Ein guter Wein hat Charakter, ein guter Politiker Persönlichkeit, sagt der Buusner Winzer Fredy Löw. Beim Wein stimme die Qualität im Baselbiet inzwischen, aber nur beim Wein. Darum macht sich Löw auch zur Regierungsratswahl überraschende Gedanken.
Man war ja gewarnt worden, vor dem Buusner Wein – mit dem einen oder anderen frechen Spruch (mehr dazu unten).
Aber selbstverständlich wollten wir dennoch hin, zum Weinbauer «Löw», dieser besonderen Erscheinung. Das fängt schon bei seinen Wurzeln an. Denn eigentlich ist er ja gar kein Buusner, sondern ein Biel-Benkemer, wie man uns schon im Dorf unten gesagt hatte. Die Löws seien erst vor ein paar Jahrzehnten zugezogen, in den Betrieb in den Bergreben, oberhalb des Dorfes. Und irgendwie passt die leicht entrückte Lage auch heute noch zu Fredy Löw. Denn er ist nicht nur ein Zugezogener, sondern auch noch ein FDPler. Und das in Buus! Natürlich hat man uns im Dorf unten auch auf diese Besonderheit schon aufmerksam gemacht.
Zuerst einmal: gähnende Langeweile
Der Empfang in den Bergreben ist freundlich. Und schon bald recht ungezwungen. Löw bittet ins Büro, nimmt Platz und blättert in irgendwelchen Unterlagen, während er unsere ersten ganz offensichtlich etwas langweiligen Fragen beantwortet. Als die Rede auf die Politik kommt, gähnt er erstmal.
Also gut, Themawechsel. Die Probleme der Landwirtschaft. Das müsste ihn doch beschäftigen.
Löw gähnt ein zweites Mal. Es ist halt, wie es ist. Man müsse kämpfen, als Bauer und als Weinbauer sowieso. Die harte Konkurrenz im Ausland, die treulosen Konsumenten im Inland. Längst vorbei die Zeiten, als die Schweizer nur Schweizer Wein tranken, egal wie schwer der Kopf am nächsten Tag war. Als Produzent bringt einem da alles jammern nichts. Da muss man halt was machen. Eigentlich logisch.
Löw gähnt.
Dann beginnt er zu erzählen, was die Winzer in Buus und Umgebung alles unternehmen, damit die alten Sprüche über den Baselbieter Wein tatsächlich nur noch Zoten mit einem Wahrheitsgehalt von höchstens 0,0 Prozent werden. Löw erzählt von der Arbeit in den Reben, von den harten Jahren, mit spätem Austrieb, viel Nässe und plötzlichen Kälteeinbrüchen, Hagel vielleicht sogar. Das sind die Jahre, in denen man um jeden Trübel kämpfen muss.
Löw lächelt – und erzählt weiter. Über die Spitzenjahrgänge, ha! Über 2011, 2009 und natürlich über 2003, jenes Jahr, über das alle reden. Und dann auch noch über dieses 2006, das für ihn eigentlich noch viel «interessanter» war.
Jetzt lässt sich Löw nicht mehr unterbechen. Er erzählt weiter, über die Zusammenarbeit der Winzer in der Region, über den inzwischen preisgekrönten «Syydebändel», den sie gemeinsam herstellen. Über das Wy-Erläbnis von Buus, Maisprach und Wintersingen, das sozusagen als gepflegte Antwort auf den Münchensteiner Harassenlauf Trinkgenuss mit Spazieren verbindet – mit einem mindestens so grossen Erfolg. Das Fest zieht Hunderte an.
Mit der Politik ist es fast wie mit dem Wein
Man hört ihm gerne zu, dem Löw (wenn nur der Durst nicht wäre, der bei all den schönen Erzählungen über den Wein immer grösser wird). Irgendwann muss man ihn dann aber eben doch nochmals eine Frage zur Politik stellen. Schliesslich ist die Regierungswahl vom 3. März ja der eigentliche Grund für den Besuch.
Also gut. Dann sagt Löw halt noch was zur Politik, auch wenn es im Baseslbiet sehr viel Angenehmeres gebe.
Das Problem sei, dass die Persönlichkeiten fehlen, sagt Löw. Politiker, denen es um die Sache geht und ein klares Ziel haben. Ein gemeinsames, so wie die Oberbaselbieter Weinbauern.
Gut möglich darum, dass Löw seine Stimme dem SP-Kandidaten, Nationalrat Eric Nussbaumer, geben wird. «Der gefällt mir, der macht jetzt auch in Bern nicht einfach nur Politik nach dem Parteibüchlein», sagt Löw.
Dabei hatte man uns in der Dorfbeiz doch noch gesagt, der SVP-Kandidat Thomas Weber hole in seinem Heimatdorf Buus hundert Prozent der Stimmen – im Minimum.
Dann nehmen wir doch Basel auch noch dazu
Aber so ist er, der Löw, immer noch ein wenig anders und parteipolitisch nicht wirklich einzuordnen, ein wirklicher Freisinniger eben. Einer, der selbst mit dem Thema der Fusion von Baselland und Basel-Stadt locker umgeht. «Wenn wir die zwölf Laufentaler Gemeinden integrieren können, werden wir wohl auch noch mit dem Anschluss der drei Basler Kommunen fertig», sagt Löw.
So locker sehen es aber längst nicht alle. «Diese Frage wird einmal mehr auf der Hülftenschanz entschieden. Die unten werden dafür sein, die oben dagegen – mit Vehemenz», sagt Löw. Er rechne noch mit einer erheblichen Aufregung.
Ganz so schlimm wie 1832/1833 bei der Kantonstrennung werde es aber wahrscheinlich schon nicht kommen, sagt Löw. Damals hätten die freiheitsliebenden Buusner den stadtreuen Maisprachern das grosse Weinfass im Gemeindekeller kaputt geschlagen.
Eine noch gemeinere Strafe hätten sich die Buusner wahrscheinlich nicht ausdenken können, ohne dass auch noch viel Blut geflossen wäre.
PS: An dieser Stelle sollten wir wahrscheinlich endlich, endlich einmal die Frage klären, welche den einen oder anderen Leser wohl am meisten beschäftigt: Kann man den Buusner Wein tatsächlich trinken? Den vielleicht frechsten Spruch zu diesem Thema hörten wir von unserem Leser Werner Gysin. «Mal zwischendurch etwas Lockeres – eine Frage», schreibt er in seinem Kommentar zu einem unserer Artikel über Buus: «Wär kennt der Unterschied zwüsche Buusner Rotwyy und Algerischem Rootwyy? Ganz eifach: Im Algerier hets kei Buusner.» Selbstverständlich gingen wir auch diesem Hinweis auf den Grund. Unser Fazit: Der Spruch ist zwar gut – der Buusner Wein inzwischen aber auch. Sehr sogar. Werner Gysin kann sich gerne davon überzeugen. Ab morgen Freitag steht bei uns in der Redaktion eine Flasche Buusner für ihn zum Mitnehmen und Testen bereit.