78 Minuten rennt der FC Basel gegen eine St. Galler Wand an, ehe ihm durch den eingewechselten Davide Callà das 1:0 gelingt. Nur drei Minuten später kassiert der Tabellenführer den Ausgleich. Marco Streller und Kay Voser scheiden verletzt aus.
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Murat Yakin sagt, er kenne keinen Trainer, der gerne unentschieden spielt. Dabei sass am Samstag einer direkt neben ihm im St.-Jakob-Park: Jeff Saibene. Der Sankt Galler Coach bekannte, dass er ganz gegen seine innere Überzeugung defensiv angerichtet hatte für das Spiel beim Meister und Tabellenführer. Er tat das der Not gehorchend mit einer Mannschaft, der etliche Spieler fehlen und die in diesem Jahr noch auf den ersten Sieg wartet.
Nach dem zehnten Sieg in Serie kann Red Bull Salzburg, am Donnerstag (19 Uhr) in Basel zum Europa-League-Achtelfinal zu Gast, schon am kommenden Wochenende frühzeitig Meister werden. Goalgetter Jonatan Soriano traf auch beim 3:1 in Ried doppelt und kommt nun auf 37 Tore in 28 Pflichtspielen dieser Saison für Salzburg, das sechs Stammspieler schonte.
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Dementsprechend froh war Saibene über dieses 1:1 in Basel, ein Punkt, den sich die Ostschweizer in den Augen ihres Trainers «mit ein bisschen Glück verdient haben».
Basel dagegen stellt eine andere Fussballwelt dar als St. Gallen. In Basel ist der Anspruch, zu gewinnen. Zumal daheim, zumal gegen einen angeschlagenen Gegner, zumal, nachdem man sich zuletzt bei den Grasshoppers (1:1) und in Thun (2:2) mit Punkteteilungen hatte begnügen müssen.
Pfiffe für das zwölfte Remis
Doch der FC Basel tut sich schwer in diesen Wochen. Er hat in der laufenden Saison zwar erst einmal verloren, er ist seit dem 1:2 gegen den nun, Monate später wieder aufgeblühten FC Zürich in 19 Meisterschaftsspielen ungeschlagen. Aber das 1:1 gegen den FC St. Gallen war auch schon das zwölfte Unentschieden. Der Meister hat jetzt öfter remis gespielt als gewonnen.
Das kann einem Trainer, der die Punkte nicht gerne mit dem Gegner teilt, nicht gefallen. «Klar, bin ich unzufrieden», sagte Yakin, «und dass die Fans unzufrieden sind, verstehe ich auch.» Mit Pfiffen war die Mannschaft nach Spielschluss in die Kabine geschickt worden, es gab auch bereits Unmutsbekundungen während der Partie, als sich der FCB sich an der Sankt Galler Wand die Zähne ausbiss.
Lopars «fantastische» Vorstellung
Dabei hatte es Phasen gegeben in dieser Partie, in der die Basler so viele Chancen kreierten wie lange nicht mehr. Als sechs Minuten vorüber waren, hatte er schon vier mehr oder weniger hochkarätige Möglichkeiten vergeben. Oder besser gesagt: Er war an Daniel Lopar gescheitert, für dessen Abendvorstellung sein Mitspieler Mario Mutsch nur ein Wort hatte: fantastisch.
ich würde mir schon ein wenig mehr souveränität und souplesse wünschen. #fcbasel #rotblaulive
— David Sieber (@CR_Sieber) 8. März 2014
Es gab noch eine ganze Reihe weiterer Chancen für die Basler, es gab den Schuss von Fabian Frei, der in der 53. Minute von der Lattenunterkante ins Feld zurück sprang – alles Momente, die Valentin Stocker später mit einer gängigen Floskel beschrieb: «Es hat bei uns an der Effizienz gehapert.»
Man könnte auch sagen: Der FC Basel strahlt in diesem Frühjahr nur sehr selten jene Konsequenz aus, die ihn in den letzten Jahren immer wieder aufs Neue zu Höhen geführt hat. Dabei kann Yakin darauf pochen, eine offensiv gepolte Mannschaft ins Rennen geschickt zu haben.
Delgado – das personifizierte Unglücklichsein
Stellvertretend für die ins Stocken geratene Erfolgsmaschine FCB steht Matias Delgado. Er stand wieder in die Startelf und spielte 94 Minuten mit ebenso viel Engagement wie fehlender Fortune. Das fing bei seiner Chance in der dritten Minute an, dann eröffnete er Streller kurz darauf eine weitere Gelegenheit, aber in etlichen weiteren Szenen schaffte er es nicht, der Mannschaft zu helfen.
Zu helfen mit einer vollendeten Aktion. In 66. Minute trat Delgado aus bester Position zu einem direkten Strafstoss an, eine Spezialität früherer, erfolgreicher Schaffensperioden. Das Stadion hielt kurz den Atem an – und der Ball flog gut einen Meter über das Sankt Galler Tor. Vier Minuten danach kam Delgado zu einem Kopfball – wahrlich nicht seine gefährlichste Waffe – und wuchtete den Ball neben das Tor. Und in der 83. Minute schoss er aus 15 Metern einen Ball in die Arme von Lopar; eine vergebene Grosschance, die das ganze Dilemma des Argentiniers verdeutlicht: ohne Selbstvertrauen, ohne Überzeugung.
«Es fehlt ihm ein Tor», sagt der Trainer, der einen hart trainierenden Delgado sieht, einen Delgado, der sich viele Gedanken mache, und über den er sagt: «Er ist momentan sehr unglücklich.» So sieht Delgados Spiel leider auch aus.
Torschütze Callà: «Fast wie Niederlage»
Mit grossem Aufwand und bei einem Ballbesitz bei nahe 70 Prozent bohrte der FCB sehr lange an der Wand, die die Sankt Galler mit grosser Leidenschaft verteidigten. Es brauchte den eingewechselten Davide Callà, der, keine zehn Minuten auf dem Feld, in der 78. Minute einen schönen Angriff vollendete. Über Frei und Sio, der von der Grundlinie zurück passte, gelang es Callà, Lopar doch noch zu überwinden.
Es war das erste Tor im neuen Dress des erst vor wenigen Wochen von Aarau transferierten Flügelspielers. Freuen konnte er sich darüber nicht richtig. «Das Unentschieden fühlt sich fast an wie eine Niederlage», sagte Callà und räumte ein: «Wir haben uns in einem Moment überraschen lassen, als wir dachten, wir hätten es im Griff.»
Nur drei Minuten nach dem mühsam bewerkstelligten Führungstreffer liessen die Basler auf der rechten Verteidigungsseite Marco Franin flanken, Stéphane Nater konnte den Ball im Strafraum annehmen, verarbeiten und scharf vors Tor spielen, ohne dass ihn Geoffroy Serey Die oder Arlind Ajeti daran gehindert hätten. Und am zweiten Pfosten hechtete der eingewechselte Goran Karanovic auf Grasnarbenhöhe und bugsierte den Ball mit dem Kopf zum Ausgleich ins Tor.
Die Skepsis bleibt ein Begleiter des FCB
«Zu wenig konsequent verteidigt», befand Yakin. Ein erstes Mal waren die Basler noch mit dem Schrecken davon gekommen, als in der 59. Minute Matias Vitkieviez die allererste, dafür kapitale Chance der Gäste versiebt hatte. Ein zweiter Anlauf genügte St. Gallen, das – bei aller defensiven Grundordnung in einem 4-5-1 mit Marco Mathys als einsamer Spitze – offenbar an die Basler Verwundbarkeit glaubte. «Dieser Punkt ist schon mal was», sagte Goalie Lopar, «und er ist wichtig für den ganzen Verein und das Umfeld.»
Die Skepsis, die den FC Basel begleitet, wird durch den unschönen Abend kurz vor den drei schönsten Tagen der Stadt nicht zerstreut. Und personell verschärft sich die Lage noch. Erst schied Marco Streller früh mit einer Fussverletzung aus. Eine genaue Diagnose steht noch aus. Und Kay Voser ging mit Verdacht auf eine Oberschenkelzerrung vom Platz. Für beide dürfte es für Donnerstag und den Europa-League-Achtelfinal gegen Salzburg kaum reichen.
Die Verletzungen von Streller
Strellers Ausscheiden konnte Yakin noch mit Sio kompensieren, ohne dass das auf die Statik des Spiels Einfluss genommen hätte. Als Voser ging, beorderte der Trainer Ajeti aus der Innenverteidigung auf links. Und weil Yakin dem Offensivdrang zuliebe Fabian Frei nicht opfern und zurückziehen wollte und den jungen Naser Aliji nicht in diesem komplizierten Moment ins kalte Wasser werfen, wurde Serey Die zurück in die Abwehr gezogen. Der Ivorer, lange Zeit einer der besten Basler, gab seine Premiere als Innenverteidiger. Mit dem Ausgleich muss diese Rochade als missglückt gelten.
Weil auch Serey Die muskuläre Probleme anzeigte, war Gaston Sauro schon zur Einwechslung parat. Yakin entschied sich um, als das 1:1 gefallen war, und verhalf dem jungen Admir Seferagic zum Debüt und den ersten Super-League-Minuten. Unter dem Strich bleibt aber nur die Enttäuschung über ein Remis, über das sich immerhin ein Trainer freuen konnte.