre Grenzen und müssen ausgebaut werden. Das kommt den Staat teuer zu stehen. Der bisherige Infrastrukturfonds (gespeist durch die Erträge aus dem Mineralölsteuerzuschlag und der Autobahnvignette) ist zeitlich befristet. Die Gelder sind überdies bereits weitgehend zugeteilt und reichen auf die Dauer nicht aus. Der Versuch des Bundesrats, die Autobahnvignette zu verteuern, scheiterte 2013 an den Abstimmungsurnen. Also muss das zusätzliche Geld anders beschafft werden.

Woher stammt das Geld für den NAF?

Ursprünglich wollte der Bundesrat den Mehrbedarf für den Fonds grösstenteils durch eine Erhöhung des Mineralölsteuerzuschlags1 auf Treibstoffe decken. Dieser beträgt im Moment 30 Rappen pro Liter – ein Betrag, der seit 1974 nie mehr der Teuerung angepasst wurde. Aufgeschreckt durch die «Milchkuh-Initiative» der Automobilverbände im Jahr 2016 dampfte der Bundesrat die ursprünglich anvisierte Erhöhung des Zuschlags von 12 bis 15 Rappen auf 6 Rappen ein. Die eidgenössischen Räte senkten diesen Betrag auf 4 Rappen.

Durch diese Kürzungen entstand eine Finanzierungslücke. Um diese zu schliessen, sollen neu 10 Prozent der Einnahmen aus der Mineralölsteuer2 zweckgebunden in den NAF fliessen. Diese Einnahmen gehen heute noch ohne Zweckbestimmung an die Bundeskasse. Dazu kommen die Erträge aus der Automobilsteuer, Beiträge aus den Kantonen und ab 2020 Abgaben für Elektrofahrzeuge.

Mit dem zweckgebundenen Betrag aus den Mineralölsteuereinnahmen wurde die NAF-Vorlage quasi zum Gegenvorschlag zur «Milchkuh-Initiative», die an der Urne übrigens ausgesprochen deutlich scheiterte. Die Initiative wollte die gesamten Strassenkosten durch die Einnahmen aus der Mineralölsteuer decken.

Wohin soll das Geld konkret fliessen?

Die Liste der Projekte, die durch den NAF finanziert werden sollen, ist lang:

  • An erster Stelle stehen Ausbauprojekte des Autobahnnetzes: unter anderem für die Nordumfahrung Zürich, die Verbindungen Flughafen Genf – Le Vengeron oder Wankdorf – Schönbühl im Grossraum Bern. Längerfristig dürfte auch der neue Rheintunnel in Basel auf die Liste gelangen.
  • Gross sind auch die Begehrlichkeiten der Kantone zur Unterstützung ihrer Projekte im Agglomerationsverkehr. Hier sollen jährlich rund 390 Millionen Franken aus dem NAF zur Verfügung gestellt werden. In Basel-Stadt steht zum Beispiel der Neubau der Tramlinie durch die Grenzacherstrasse auf der Wunschliste. Im Kanton Baselland sind es unter anderem der A18-Vollanschluss in Aesch, der Zubringer Allschwil sowie Ortsdurchfahrten in Therwil, Birsfelden und Dornach.
  • Schweizweit sollen rund 400 Kilometer Kantonsstrassen neu ins Nationalstrassennetz aufgenommen werden. Als Kompensationsbeitrag müssen die Kantone zwar etwas an den NAF zahlen, unter dem Strich würden sie finanziell aber profitieren. In der Region Basel könnten die Hochleistungsstrassen A18 im Birstal und A22 im Ergolztal abgetreten werden.

Was sagen die Befürworter?

Zu den Befürwortern der Vorlage gehören neben dem Bundesrat die bürgerlichen Parteien, die Autoverbände sowie diverse ÖV-Verbände. Der NAF sei analog zum Bahninfrastrukturfonds (BIF) das richtige und ein ausgewogen bestücktes Mittel, um die wachsenden Ausgaben für den Unterhalt und den Ausbau des Nationalstrassennetzes und den Agglomerationsverkehr langfristig decken zu können.

Was sagen die Gegner?

Gegen den NAF sind die SP, die Grünen und der Verkehrsclub der Schweiz. Neben grundsätzlichen Bedenken gegen einen starken Ausbau des Strassennetzes wehren sie sich vor allem gegen die beschlossene Geldbeschaffung für den neuen Fonds. Während der Mineralölsteuerzuschlag nur gerade um 4 Rappen erhöht werde, würden über die Mineralölsteuereinnahmen bisher frei verfügbare Gelder abgezwackt, die anderswo fehlen werden.

Sie monieren überdies, dass die Autofahrer finanziell gegenüber den Nutzern des öffentlichen Verkehrs bevorzugt behandelt würden. Dieser Auffassung ist auch der Preisüberwacher. In seinem Bericht zur «Entwicklung der Fahrkosten im Strassen- und Schienenverkehr» stellt er fest, dass der Schienenverkehr in den letzten Jahren gegenüber dem Strassenverkehr preislich deutlich an Boden verloren habe.
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1 Mineralölsteuerzuschlag: Auf fossile Treibstoffe (Benzin, Diesel) erhebt der Bund einen Mineralölsteuerzuschlag, dessen Erträge zweckgebunden in die Strassenverkehrsinfrastruktur fliessen. Der Zuschlag beträgt 30 Rappen pro Liter Benzin und Diesel. Seit 1974 wurde er nie der Teuerung angepasst.

2 Mineralölsteuer: Diese Steuer wird auf alle fossile Brennstoffe, also auch auf Heizöl oder Erdgas, erhoben.

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