Zagreb lässt einen sogar das kroatische Meer vergessen

Am Fusse des Medvednica-Gebirges liegt Zagreb. Wer sich Zeit nimmt für die Hauptstadt, dem eröffnet sich ein pulsierendes Kroatien fernab der oft überbevölkerten Adriaküste.

Ausblick auf die Zagreber Kathedrale von einem Aussichtspunkt im historischen Stadtkern Gornji Grad.

(Bild: Jasmin Schraner)

Am Fusse des Medvednica-Gebirges liegt Zagreb. Wer sich Zeit nimmt für die Hauptstadt, dem eröffnet sich ein pulsierendes Kroatien fernab der oft überbevölkerten Adriaküste.

Zugegeben, auch wir wollten ursprünglich an die Küste. Eine Brise Meeresluft zum Ferienabschluss mit Weisswein, Sonnenuntergang und Meeresfrüchten. So wie man sich Ferien in Kroatien vorstellt. Doch ein abgelaufener Reisepass liess uns bereits 160 Kilometer vor der Küste haltmachen. Für ein Wochenende in Zagreb.

Am späten Abend und ohne Reservation in einer Stadt anzukommen, mag manchmal einem Albtraum gleichen. In Zagreb hingegen haben wir auch mitten im Juli keine Schwierigkeiten, ein freies Bett zu finden. An unzähligen Häusern im Zentrum sind blaue Schilder mit dem Schirftzug «Apartman» angebracht. Wir klingeln spät am Abend und beziehen wenige Minuten darauf unsere Unterkunft in einem ruhigen Hinterhof. Das ist wie Airbnb nur etwas «old school».

Auch an Hostels mangelt es der Stadt nicht. Viele wurden erst in den letzten Jahren mit dem zunehmenden Tourismus eröffnet. Denn immer mehr Reisende scheinen die Reize Zagrebs zu entdecken.

Der Markt wie aus dem Bilderbuch

Und zu diesen gehört an vorderster Stelle der täglich stattfindende Dolac-Markt im alten Stadtkern Gornji Grad (Obere Stadt). Mit dem Markttreiben spürt man den Puls dieser Stadt. Die Geräuschkulisse besteht aus Marktrufen, «Dobar Dan» – was Guten Tag auf Kroatisch bedeutet – und einem permanenten Summen der Bienen, die über den Wassermelonen kreisen. Vorwiegend Frauen aus der Umgebung Zagrebs verkaufen hier ihre selbst angebauten Gemüse, Früchte und traditionellen Käsesorten.



Täglich findet unter den roten Sonnenschirmen des Dolac-Marktes ein geschäftiges Treiben statt.

Täglich findet unter den roten Sonnenschirmen des Dolac-Marktes ein geschäftiges Treiben statt. (Bild: Jasmin Schraner)

Die Sonnenschirme sind allesamt rot und tauchen die Stände in ein schummriges Licht. Die Schirme, aber auch die traditionellen Gewichtswaagen sind die Merkmale des grössten Marktes von Zagreb. In den Hallen verkaufen Händler zudem Fleisch und frischen Fisch aus dem Mittelmeer. Auf dem Dolac könnte man problemlos das halbe Wochenende verbringen.

Das spirituell umgenutzte Stadttor

Oberhalb des Marktgeschehens laden herrschaftliche Gassen zum Spazieren ein. Als wir das alte Stadttor durchqueren, werden wir von einer mystischen Ruhe überrascht. Das einzige Licht kommt von brennenden Kerzen. An der Wand hängt ein Marienbild und auf den Holzbänken gegenüber sitzen betende Menschen. Das sogenannte Steintor wird als Andachtsraum genutzt.

Ein paar Strassen weiter oben erreichen wir die Aussichtsplattformen mit einem fabelhaften Blick über das tiefergelegene Zagreb.



Es gibt sie, die touristischen Hotspots in Zagreb. Einer davon ist die Strossmayer-Promenade mit einem der Besten Ausblicke über die Stadt.

Es gibt sie, die touristischen Hotspots in Zagreb. Einer davon ist die Strossmayer-Promenade mit einem der besten Ausblicke über die Stadt. (Bild: Jasmin Schraner)

In der Oberstadt befinden sich die meisten Museen. Eines davon sticht mit seinem aussergewöhnlichen Konzept heraus: Das Museum of Broken Relationships, welches derzeit übrigens in Basel gastiert. Die Ausstellung zeigt Gegenstände, die die Geschichten einer vergangenen Beziehung erzählen. Das Museum wurde einst von zwei Künstlern zur Überwindung ihrer eigenen Trennung initiiert. Heute beherbergt es unzählige Relikte, die von Menschen rund um den Globus gespendet wurden.

Am Abend lassen wir uns vom Treiben in den Strassen rund um den Dolac verschlucken. Hier reiht sich Bar an Bar. In einem Fenster im ersten Stock spielt einer Gitarre und singt. In verschiedenen Lokalen finden Konzerte statt. Im etwas versteckten Jazz-Cafe Melin stossen wir auf eine hitzige Jazz-Session.

Der Dolac-Marktplatz hingegen ist am Abend wie leergefegt. Dafür ertönen vom Café Potepuh direkt nebenan sommerliche Bossa-Nova-Klänge. Das «Potepuh» serviert zudem ein sehr leckeres Bier. Das «ABA 5th element» wird von einer kleinen Zagreber Brauerei hergestellt.

Ein Ausblick, fast wie am Meer

Zagreb mit rund 800’000 Einwohnern bietet am Tag wie in der Nacht echtes Grossstadtleben. Und so schnell man mitten drin ist, so schnell kann man dem Urbanen wieder entfliehen. Am nächsten Morgen besuchen wir den idyllischen Mirogoj-Friedhof. Vor allem der Haupteingang und die davon ausgehenden Arkaden sind von märchenhafter Schönheit.

Am Nachmittag machen wir uns auf zu einer kleinen Wanderung in Zagrebs grüne Umgebung. Das Ziel ist die Burg Medvedgrad, was Stadt der Bären bedeutet. Doch anstatt auf wilde Tiere treffen wir hier auf einen umwerfenden Ausblick. Auf dem Turm liegt uns Zagreb zu Füssen. Und hinter der Stadt zieht sich die Pannonische Tiefebene bis zum Horizont hin. Eine Weite, als würde man über das Meer blicken.



Der Ausblick von der Burg Medvedgrad reicht nicht nur über Zagreb, sondern noch viel weiter.

Der Ausblick von der Burg Medvedgrad reicht nicht nur über Zagreb, sondern noch viel weiter. (Bild: Jasmin Schraner)

  • Abliegen: In einem der zahlreichen «Apartman» im Zentrum. Planlos einfach an der Tür klingeln und schauen, was passiert. Organisiertere machen sich zuvor auf «Airbnb» schlau.
  • Austrinken: Das Zagreber Bier «ABA 5th element» zu testen, ist sehr zu empfehlen.
  • Ausblicken: Ein guter Ausgangspunkt ins Medvednica-Gebirge ist die Station Mihaljevac (Trams 8, 14 und 15). Von dort mit dem Bus 102 bis zur Kirche Svetog Mirka. Hier führen verschiedene Wanderrouten in die Hügel hinauf oder zur Burg Medvedgrad.
  • Aufessen: Als Snack zwischendurch eignet sich ein «Štruklji». Die kroatischen Strudel gibt es traditionell mit Quark-, aber auch mit Apfel- oder Mohnfüllung. Ganz und gar nicht landestypisch ist das Essen im Royal India Restaurant in der Nähe der Kathedrale – dafür extrem gut.

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