Der FC Basel war bereit für die letzte grosse Aufgabe der Saison: Matias Delgado, Adama Traoré und Michael Lang schiessen im Cupfinal nach der Pause die Tore zum klaren und verdienten 3:0-Sieg. Damit ist der vielbesungene Mythos des FC Sion nach 13 gewonnenen Finals gebrochen, und der FCB feiert nach dem 20. Meistertitel auch noch den zwölften Cupsieg seiner Clubgeschichte.
Das Ende ist wie gemalt. Die letzte grosse Herausforderung hat der FC Basel auch noch gemeistert. Und so endet eine Ära in rotblauer Glückseligkeit, wie man sich in den letzten, erfolgsverwöhnten Jahren kaum mehr beobachtet hat. 3:0 gewinnt der Meister nach einer Leistung, die ihm Skeptiker nicht mehr zugetraut hatten und die Urs Fischer, der nun mit drei Titeln abtritt, schlicht als «pure Freude» empfindet.
Rund 7000 FCB-Fans unter den 26’500 Zuschauern im nicht vollbesetzten Stade de Genève feiern ausgiebig eine Mannschaft, die einer Saison die Krone aufsetzt. Und noch ein bisschen mehr schafft als einen überlegenen Finalsieg. Sie holt im 21. Endspiel den zwölften Cupsieg für den FCB und damit das sechste Double in der Vereinsgeschichte. Und sie beendet die ungeheuere Serie, die der FC Sion seit 1965 mit 13 Finalteilnahmen und 13 Cupsiegen aufgebaut hatte. Der triumphalen Finalsieg gegen den FC Basel in Basel markiert somit das Ende. Notabene ein 3:0.
Die grosse Sittener Leere
«Sion, c’est fini», sangen die Basler Fans, als sich die rotweissen Reihen im Stadion zu leeren begannen, und die Sittener Mannschaft mit ihrem Trainer Sébastien Fournier mit der Bürde davonzog, eben die ersten zu sein, die den Stolz der Walliser auf ihren Cup-Mythos gebrochen haben.
Von einer «grossen Leere» sprach Fournier hinterher und räumte niedergeschlagen ein: «Vielleicht hatte die Mannschaft nicht den Esprit, den Sion in den vergangenen Finals hatte. Vielleicht ist das einfach die Grenze, die wir heute erlebt haben.»
Bis hierhin, FC Sion, und nicht weiter. Das hatte sich der FCB offenbar vorgenommen. Und so trat er vom Anspiel an auf: konzentriert und beherzt die Zweikämpfe suchend.
Heuslers emotionale Kabinenrede
Diese Entschlossenheit hat einen Grund. Auf dem Weg ins Stadion legte Urs Fischer ausnahmsweise seine eigene, einheizende Motivationsmelodie in die Musikanlage des Mannschaftsbusses. Und verstärkt wurde die emotionale Ebene durch eine Ansprache des Präsidenten vor dem Anpfiff in der Kabine, die es in sich gehabt haben soll und bei der sogar Fischer «Gänsehaut» bekam. Weiter ins Detail wollte er nicht gehen.
Die Ausnahme ist Heuslers Auftritt auf jeden Fall. Beteiligte, die schon seit vielen Jahren in der Garderobe dabei sind, sprechen gar von einem «Schlüsselmoment». Eine Rede von Bernhard Heusler, der die ganze Mannschaft mit offenem Mund folgte und sie verblüffte. Der scheidende Präsident selbst habe Tränen in den Augen gehabt, wird geschildert, und die Rede habe ungefähr gegipfelt in dem Satz: «Ich will diesen verdammten Titel.»
Der fitgespritzte Delgado als Dosenöffner
Ihre Wirkung verfehlten die Worte nicht. Im Gegensatz zum Endspiel vor zwei Jahren überliess der FCB dem Gegner keinen Meter Boden freiwillig. Bis auf zwei, drei kleine folgenlose Unsicherheiten im Arbeitsbereich von Marek Suchy und Michael Lang gestand der Meister dem Cupmonster aus Sion keine einzige klare Chance zu.
Und er schlug nach einer zähen ersten Halbzeit zu, als der Gegner den ersten Fehler machte. Pa Modou rutschte aus, Mohamed Elyounoussi schaltete schnell, fand im Strafraum Seydou Doumbia und der legte perfekt auf für Matias Delgado. Der Captain, fitgespritzt in diesen Final gegangen, vollendete in der 47. Minute jenen Treffer, auf den Sion keine Antwort fand.
Dass ausgerechnet Adama Traoré für den zweiten Treffer sorgte, ist die kleine, schöne Randnotitz dieses Finals. Der Linksverteidiger, der in seinen zwei Jahren in Basel nie nach oben ausschwang, war in der Goalgetterposition zur Stelle, um Anton Mitryushkin zu tunneln.
Da war etwas mehr als eine Stunde gespielt, und den Rest spielte der FCB abgeklärt und mit grosser Gelassenheit herunter bis zu Michael Langs Volleyschuss in der 89. Minute zum 3:0. Der Sittener Widerstand war da längst gebrochen, und ein von Tomas Vaclik parierter Ziegler-Schuss sowie eine Halbchance von Moussa Konaté in der 83. Minute die einzigen gefährlichen Momente geblieben.
Heusler und das kitschige Ende: «Eigentlich unverschämt»
Und so geht sie zu Ende, die kurze Ära von Urs Fischer als Trainer des FC Basel, geschmückt mit zwei Meistertiteln und ebendiesem Cuptriumph. «Für mich zählt nicht nur dieser Sieg», sagt Fischer, «sondern der Weg, den wir bis dahin gegangen sind.» Der Zürcher wird nächste Woche, wenn die Saison endgültig vorüber ist, Fussball-Basel durch das grosse Vorderportal verlassen.
Noch eine weitere Woche dranhängen wird Bernhard Heusler, ehe bei der Generalversammlung die Stabübergabe erfolgt. Nach einer langen und von nicht abebbendem Erfolg geprägten Zeit. «Eigentlich unverschämt, dass wir diesen Titel auch noch mitnehmen», sagte Heusler und durfte sich bestätigt fühlen: «Ich habe der Mannschaft vorher gesagt, dass ich so viel Vertrauen in sie habe.»
Hinterher feierte Heusler mit den Fans in der Basler Kurve, zweimal stemmte er die Sieben-Kilo-Trophäe einhändig in die Höhe, beim dritten Mal brach er ab. Später, mit den Spuren der Schampusduschen im Haar und auf dem Siegershirt über dem Anzughemd, sagte er strahlend vor Freude: «Ich bin so glücklich, dass andere Menschen glücklich sind.»
Die Bilanz von Sportdirektor Heitz: Elf Titel
Sportdirektor Georg Heitz, der nach acht Jahren mit der unerreichten Bilanz von acht Meistertiteln und drei Cupsiegen abtritt, freut sich in seiner zurückhaltenden Art: «Für den Moment ist dieser letzte Titel der emotionalste.» Seit Wochen, seit dem Halbfinal in Winterthur und seit der Sicherung des Meistertitels, hatte die Führungsetage beim FCB dieses letzte grosse Ziel vor Augen – mit dem Double abzutreten und nebenbei Sion und die Serie zu bodigen.
Als es geschafft war, meinte Heitz, der Cupsieg sei eine schöne Zugabe. Die erneute Meisterschaft jedoch ist die Morgengabe für die neue Führung, um bereits im ersten Jahresabschluss ein Plus ausweisen zu können: «Darum ging es uns auch», so Heitz.
Zum Schluss, bevor die Mannschaft nach ausgiebiger Kabinenparty und zähflüssiger Dopingkontrolle nach Basel zum Barfüsserplatz aufbrechen konnte, wurde Bernhard Heusler noch gefragt, welchen Titel ein Buch über ihn und seine Zeit beim FC Basel haben sollte. «Ich weiss nur», entgegnete Heusler, «dass es ein kitschiges Ende hätte.»
* Wiederholungsspiel; 1. Spiel: 0:0 Alle Endspiele im Schweizer Cup seit 1925 | Liste der Cupsieger und Finalisten |
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Alle Cupfinals des FC Basel | |||||
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Jahr | Ort | Paarung | Resultat | Torschützen FCB | Trainer |
1933 | Zürich | FCB–Grasshoppers | 4:3 | Haftel (2), Jaeck, Müller | Karl Kurz |
1942 | Bern | Grasshoppers–FCB | 3:2 * | Schmiedlin (2) | Eugen Rupf |
1944 | Bern | Lausanne-Sport–FCB | 3:0 | Willy Wolf | |
1947 | Bern | FCB–Lausanne-Sport | 3:0 | Stöcklin (2), Bader | Anton Schall |
1963 | Bern | FCB–Grasshoppers | 2:0 | Blumer, Ludwig | Georges Sobotka |
1967 | Bern | FCB–Lausanne-Sport | 3:0 | Forfait | Helmut Benthaus |
1970 | Bern | FC Zürich–FC Basel | 4:1 n.V. | nach Verlängerung | Helmut Benthaus |
1972 | Bern | FC Zürich–FCB | 1:0 | Helmut Benthaus | |
1973 | Bern | FC Zürich–FCB | 2:0 n.V. | Helmut Benthaus | |
1975 | Bern | FCB–FC Winterthur | 2:1 n.V. | Demarmels, Balmer | Helmut Benthaus |
1982 | Bern | FC Sion–FCB | 1:0 | Helmut Benthaus | |
2002 | Basel | FCB–Grasshoppers | 2:1 n.V. | Tum, M. Yakin | Christian Gross |
2003 | Basel | FCB–Neuchâtel Xamax | 6:0 | Gimenez (2), Huggel, M. Yakin, Smiljanic, Barberis |
Christian Gross |
2007 | Bern | FCB–FC Luzern | 1:0 | Majstorovic | Christian Gross |
2008 | Basel | FCB–AC Bellinzona | 4:1 | Derdiyok, Majstorovic, Streller, Huggel |
Christian Gross |
2010 | Basel | FCB–Lausanne-Sport | 6:0 | Stocker (2), Shaqiri, Zoua, Chipperfield, Huggel |
Thorsten Fink |
2012 | Bern | FCB–FC Luzern | 5:3 (1:1) n.P. | Huggel | Heiko Vogel |
2013 | Bern | Grasshoppers–FCB | 5:4 (1:1) n.P. | Steinhöfer | Murat Yakin |
2014 | Bern | FC Zürich–FCB | 2:0 n.V. | Murat Yakin | |
2015 | Basel | FCB–FC Sion | 0:3 | Paulo Sousa | |
2017 | Genf | FCB–FC Sion | 3:0 | Delgado, Traoré, Lang | Urs Fischer |
Vor dem Spiel
Urs Fischer bläst zum Halali: Der 92. Final im Schweizer Cup am Auffahrtstag um 16 Uhr in Genf ist für den FC Basel nicht nur die Herausforderung, den Mythos des FC Sion zu brechen. Für den scheidenden Trainer Urs Fischer, vor allem aber auch für die abtretende Clubführung ist es der letzte Tusch einer unvergleichlichen Ära. » Der FC Basel vor dem Cupfinal
«Papier entscheidet keine Spiele»: Der Cup und Marek Suchy haben noch nicht zueinandergefunden. Zwei Finalspiele hat der 29-jährige Tscheche verloren, am Donnerstag versucht er sich mit dem FC Basel zum wiederholten Mal am FC Sion. Wenn er an den Gegner denkt, sagt er: «Ich habe keine guten Erinnerungen.» » Marek Suchy vor dem Cupfinal
Weisch no?: Wer hat die meisten Tore für den FC Basel in Endspielen um den Schweizer Cup erzielt? Und welcher Trainer hat sämtliche vier Finals, die er mit dem FCB erreicht hat, auch gewonnen? Ein kleiner Gang durch den Basler Teil der Cup-Geschichte und die Bilder von den elf Cup-Siegen. » Die Galerie der elf Basler Cupsiege
Christian Constantin ist Karl Rappan dicht auf den Fersen: Als Präsident des FC Sion bestreitet Christian Constantin seinen achten Cupfinal. Die sieben zwischen 1995 und 2015 hat er allesamt gewonnen, es ist ein Rekord für einen Clubchef in der Schweiz. Jetzt will er dem legendären Schweizer Nationaltrainer Karl Rappan auf die nächste Stufe folgen. » Der anstehende Rekord des Sittener Präsidenten
Kräfte freisetzen, von denen noch keiner weiss: Am Donnerstag trifft der Mythos FC Sion im Cupfinal auf den FC Basel. In Genf geht es für die Walliser um die Weiterführung der Ungeschlagenheit in Endspielen. Captain Reto Ziegler nimmt das als Druck wahr, während Veroljub Salatic seine ganz eigene Finalstatistik Hoffnung macht. » Besuch beim FC Sion
«Es wäre wahnsinnig, dieses Double noch mitzunehmen»: Bernhard Heusler fiebert dem Cupfinal am Donnerstag entgegen, dem letzten Höhepunkt seiner Präsidentschaft beim FC Basel. Im Interview spricht er über Sentimentalitäten, Kabinenansprachen, Sonderprämien, die Probleme des Cupwettbewerbs und die Rolle der Fans. » Interview mit dem abtretenden Präsidenten