«Ach, Penaltys!»

Yann Sommer ist gegen Molde FK der Held des Abends, fühlt sich aber nicht so. Weil er sich nicht nur an den gehaltenen Elfmeter erinnert, sondern auch an seinen Fehler beim 0:1. Von der ersten Halbzeit seines FC Basel ist der Goalie nicht sonderlich angetan.

FC Basel's (FCB) goalkeeper Yann Sommer (R) saves a penalty by Molde's Magne Hoseth (3rd L) during their Champions League third round, second leg qualification soccer match at St Jakob Park stadium in Basel August 8, 2012. REUTERS/Michael Buholzer (SWITZE (Bild: Reuters/MICHAEL BUHOLZER)

Yann Sommer ist gegen Molde FK der Held des Abends, fühlt sich aber nicht so. Weil er sich nicht nur an den gehaltenen Elfmter erinnert, sondern auch an seinen Fehler beim 0:1. Von der ersten Halbzeit seines FC Basel ist der Goalie nicht sonderlich angetan.

In dem Moment, in dem der Abend zur schwarzen Nacht zu werden drohte, suchte Markus Steinhöfer nach einem Lichtlein in der Dunkelheit. Es lief die 92. Minute im St.-Jakobspark, Magne Hoseth machte sich soeben auf, den FC Basel aus der Qualifikation zur Champions League zu werfen. Steinhöfer suchte nach einem Argument, das jetzt noch für seine Mannschaft sprechen könnte. Tatsächlich – er wurde fündig: «Ich dachte an den Cupfinal – und was Yann da gezeigt hat.»

Und Yann Sommer zeigte wieder etwas. Eine Reaktion wie eine Katze beim Spiel mit der Maus. Flach nach rechts warf sich der Goalie des FC Basel und hielt. Hielt den Ball und den FCB im Rennen um die Honigtöpfe der Königsklasse. Richtig gut geschossen war Hoseths Elfmeter nicht. Aber halten musst du so einen Ball trotzdem erst einmal. Bei diesem Spielstand – und bei all dem, was da wortwörtlich auf dem Spiel stand.

Hoseth hat eigentlich eine hervorragende Bilanz, was Elfmeter betrifft. Irgendwo bei 50 verwandelten von 52 getretenen Penaltys soll seine Quote liegen, rechnete Moldes Trainer Ole Gunnar Solskjaer später vor. Aber in dieser 92. Minute zwischen dem FC Basel und dem Molde FK traf Hoseth auf einen Mann, der mit noch beeindruckenderen Zahlen aufwarten kann.

Von den 30 Elfmetern, die gegen Yann Sommer seit seiner Zeit bei der U21 des FCB getreten wurden, fanden 22 den Weg ins Netz. Das macht eine Quote von 26,7 Prozent nicht verwandelter Penaltys. Ja, von den letzten fünf Elfmetern hat er gleich deren drei abgewehrt. 60 Prozent gehaltener Elfmeter! Eine unglaubliche Quote.

Trotzdem wollte sich Sommer nach dem Spiel nicht als alleiniger rotblauer Retter sehen. Nicht ganz zu Unrecht verwies er auf seinen Fehlgriff, der dem 0:1 voraus gegangen war.

Yann Sommer, Sie müssen nach Ihrem gehaltenen Elfmeter in der 92. Minute voller Glückshormone sein.

Wenn dieser Ball reingegangen wäre, wären wir jetzt draussen. Das wäre eine grosse Katastrophe für uns gewesen, denn wir wollen unbedingt in die Champions League. Darum bin ich um so glücklicher, dass ich den Ball halten konnte.

Es war ja nicht nur dieser Elfmeter. Warum hatte der FCB heute derart grosse Mühe gegen Molde?

Ich würde sagen, wir hatten vor allem in der ersten Halbzeit grosse Mühe. Wir haben sehr, sehr, sehr schlecht gespielt. In der zweiten Halbzeit dafür sehr gut – meiner Meinung nach. Da haben wir den Ball laufen lassen, haben viele Chancen kreiert, wir waren gefährlich. An diese zweite Halbzeit müssen wir unbedingt anknüpfen.

Wie ist es, wenn man nach so einem Spiel als Held bezeichnet wird, wenn die Leute sagen, dass der FCB dank Ihnen eine Runde weiter gekommen ist?

Das sehe ich nicht so. Das erste Tor geht zu einem Teil auch auf meine Kappe. Wir sind eine Mannschaft, wir sind elf Spieler und ein paar auf der Bank. Fussball ist eine Mannschaftssportart. Und darum haben wir alle gemeinsam diese nächste Runde erreicht.

Hatten Sie sich auf den Elfmeterschützen Magne Hoseth vorbereitet, wussten Sie, wo der Norweger hinschiessen würde?

Nein, damit rechnet man ja nicht vor dem Spiel.

Nun, ein Elfmeterschiessen wäre ja durchaus im Bereich des Möglichen gelegen?

Ja gut, okay. Aber das wäre etwas anderes gewesen. Ein Penalty in der 92. Minute, das ist wirklich eine Ausnahmesituation.

Haben Sie sich denn für eine Ecke entschieden – oder kann man als Goalie warten, wohin der Stürmer schiesst?

Nein, das funktioniert nicht. Ich habe mich für eine Ecke entschieden, so wie ich das immer mache. Und zum Glück habe ich ihn gehalten.

Sie haben über Ihre gesamte Karriere gesehen eine unglaubliche Quote von gehaltenen Elfmetern. Haben Sie die stets im Kopf?

Ach, Penaltys! Das ist immer fünzig-fünfzig. Jeder Goalie kann einen Elfmeter halten. Im Moment habe ich eine gute Quote … Ich bin einfach sehr froh.

Fünfzig-fünfzig? Die Chance des Stürmers sollte doch höher sein als jene des Torwarts? Es ist einfach bei Ihnen halbe-halbe.

Ich würde das mit der Chancenverteilung nicht so sagen. Meistens ist der Stürmer einfach doppelt so nervös wie der Torwart. Also gleicht sich das wieder aus.

Was wurde in der FCB-Kabine zur Pause besprochen? Reden Sie da überhaupt miteinander – nach so einer Halbzeit?

Natürlich haben wir miteinander geredet. Wir haben sogar etwas lauter als üblich miteinander gesprochen – Und das ist auch gut. Das braucht es. Wir haben in der ersten Halbzeit einfach katastrophal gespielt. Das müssen wir einfach so festhalten. Alle zusammen. Zum Glück haben wir es in der zweiten Halbzeit dann auch sehr gut gemacht und sind alle gemeinsam eine Runde weiter gekommen.

Molde hat in der ersten Halbzeit extrem parat gewirkt. Und Ihre Mannschaft nicht. Oder ist das eine Fehlinterpretation?

Nein, das war so. Sie haben keine schlechte erste Hälfte gespielt. Und wir eine Katastrophen-Halbzeit. Tja. Die müssen wir abhaken, und an der zweiten anknüpfen.

Können Sie sich erklären, warum Ihr Team derart schwach in eine Partie steigt, in der dermassen viel auf dem Spiel steht?

Nein, das kann ich nicht. Wir müssen das alles noch einmal anschauen, um herauszufinden, was falsch gelaufen ist. Aber dieses Spiel ist jetzt vorbei. Wir wollen unbedingt in diese Gruppenphase und wir sind noch immer im Rennen mit dabei. Das ist alles, was zählt.

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