Ab nächstem Fahrplanwechsel vom 11. Dezember wird Bahnfahren noch komplizierter. Ab dann reist das Gepäck nicht mehr immer gratis mit und es gilt Billettpflicht. Wer jetzt nur noch Bahnhof versteht, liest am besten unsere zehn goldenen Regeln:
1. Studieren Sie einen fremdländischen Akzent ein
Wer ab dem Fahrplanwechsel ohne Billett reist, gilt neu auch in Zügen, die von Kondukteuren begleitet werden, als Schwarzfahrer. Das kostet einen Zuschlag von 90 Franken und gibt einen Eintrag im Register für Schwarzfahrer. Im Wiederholungsfall erhöht sich nicht nur der Zuschlag, es droht auch eine Strafanzeige. Zugpersonal kann aber in «begründeten Einzelfällen» – zum Beispiel bei Touristinnen und Touristen – auf die Busse verzichten.
2. Für Fortgeschrittene: Spielen Sie den Verwirrten
Verwirrte ohne Billett verschonen die Kondukteure ebenfalls. Doch aufgepasst, treiben Sie es nicht zu bunt. Denken Sie an die Grundregel des Zugfahrens schlechthin: Immer dann, wenn Sie es am wenigsten brauchen können, treffen Sie garantiert auf einen alten Schulkollegen oder eine Geschäftspartnerin.
3. Fahren Sie in die Irre
Haben Sie so wenig schauspielerisches Talent wie die Mitglieder der Dorfbühne, dann gibt es immer noch einen Ausweg: Verinnerlichen Sie die Maxime «Der Weg ist das Ziel». Wer nämlich versehentlich den falschen Zug erwischt, wird sanfter angepackt. Im Fachjargon: Eine Irrfahrt kostet statt 90 Franken nur einen Servicezuschlag von zehn Franken.
4. Lassen Sie die Finger von Ersatz-Abonnements
Sind Sie vergesslich und schämen sich dafür, lassen Sie sich ja nicht dazu verleiten, Kopien Ihres Abos anzufertigen, so wie dies kürzlich ein 65-Jähriger aus dem Kanton Zürich tat. Um dem Kontrolleur die Arbeit beim Ausfüllen des Formulars fürs Fahren ohne gültigen Fahrausweis zu erleichtern, zeigte er die Kopie seines Abos. Jetzt wurde es erst richtig teuer, denn der Kondukteur nahm ihn wegen einer Fälschung dran. Das kostete mehr als doppelt so viel wie simples Schwarzfahren.
5. Unterschreiben Sie Ihr Halbtax immer zügig
Auch wenn Sie noch nie begriffen haben weshalb, unterschreiben Sie Generalabonnement oder Halbtax immer sofort. Ohne Unterschrift machen Sie sich zwar nicht gerade strafbar, stehen aber bei jedem Kontrolleur von Anfang an auf verlorenem Posten. Nichts nervt das Zugpersonal mehr als eine fehlende Unterschrift auf dem Abonnement.
6. Parkieren Sie Ihr Gepäck zwischen die Sitze oder nehmen Sie es auf den Schoss
In vollen Zügen kostet ein Gepäckstück pro verstelltem Sitzplatz ein halbes Billett. Diese Bestimmung ist zwar uralt, soll jetzt aber endlich konsequent angewendet werden. Es lohnt sich deshalb, Gepäck zwischen den Sitzreihen zu lagern. Dort gibt es als gratis Andenken erst noch ein bisschen Original Bahnstaub dazu. Oder reisen Sie einfach mit einem Baby. «Kinder-Tragetaschen» reisen nämlich gratis auch auf Sitzplätzen, es sei denn es herrscht akuter Platzmangel. Stellen Sie das Gepäck auf keinen Fall in den Gang. Das ist zwar noch gratis, doch dort droht Gefahr vom Minibar-Stewart, der Ihr Gepäckstück schon einmal mit Schwung rammt – es sei denn Sie bestellen einen Kaffee.
7. Beharren Sie nicht auf einem Sitzplatz
Es könnte ja sein, dass das Gepäckstück, das Ihnen den Platz wegnimmt, ein halbes Billett gelöst hat. Zudem haben Sie trotz bezahltem Billett keinen Anspruch auf einen Sitzplatz. Ein Billett gibt Ihnen lediglich das Recht, mit der Bahn von A nach B zu fahren.
8. Steigen Sie nie mit voller Blase in den Zug
Die Aussicht, das Geld für den Toilettengang bei McClean zu sparen, ist zwar verlockend, doch seien Sie gewarnt: Pro Zug sind sowieso immer mehrere Toiletten ausser Betrieb. Die restlichen werden ab dem Fahrplanwechsel gut frequentiert sein, von Reisenden, die sich der Kontrolle entziehen, um den Schwarzfahrerzuschlag von 90 Franken zu umgehen. Finden Sie dann doch noch eine Toilette, werden Sie garantiert von einem Kondukteur herausgeklopft, der vermutet, dass Sie auch zu den Schlaumeiern gehören, die glauben, sie könnten sich den Schwarzfahrerzuschlag mit dem alten Toilettentrick sparen.
9. Wenn es trotzdem Ärger gibt
Bleiben Sie ruhig, verhandeln Sie mit Kondukteuren genau so wie früher mit dem Schulhaus-Abwart, wenn Sie ihm einen Streich gespielt haben. Signalisieren Sie Reue, zeigen Sie Einsicht, seien Sie auf keinen Fall rechthaberisch. Wenn es trotzdem nicht klappt, schreiben Sie dem SBB-Kundendienst einen Brief: Dieser reduziert den Zuschlag bei jeder halbwegs plausiblen Begründung. Und wenn auch das nichts hilft, wenden Sie sich an die Ombudsstelle für öffentlichen Verkehr.
10. Steigen Sie aufs Auto um
Wenn Sie am liebsten einfach drauflosbrausen, ohne sich um irgendwelche Bestimmungen kümmern zu müssen, steigen Sie aufs Auto um. Dort bestimmen Sie ganz allein, was Sie sich erlauben wollen und was nicht. Doch versprechen Sie sich nicht zu viel von dieser Freiheit. Spätestens im nächsten Stau diktieren Ihnen auch hier all die anderen das Tempo.
Lesen Sie dazu auch den Beitrag über das Pendler-Taschen-Ticket im Habenmuss-Blog: