Zweitwohnungsverbot wird durchlöchert

Die zuständige Arbeitsgruppe plant Ausnahmen: Neue Zweitwohnungen mit «warmen Betten» sollen weiterhin bewilligt werden. Diese «pragmatische» Umsetzung durchlöchert das von Franz Webers Initiative verlangte Zweitwohnungs-Verbot.

 

Sind die Betten warm oder kalt? (Bild: Jean-Christophe Bott/Keystone)

Die zuständige Arbeitsgruppe plant Ausnahmen: Neue Zweitwohnungen mit «warmen Betten» sollen weiterhin bewilligt werden. Diese «pragmatische» Umsetzung durchlöchert das von Franz Webers Initiative verlangte Zweitwohnungs-Verbot.

Der Anteil von Zweitwohnungen am Gesamtbestand der Wohneinheiten einer Gemeinde ist auf höchstens 20 Prozent beschränkt.» Das verlangt die Initiative von Franz Weber, die das Schweizer Volk am 11. März annahm. Dies würde, so schrieb der Bundesrat vor der Abstimmung, «in zahlreichen Gemeinden zu einem abrupten Baustopp führen». Denn in den meisten Tourismusgemeinden ist der Anteil an Zweitwohnungen schon heute viel höher als 20 Prozent.

Umsetzung mit Ausnahmen

Doch so strikt, wie der Verfassungstext verlangt, soll das Zweitwohnungsverbot in den betroffenen Gemeinden nicht umgesetzt werden. Das entschied die Arbeitsgruppe, die den Verordnungsentwurf zur Umsetzung der Franz Weber-Initiative vorbereitete und heute Abend ihre Arbeiten abschloss. Dabei verständigte sich die Arbeitsgruppe unter Leitung von Stephan Scheidegger, Vizedirektor des Bundesamtes für Raumentwicklung, auf folgende Ausnahmen:

  • Bestehende Bauten mit Erst- oder Zweitwohnungen, die vor dem 11. März 2012 erstellt wurden, dürfen nach altem Recht frei verkauft, vererbt und damit ohne Einschränkungen  als Zweitwohnungen genutzt werden. Der angedrohte Baustopp kann damit umgangen werden, wenn eine Person ihre bestehende Erstwohnung als Zweitwohnung verkauft und daneben für sich eine neue Erstwohnung baut.
  • Als Zweitwohnungen gelten zwar all jene Wohnungen, in denen die Nutzer keinen Wohnsitz haben. Doch solche Zweitwohnungen dürfen weiterhin bewilligt werden, schreibt die Arbeitsgruppe, «wenn es sich um ‚warme Betten‘ handelt». Gemeint seien damit Wohnungen, die öffentlich zur Vermietung ausgeschrieben werden, präzisiert Stephan Scheidegger. Offen bleibt vorderhand, an wie vielen Tagen die Zweitwohnungen vermietet werden müssen, damit die Betten als «warm» definiert werden.
  • Ab wann der Bewilligungstopp für Zweitwohnungen mit kalten Betten gilt, blieb umstritten. Die Arbeitsgruppe stellt darum zwei Varianten zur Wahl: Nach Variante 1 soll die Verordnung mit der neuen Regelung ab 1. September in Kraft treten, nach Variante 2 am 1. Januar 2013, wie das die Regierungen der Bergkantone verlangen.

Vor allem die Ausnahmebestimmung für Zweitwohnungen mit den «warmen Betten» ist problematisch, denn sie ist im Verfassungsartikel nicht vorgesehen. Die Arbeitsgruppe folgt hier dem Wunsch der Regierungen von Bergkantonen, die eine «pragmatische Umsetzung» verlangen. Dabei gibt es Möglichkeiten zum Missbrauch. Denn es lässt sich nur schwer kontrollieren, ob Zweitwohnungen tatsächlich ernsthaft und dauernd vermietet und bewirtschaftet werden. «Eine lückenlose Kontrolle ist nicht möglich», räumt Stephan Scheidegger auf Anfrage ein.

Mit den Beschlüssen der Arbeitsgruppe ist die Umsetzung der Initiative allerdings noch nicht in Stein gemeisselt. In den nächsten Tagen soll der Verordnungsentwurf dazu überarbeitet werden. Danach folgt eine Anhörung von Kantonen und Verbänden. Voraussichtlich im August wird der Bundesrat dann die Verordnung beschliessen. Diese wird befristet sein, bis zum Zeitpunkt, an dem das Parlament ein Gesetz zur Umsetzung der Franz Weber-Initaitve beschliesst. Das kann zwei bis drei Jahre dauern.

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