18 Lebensjahre schlagen 14 Grand-Slam-Titel – Coric steht im Halbfinal

Der gerade noch 17-jährige Borna Coric schlägt auch Rafael Nadal und steht im Halbfinal der Swiss Indoors. Nadal kämpft nach der Partie mit den Tränen, als er über seinen Gesundheitszustand spricht.

epa04462094 Croatia's Borna Coric (L) shakes hands with Spain's Rafael Nadal (R) after winning the quarterfinal match at the Swiss Indoors tennis tournament at the St. Jakobshalle in Basel, Switzerland, 24 October 2014. EPA/GEORGIOS KEFALAS (Bild: Keystone/GEORGIOS KEFALAS)

Der gerade noch 17-jährige Borna Coric schlägt auch Rafael Nadal und steht im Halbfinal der Swiss Indoors. Nadal kämpft nach der Partie mit den Tränen, als er über seinen Gesundheitszustand spricht.

Rafael Nadal blieb am Ende nur noch etwas zu tun: Er warf die Bananenschale und eine andere Verpackung in den weissen Abfalleimer hinter der Bank, schulterte seine beiden Taschen und winkte den Zuschauern in der St. Jakobshalle zu. Als Verlierer.

Als Verlierer gegen Borna Coric – der am 4. November 18 Jahre alt wird, das erste Mal in einem Viertelfinal eines ATP-Turniers stand und in den letzten drei Spielen zwei Mal einen Professional aus den Top-20 geschlagen hat.

«Es ist zu früh, diesen Sieg einzuordnen. Für den Moment ist es einfach ein ausgezeichnetes Gefühl», sagt Coric, der in der ersten Runde mit Ernests Gulbis (ATP 13) bereits einen grossen Brocken aus dem Weg geräumt hatte. War der Sieg gegen gegen den Letten für den Kroaten der grösste Erfolg seiner bisherigen Karriere, ist sein jüngster Coup geradezu eine Sternstunde in seiner noch kurzen Laufbahn als Berufsspieler.

Die Unerfahrenheit und ihre Tücken

Diese Laufbahn ist noch derart kurz, dass die Nummer 124 der Welt mit dem Erfolg kaum umzugehen wusste. Beim Platzinterview nach dem 6:2, 7:6-Sieg fehlten ihm die Worte. Er wusste nicht, was er auf Nadal angesprochen sagen sollte und entschied sich schliesslich: dem 14-fachen Grand-Slam-Sieger alles Gute für dessen Karriere zu wünschen.

Es war nicht der einzige Moment, in dem der Zagreber während der 101 Minuten überfordert war. Und dabei ist nicht sein Tennis gemeint, denn dieses war superb. Nein, es waren Momente zwischen den Ballwechseln. Beispielsweise bei den Challenges, bei der visuellen Überprüfung also, ob ein Ball im Feld war.

«Ich bin so müde, wenn ich spiele. Ich verliere meine Koordination. Und ich atme stärker als normal.» Rafael Nadal zu seinem Gesundheitszustand

Die Unerfahrenheit Corics führte dazu, dass er im zweiten Satz bald keine Challenges mehr zur Verfügung hatte. Ihm blieb das Hadern mit den Entscheiden der Linienrichter. Und als er im Tie-Break eine zusätzliche Challenge erhielt, musste ihn der Schiedsrichter erst darauf aufmerksam machen. Coric hatte es nicht gemerkt – oder in der ganzen Aufregung schlicht vergessen.

Es waren die Momente, als den Zuschauern an den Swiss Indoors vor Augen geführt wurde, welche zwei Welten hier aufeinanderprallen. Auf der einen Seite des Netzes der 28-jährige spanische Überspieler Nadal, der inzwischen 856 Partien auf der ATP-Tour bestritten hat. Und auf der anderen Seite der Minderjährige, der bei 14 solcher Spiele auf dem Platz stand und der in seinem Land Kroatien gerade mal die Nummer 4 ist.

Nadal beendet seine Saison, es sei Zeit, seinen Körper in Ordnung zu bringen

Vor allem im ersten Satz bestach Coric, der nur dank einer Wildcard überhaupt im Turnier stand, mit fabulöser Länge in seinen Schlägen. Und das aus allen Lagen. Er servierte ausgezeichnet, passierte Nadal bei dessen Netzangriffen, überlobte ihn. Drei Mal nahm er dem an Nummer 2 gesetzten Spanier den Aufschlag ab, kurz: Corics Konzept ging fast von Anfang bis Ende auf.

Deswegen nur fast, weil Nadal im zweiten Satz den Eindruck erweckte, als würde ihm das langsam aber sicher alles zu viel. Er schaltete einen Gang hoch – so gut es eben ging. Allerdings nur, um den Satz im Tiebreak wegen eines einzigen Minibreaks zum 5:4 zu verlieren.

Es war das letzte Spiel Nadals in dieser Saison. Bereits vor der Partie war bekannt geworden, dass er auf das auf Basel folgende Master-1000-Turnier von Paris-Bercy verzichtet. Nach der Niederlage gegen Coric sagte Nadal nun, dass er auch die World Tour Finals sausen lassen wird.

Nadal will Titel gewinnen, fühlt sich dazu aber nicht im Stande

«Ich bin einfach nicht kompetitiv genug, um noch Turniere zu bestreiten», sagt Nadal, an dessen Körper es an allen Ecken und Enden Problemzonen gibt. Darum kommt für ihn jetzt «die Zeit, in der ich meinen Körper in Ordnung bringen muss».

Er sei nicht ein Spieler, der in ein Turnier gehe, um einen Viertelfinal zu erreichen. Sondern um den Titel zu holen, sagt Nadal. «Ich bin aktuell aber nicht in der Verfassung, ein Turnier zu gewinnen. Ich weiss, dass dies unmöglich ist.»

Deswegen war die Niederlage an den Swiss Indoors das letzte Spiel Nadals, der sich am 3. November am entzündeten Blinddarm operieren lassen wird. Zuvor will er seinen Rücken behandeln lassen. Wieder einmal.

Nadal, der bei den Ausführungen zu seiner Gesundheit mit den Tränen kämpft, gesteht auch: «Ich bin so müde, wenn ich spiele. Ich verliere meine Koordination. Und ich atme stärker als normal.»

Coric trifft auf Goffin, der Nadal erwartet hat

Trotzdem ist Nadal der Meinung, es sei gut gewesen, nach Basel zu kommen. An das Turnier, mit dem er einen Dreijahresvertrag besitzt und im zweiten Jahr davon erstmals antrat. 

Er wolle nächstes Jahr zurück sein – und trifft dann möglicherweise wieder auf seinen Bezwinger Coric. Diesem setzt das Tableau in seinem ersten Halbfinal auf der ATP-Stufe am Samstag David Goffin vor.

Der Belgier bezwang im Viertelfinal den Kanadier Milos Raonic mit 6:7, 6:3, 6:4 und wurde danach nur auf den möglichen Halbfinalgegner Rafael Nadal angesprochen. «Er hat gezeigt, dass es trotz seiner körperlichen Eingeschränktheit zu gehen scheint», sagte er zu Nadal.

Die Antwort lässt vermuten, dass auch Goffin mit einem spanischen und nicht mit einem kroatischen Gegner gerechnet hat.

Der Schatten Rafael Nadals an den Swiss Indoors 2014

Bis zum Beginn der nächsten Saison verschwindet Rafael Nadal aus dem Scheinwerferlicht der Tenniswelt. (Bild: Keystone/GEORGIOS KEFALAS)

Swiss Indoors Basel 2014, Resultate (siehe auch Tableau)

Viertelfinals:
David Goffin BEL (7)–Milos Raonic CAN (4) 6:7, 6:3, 6:4
Benjamin Becker GER–Ivo Karlovic CRO (8) 4:6, 4:6
Borna Coric CRO (WC)–Rafael Nadal ESP (2) 6:2, 7:6
Roger Federer SUI (1)–Grigor Dimitrov BUL (5) 7:6, 6:2

Halbfinals am Samstag, 25. Oktober
David Goffin BEL (7)–Borna Coric CRO (WC): nicht vor 14.30 Uhr
Ivo Karlovic CRO (8)–Roger Federer SUI (1): anschliessend

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