58’000 Zuschauer, Wein aus Schläuchen und Spektakel – die Endspiele in Basel

Bevor sich heute Liverpool und Sevilla im St.-Jakob-Park begegnen, schaut Basel auf vier Endspiele im Cup der Cupsieger zurück. Es waren Begegnungen darunter, die kaum in Erinnerung geblieben sind, aber auch epische Duelle wie jenes 1979 zwischen Barcelona und Düsseldorf.

Hans Krankl, links, und Juan Asensi, rechts, jubeln nach dem Sieg im Finalspiel mit dem Pokal, aufgenommen am 16. Mai 1979 im Stadion St. Jakob in Basel. Der FC Barcelona gewinnt das Finalspiel um den Cup der Cupsieger gegen Fortuna Duesseldorf mit 4 zu 3 nach Verlaengerung. Nach dem Leibchentausch tragen sie Fortuna-Shirts. (KEYSTONE/Str)

(Bild: Keystone)

Bevor sich am Mittwochabend Liverpool und Sevilla im St.-Jakob-Park begegnen, schaut Basel auf vier Endspiele im Cup der Cupsieger zurück. Es waren Begegnungen darunter, die kaum in Erinnerung geblieben sind, aber auch epische Duelle wie jenes 1979 zwischen Barcelona und Düsseldorf.

Als das Stadion St. Jakob am 13. Dezember 1998 mit der Nationalliga-A-Begegnung des FC Basel gegen Lugano (1:3) zum letzten Mal bespielt wird, hat der inzwischen unter alt-ehrwürdig fallende Fussballort viel erlebt. Angefangen mit den sechs WM-Spielen 1954, den vielen Partien des FC Basel bis hin zu weiteren 36 Länderspielen der Schweizer Nationalmannschaft. Dazu kommen vier Endspiele, die von der Europäischen Fussballunion Uefa nach Basel vergeben wurden, allesamt im 2009 dahingeschiedenen Europacup der Pokalsieger.

Am 21. Mai 1969 feiert Slovan Bratislava in Basel den bis heute grössten Erfolg mit dem 3:2 gegen den FC Barcelona, der ebenfalls zum ersten Mal in einem europäischen Finale steht. Lediglich 19’478 Zuschauer werden offiziell für diese Begegnung im Joggeli vermeldet.

Noch trister ist die Kulisse allerdings sechs Jahre später, als sich an selber Stelle Dynamo Kiew und Ferencváros Budapest gegenüberstehen: 10’897 Schaulustige sehen das 3:0 des sowjetischen Cupsiegers. Viel mehr als das Resultat ist nicht in Erinnerung geblieben.

Bratislava Verteidiger Vladimir Hrivnak, rechts, erzielt allein vor dem katalanischen Goalie Salvador Sadurni das zweite Tor. Slovan Bratislava gewinnt am 21. Mai 1969 in Basel den Final um den Cup der Cupsieger gegen den FC Barcelona mit 3 zu 2. (KEYSTONE/Str)

Das erste Endspiel in Basel am 21. Mai 1969: Bratislava- Verteidiger Vladimir Hrivnak (rechts) erzielt gegen den katalanischen Goalie Salvador Sadurni das 2:1. Slovan feiert gegen den FC Barcelona seinen ersten und bis dato letzten europäischen Erfolg. (Bild: Keystone)

Ganz anders verhält es sich mit dem 16. Mai 1979 und dem dramatischen Duell zwischen dem FC Barcelona und Fortuna Düsseldorf. Ein Höhepunkt, den Basel in Sachen Fussball erlebt. «Ein Kampf, der die Zuschauer aufwühlte», hiess es anderntags im «Tages-Anzeiger», der aber auch nörgelte: «So packend der Kampf war: Es war kein schönes und hochklassiges Spiel.»

1979: Die erste Viertelstunde entschädigt schon fürs Erscheinen im Joggeli

Wie auch immer, die erste Halbzeit ist spektakulär: In der 5. Minute eröffnet José Vicente Sánchez Felip, genannt «Tente», den Torreigen. Thomas Allofs, der neben seinem Bruder Klaus für den überraschend in den Final vorgestossenen Bundesligisten spielt, gleicht schon in der 8. Minute aus, und vier Minuten später pariert Fortuna-Torhüter Jörg Daniel einen schwach geschossenen Elfmeter des grossen, inzwischen 32-jährigen Carlos Rexach.

(a) = ausverkauft | alle Endspiele im Uefa-Cup und im Nachfolgewettbewerb Europa League (ab 2009/10)
Europacup-Endspiele in Basel

Datum

Wettbewerb

Paarung

Resultat

Zuschauer

21. Mai 1969 Cup der Cupsieger Slovan Bratislava–FC Barcelona 3:2 19’478
14. Mai 1975 Cup der Cupsieger Dynamo Kiew–Ferencváros Budapest 3:0 10’897
16. Mai 1979 Cup der Cupsieger FC Barcelona–Fortuna Düsseldorf 4:3 n.V. 58’500 (a)
16. Mai 1984 Cup der Cupsieger Juventus Turin–FC Porto 2:1 55’000 (a)
18. Mai 2016 Europa League Liverpool FC–Sevilla FC -:- 35’000 (a)

Die erste Viertelstunde entschädigt eigentlich schon fürs Erscheinen im Joggeli. An einem herrlichen, milden Maiabend kocht das mit 58’500 Zuschauern proppenvolle Stadion. Geschätzte 30’000 Katalanen haben in ungezählten Bussen die Reise ans Rheinknie gemacht, die Atmosphäre ist elektrisierend, aber trotz des Abnützungskampfes auf dem Platz friedlich.

Keine Sektorentrennung und Wein aus Schläuchen

Sechs Jahre vor der Katastrophe von Heysel und den 39 Toten in Brüssel beim Landesmeister-Endspiel Juventus–Liverpool kennt auch das Joggeli keine Sektorentrennung. Die gelb-roten Katalanen mischen sich auf den Rängen mit den rot-weissen Rheinländern und teilen den Wein aus ihren Schläuchen.

Bis zur Pause fallen zwei weitere Tore: durch Juan Manuel Asensi in der 35. Minute und sieben Minuten später durch Wolfgang Seel, der einen 60-Meter-Pass des herausragenden Fortuna-Liberos Gerd Zimmermann vollendet. Den Katalanen zittern nach dem Seitenwechsel die Beine, für den Favoriten steht mehr auf dem Spiel als für den Underdog aus Deutschland, der sich auf dem Weg nach Basel unter anderem gegen Servette Genf dank der Auswärtstorregel durchgesetzt hat.

Für Barcelona, das auf europäischer Ebene noch nichts gewonnen hat, ist es das dritte Endspiel. 1961 unterlag man im Berner Wankdorf gegen Benfica Lissabon im Landesmeister-Finale. Und 1969 scheiterte Barcelona in Basel überraschend an Slovan Bratislava im Europapokal der Pokalsieger.

Barcelona quält und rettet sich in die Verlängerung, und dort ist es dann ausgerechnet Rexach, der schon zehn Jahre zuvor gegen Bratislava dabei war und an jenem Abend den Penalty vergeigt hat. In der 104. Minute holt er zum entscheidenden Schlag aus. Hans Krankl, ein Star Barças jener Zeit neben Johan Neeskens, für den das Basler Endspiel die letzte Partie im Trikot von Barcelona ist, dieser bis dahin unsichtbare Krankl also erhöht auf 4:2 (111.), und mehr als das Anschlusstor durch Seel in der 114. Minute schaffen die verletzungsbedingt geschwächten Düsseldorfer nicht mehr.

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Captain Asensi stemmt schliesslich als erster den Pokal der Cupsieger in die Höhe, frenetisch gefeiert von den Barça-Aficionados. Der FC Barcelona gewinnt in Basel die erste europäische Trophäe – der dann noch viele weitere folgen werden.

Platini führt die Alte Dame zum Triumph in Basel

Der letzte Europacupfinal, den Basel für lange Zeit erlebt, ist 1984 das Duell Juventus Turin gegen den FC Porto, der erstmals in einem Endspiel steht. Die Juve dagegen hat zwei schmerzvolle Landesmeister-Finals hinter sich, jeweils 0:1-Niederlagen gegen das damals grosse Ajax Amsterdam (1973 in Belgrad) und erst im Jahr vor Basel gegen den Hamburger SV (in Athen). 55’000 Zuschauer zu St. Jakob sehen, wie die von Michel Platini dirigierte Alte Dame die Partie vor der Pause entscheidet durch Tore von Beniamino Vignola und Polens Star Zbigniew Boniek.

Dann muss erst ein neues Stadion, der St.-Jakob-Park, gebaut werden, um Basel zurück auf die europäische Landkarte zu bringen. Erst mit der U21-Europameisterschaft im Sommer 2002, dann mit den grossen Champions-League-Nächten des FCB 2002/03 und schliesslich mit der Euro 2008 und den sechs Spielen eingedenk des mitreissenden Halbfinals Deutschland-Türkei (3:2).

Die internationale Stellung und Anerkennung des FC Basel, die reibungslose Organisation mit Uefa-Prädikat bei seinen Heimspielen in der Champions League – von kleinen, aufsehenerregenden Pannen wie der Greenpeace-Protestaktion im Oktober 2013 abgesehen – verhelfen Basel 32 Jahre nach dem letzten Endspiel zu einem nächsten Höhepunkt: dem Finale der Europa League im St.-Jakob-Park an diesem 18. Mai 2016.

Der geplatzte Traum des FC Basel

Frühzeitig, wenn auch nicht ganz freiwillig, ist der FC Basel in der Saison 2015/16 zumindest in die richtige Richtung abgebogen. In den Play-Offs zur Champions League an Maccabi Tel Aviv gescheitert (2:2 und 1:1), spielte er die Europa League. 14 Spiele wären es auf der «Road to Basel» bis zum «Final dehai» (vulgo: Finale dahoam; Deutsch: Das Endspiel vor der eigenen Haustüre) gewesen.

Der Traum endet in den Achtelfinals, als der FCB nach einem 0:0 im Hinspiel in Sevilla am Titelverteidiger mit 0:3 (0:3) scheitert. Die beste Europacup-Kampagne der Basler bleibt somit die Europa-League-Saison 2012/13, als die Rotblauen sich erst in den Halbfinals dem Chelsea FC mit 1:2 und 1:3 geschlagen geben müssen.

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» Der (im letzten Abschnitt angepasste) Beitrag stammt aus dem Buch «111 Gründe, den FC Basel zu lieben» von Christoph Kieslich und Florian Raz, 2015 erschienen bei Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin. In Basel erhältlich unter anderem im Fanshop des FC Basel.

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