2:3 – der FCB geht in Thun baden

Nach sechs Pflichtspielen in Folge verliert der FC Basel beim FC Thun 2:3. Nach einer 2:1-Pausenführung für den Meister durch Tore von Fabian Frei und Marco Streller schossen Wittwer und der Doppeltorschütze Ngamukol die Tore für den Tabellenvorletzten.

Die Entscheidung: Doppeltorschütze Anatole Ngamukol trifft in der 88. Minute ins hohe Toreck. (Bild: Keystone/PETER SCHNEIDER)

Nach sechs Pflichtspielen in Folge verliert der FC Basel beim FC Thun 2:3. Nach einer 2:1-Pausenführung für den Meister durch Tore von Fabian Frei und Marco Streller schossen Wittwer und der Doppeltorschütze Ngamukol die Tore für den Tabellenvorletzten.

Diese Frage hatte Murat Yakin noch gefehlt. Was es denn damit auf sich habe, dass er als Trainer gegen den FC Thun nicht gewinnen könne. Fünfmal hat er mit dem FC Luzern vergeblich Anlauf genommen und nun, als FCB-Trainer, setzte es eine weitere Niederlage. Yakin setzte sein charmantestes Lächeln auf, zu dem man nach einer 2:3-Niederlage noch in der Lage ist und sagte: «Ich habe gehofft, dass diese Frage kommt.»

Von der anderen Seite des Tisches, an dem der Thuner Effort und der Basler Fehltritt verhandelt wurde, mischte sich Kollege Mauro Lustrinelli ein und meinte: «Unsere Spieler wissen schon, warum das so ist.» Yakin behielt Gelassenheit und feine Ironie bei und erklärte: «Ich habe zwei fantastische Jahre gehabt in Thun, bin immer sehr herzlich behandelt worden, und auf irgendeine Art gebe ich das zurück.»

Nun kann man getrost davon ausgehen, dass Yakins Dankbarkeit für den Club, bei dem er 2009 seine erste Cheftrainerstation im Profifussball antrat, mit dem er von der Challenge in die Super League aufstieg und anschliessend Fünfter wurde, nicht grenzenlos ist. Dass sie jedenfalls nicht so weit geht, den Thunern in misslicher Lage derart entgegen zu kommen, wie das seine Mannschaft am Sonntag tat.

Des Trainers Vorahnung: Sie Serie reisst

Für den FCB ging unter Yakin eine Serie von sechs Pflichtspielsiegen, davon drei in der Liga, zu Ende. Der FC Thun, am Wochenanfang durchgeschüttelt durch die Trennung von Trainer Bernard Challandes, beendete dagegen eine Talfahrt bis auf den vorletzten Rang mit einem mageren Remis aus den letzten sechs Punktspielen.

«Vielleicht ist es eine Niederlage zum richtigen Zeitpunkt», sagte Yakin, wohl in dem Wissen, dass es für Niederlagen keine wirklich willkommenen Momente gibt. Schliesslich hätte der FCB seinen Aufwärtstrend bis auf Platz zwei mit Tuchfühlung auf GC fortsetzen können. Doch der Trainer hatte schon am Donnerstagabend, nach dem rauschenden Europacupfest gemutmasst, die Euphoriebremse treten zu müssen, und sprach einen Tag später davon, dass die Partie in Thun die schwierigste unter seiner Anleitung werden könnte.

Zwei blitzsaubere Tore des FCB

So kam es dann auch heraus, obwohl es nicht so weit hätte kommen müssen. Die kalte Dusche nach kaum fünf Minuten, einen Prachtsschuss des Franzosen Anatole Ngamukol, steckte der FCB gut weg. Die Elf, auf drei Positionen im Vergleich zum 3:0 gegen Sporting drei Tage zuvor verändert, brauchte eine Anlaufzeit, um auf dem Kunstrasen den Tritt zu finden, und erzielte dann zwei blitzsauber herausgespielte Tore.

Dass die Führung Yann Sommer zu verdanken war, dass beiden Basler Toren riesige Thuner Chancen vorausgingen – erst Ngamukol allein vor dem stoischen Sommer, dann Sommers Flugparade gegen Wittwers Schuss – gab dem FCB offenbar nicht genug zu denken. Denn die Partie plätscherte nach dem Seitenwechsel im Novemberföhn des Berner Oberlandes vor sich hin, Basel kontrollierte das flaue Geschehen ohne offensiv mit Nachdruck in Erscheinung zu treten und Thun schien nicht in der Lage, aus dem Maschinenraum noch ein paar PS mehr abrufen zu können.

Die Thuner Lebensgeister geweckt

Bis zur 64. Minute und dem Ausgleich aus dem Nichts. Ein Ballverlust von Mohamed Salah, ein tiefer Ball in die Schnittstelle zwischen Markus Steinhöfer und Fabian Schär und ein nicht unhaltbarer Schuss – schon war es geschehen, waren die Thuner Lebensgeister geweckt. «Wir hatten uns in der Pause vorgenommen, nichts mehr anbrennen zu lassen», sagte Fabian Frei , «und dann nutzen sie einen Fehler von uns im Zentrum eiskalt aus.»

Damit nicht genug: Das behäbige Publikum taute auf, und die Gastgeber witterten ihre Chance, eine schwarze Serie zu beenden: In den letzten sieben Aufeinandertreffen mit Basel hatte es ein Unentschieden und sechs Niederlagen gegeben. Der letzte Siege datiert ziemlich genau drei Jahre zurück, ein auf bemerkenswerte Art und Weise herausgespieltes 3:1 im St.-Jakob-Park – mit dem Trainer Murat an der Seitenlinie.

Yakin: «Offensiv naiv, defensiv anfällig»

Diesmal fehlte Yakins Team die Souveränität, urteilte er knapp und deutlich über die letzte halbe Stunde vor den 7000 Zuschauern in der Arena Thun: «Offensiv waren wir zu naiv, defensiv zu anfällig.» Die Einwechslungen von David Degen und Alex Frei fruchteten nicht, im Gegenteil: Markus Steinhöfers Fehler stand am Ursprung des Siegtreffers, bei dem vier Basler eine Freistossflanke mit dem ersten Schnee oben drauf nicht abwehren konnten und sich von einer einfachen Finte düpieren liessen: Ngamukol, ein schlaksiger Kerl mit Wurzeln in Äquatorialguinea und im Sommer vom FC Wil gekommen, zog im Getümmel den Ball hinter seinem Standbein vorbei und traf in der 88. Minute mit einem Schuss ins hohe Toreck.

David Degen traf in der Nachspielzeit noch den Aussenpfosten, dann gab es bei den Thunern kein Halten mehr. «Wir wollten Fussball spielen und haben Fussball gespielt – mit Herz, Leidenschaft und ein bisschen Glück», sprudelte es aus Ex-Nationalspieler Mauro Lustrinelli heraus, der lediglich Platzhalter ist, bis Urs Fischer bei den Oberländern übernimmt.

In die Bresche sprang niemand

Yakin wollte am Resultat nicht mäkeln, gratulierte den Thunern und sprach davon, dass der Sieg «sicher nicht gestohlen» sei. Mehrfach kopfschüttelnd war er in der zweiten Halbzeit durch seine Coachingzone getigert, hätte sich sicher aufregen können darüber, dass ein Handspiel von Saif Ghezal im Thuner Strafraum ungeahndet blieb (65.), er hätte das strenge Programm anführen können, die dadurch erzwungenen Umstellungen und das plötzliche Loch, in das in Thun zum Beispiel der entkräftet wirkende Valentin Stocker fiel, der Überflieger der vergangenen beiden Spiele. In die Bresche sprang niemand.

Aber der FCB-Trainer suchte nicht nach Entschuldigungen dafür, dass seine Mannschaft erstmals unter ihm eine Führung aus den Händen gab. «Wir waren zu wenig abgeklärt dafür, dass wir 2:1 in Führung lagen. Wir waren zu wenig präzis, haben Überzahlsituationen nicht klar ausgespielt, und ein Spürchen mehr Defensive hätte uns sicher gut getan», meinte Yakin. Und Marco Streller, der Platz 1 in der Torschützenliste mit dem neunten Saisontreffer behauptete, pflichtete bei: «Wir haben zu vehement das 3:1 gesucht und dann das 2:2 erhalten.»

Wintermeister wird jemand anders

Ein Schaden ist dem FCB durch die zweite Niederlage in der Liga unter Yakin nur in sofern entstanden, als dass er die Wintermeisterschaft einem anderen überlassen muss. Bei einem Sieg wäre der Titelverteidiger bis auf einen Zähler an GC herangekommen, so aber sind es wieder vier Punkte Rückstand.

«Wenn ich vor vier Wochen gefragt worden wäre, ob ich zum jetzigen mit dem aktuellen Rückstand auf die Tabellenspitze zufrieden wäre», meint Captain Streller, «hätte ich sofort ja gesagt.» Und Fabian Frei findet: «Unsere Konkurrenz hat an diesem Wochenende ja auch nicht brilliert.» Allerdings hat von den ersten Vier nur Basel alle möglichen Punkte liegen lassen.

Nächste Woche steht für GC das Derby gegen den FCZ an, Sion muss zu YB, und der FCB empfängt St. Gallen, den erstaunlichen Aufsteiger, der dem FCB die erste Saisonniederlage beibrachte. Danach könnte die Saison-Halbzeitbilanz noch einmal ganz anders aussehen.

Super League, 17. Runde
FC Thun–FC Basel 3:2 (1:2)
Arena Thun. – 7024 Zuschauer. – SR Studer.

Tore:
5. Ngamukol 1:0 (strammer Schuss von der rechten Straufraumecke, bei dem Schär interessierter Zuschauer ist).
32. Fabian Frei 1:1 (überlegter Rechtsschuss aus elf Metern via Innenpfosten nach Pass von Streller, der von Dragovic an der Strafraumkante lanciert wird).
39. Streller 1:2 (auf Zuspiel von Salah schiebt er den Ball aus zwölf Metern mit dem linken Aussenrist flach Goalie Faivre zwischen den Beinen hindurch).
64. Wittwer 2:2 (einen tiefen Pass in die Schnittstelle zwischen Steinhöfer und Schär verwertet Wittwer mit überlegtem Linksschuss in die Torwartecke).
88. Ngamukol 2:3 (nach einem Schirinzi-Freistoss aus dem Halbfeld trifft Ngamukol aus dem Gewühl heraus).
Verwarnungen: 92. Cabral (Unsportlichkeit), 92. Hediger (Unsportlichkeit).

FC Thun (4-2-3-1): Faivre; Reinmann, Matic, Ghezal (79. Manière), Schirinzi; Hediger, Demiri; Ferreira (54. Zuffi), Salamand (67. Frey), Wittwer; Ngamukol. – Reserve: Moser (T), Krstic, Bättig.
FC Basel (4-1-4-1): Sommer; Steinhöfer, Schär, Dragovic, Park; Cabral; Salah (76. A. Frei), Diaz (91. Zoua), F. Frei, Stocker (56. D. Degen); Streller. – Reserve: Vailati (T), Sauro, Ajeti, Yapi.
Bemerkungen: Thun ohne Bigler, Cassio, Steffen (verletzt) und Lüthi (gesperrt), Schneuwly (Lebensmittelvergiftung). FCB ohne Jevtic, Pak, Voser (alle verletzt) und Philipp Degen (gesperrt). – 92. Pfostenschuss David Degen.

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