Zürich–Basel für 9 Euro: Deutscher Fernbus-Anbieter lässt Passagiere illegal aussteigen

Die neue Buslinie von Zürich über Basel nach Frankfurt sorgt für Zoff. TagesWoche-Recherchen zeigen nun: Der deutsche Fernbus-Anbieter verstösst klar gegen das Schweizer Kabotageverbot.

Die Fernbusse fahren in Zürich vom Sihlquai nahe Hauptbahnhof los.

(Bild: Jeremias Schulthess)

Die neue Buslinie von Zürich über Basel nach Frankfurt sorgt für Zoff. TagesWoche-Recherchen zeigen nun: Der deutsche Fernbus-Anbieter verstösst klar gegen das Schweizer Kabotageverbot.

«Nächster Halt: Basel SBB», sagt der Busfahrer ins Mikrofon. Dann hält der grüne Bus an der Meret Oppenheim-Strasse. Während der Fahrer die Tickets der neuen Fahrgäste kontrolliert, steige ich aus dem Bus aus. Das darf ich laut Gesetz nicht. Den Fahrer kümmert es nicht. So gelange ich für neun Euro von Zürich nach Basel – das Ticket habe ich bis zum EuroAirport gelöst.

Die Buslinie von Zürich über Basel nach Frankfurt, die seit April in Betrieb ist, sorgt für Zoff zwischen den deutschen und schweizerischen Behörden. Das Schweizer Gesetz verbietet es, dass das Bus-Unternehmen Flixbus Passagiere zwischen Zürich und Basel befördert. Nur wenn die Passagiere über die Landesgrenze fahren, hält das Busunternehmen das schweizerische Kabotageverbot ein. Denn ein Abkommen mit der Europäischen Gemeinschaft verbietet, dass ausländische Unternehmen innerhalb der Schweiz Transport-Dienstleistungen durchführen.

Die Flixbus-Linie wurde nur genehmigt, weil sie über die Grenze zum französischen Sektor am EuroAirport und weiter nach Deutschland führt. Fahrgäste dürfen also nicht in Zürich ein- und auf Schweizer Boden am Bahnhof SBB in Basel aussteigen. So steht es auch explizit in der Genehmigung, die die deutschen Behörden ausstellten.

 

Das Amt für Mobilität Basel-Stadt prangerte die Linie bereits im Herbst 2015 an und forderte via Bundesamt für Verkehr (BAV) ein «Bedienverbot» für die Strecke EuroAirport–Basel SBB–Zürich HB. Die Linie konkurrenziere das bestehende Verkehrsangebot, das BAV müsse deshalb als Oberaufsichtsbehörde intervenieren.

Das BAV gab jedoch grünes Licht für die Linie – mit dem Hinweis an die deutschen Behörden, die Zustimmung werde «ausdrücklich nur dann erteilt», wenn das Unternehmen das Kabotageverbot einhalte. Aufgrund dieser Zustimmung erteilten die deutschen Behörden anschliessend eine Genehmigung.

Die Basler pochten weiter auf ein Bedienverbot – erfolglos. Flixbus strich schliesslich aufgrund des öffentlichen Druckes die Strecke Zürich HB nach Basel SBB aus dem Online-Angebot. Die Strecke hätte von den Fahrgästen ohnehin nicht gebucht werden dürfen.

Polizeikontrollen ohne Erfolg

Die Basler Behörden übten weiter Druck auf das BAV aus. In einem Schreiben ans BAV, das der TagesWoche vorliegt, heisst es, man vermute, dass Reisende am Bahnhof SBB aussteigen würden, obwohl dies klar verboten sei. Notfalls müsse das BAV bei den Kantonspolizeien Basel-Stadt und Zürich intervenieren «oder sogar bei der deutschen Genehmigungsbehörde beantragen, dass das Bedienverbot für die gesamte Strecke EuroAirport (franz. Seite)–Basel–Zürich gilt».

Das BAV schaltete daraufhin tatsächlich die Kantonspolizeien ein, um Kontrollen durchzuführen. Aber ohne Erfolg. Die Polizei habe an zwei Tagen mehrere Busse kontrolliert und dabei «keinen Verstoss gegen das Kabotageverbot festgestellt», schreibt Florence Pictet, die BAV-Mediensprecherin, auf Anfrage.

Mit der Recherche der TagesWoche konfrontiert, sagt Pictet, die Recherche und das Video reichten nicht aus, um rechtlich gegen Flixbus vorzugehen. Klar ist jedoch, dass das Aussteigen am Bahnhof SBB durch den TagesWoche-Reporter gegen das Kabotageverbot verstösst. Denn das Transportunternehmen müsse «von sich aus entsprechende Massnahmen treffen, damit keine Missbräuche vorkommen», ergänzt Pictet.

Bis zu 100’000 Franken Busse

Flixbus könnte zum Beispiel das Gepäck am Bahnhof SBB nicht herausgeben oder, wo kein Gepäck abgegeben wird, die Fahrgäste mit einer Durchsage darauf hinweisen, dass sie nicht aussteigen dürfen. Das war auf der Probefahrt allerdings nicht der Fall.

Wie es nun weitergeht, bleibt offen. Im Falle eines Verfahrens drohe dem Bus-Unternehmen eine Busse von bis zu 100’000 Franken, sagt Pictet. Sollte das Unternehmen wiederholt gegen die Vorschriften verstossen, könnte das BAV die deutschen Behörden ersuchen, die Genehmigung zu entziehen.

Der Betreiber schweigt

Wolfgang Fleischer vom Amt für Mobilität sagt, die TagesWoche-Recherche bestätige «das, was wir seit Längerem vermuten». Das BAV müsse nun vermehrt Kontrollen durchführen und, falls notwendig, ein Verfahren einleiten. «Das BAV ist als Oberaufsichtsbehörde in der Pflicht, auf die neuen Fakten zu reagieren.»

Flixbus selbst reagierte nicht auf wiederholte Anfragen der TagesWoche.

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