Alex Wilson und die bitteren Hundertstel

Die Schweizer Sprint-Staffel und mit ihr der Basler Alex Wilson verpasst an den Europameisterschaften in Helsinki das Hauptziel: die Olympia-Qualifikation.

Es hat nicht gereicht: Steven Gugerli und der Basler Alex Wilson (rechts). (Bild: EQimages/Daniel Mitchell)

Die Schweizer Sprint-Staffel und mit ihr der Basler Alex Wilson verpasst an den Europameisterschaften in Helsinki das Hauptziel: die Olympia-Qualifikation.

Da hingen sie in der Mixed-Zone am Geländer, nach vorn gebeugt, den Kopf nach unten gerichtet. Zum Sprechen mit den Medienvertretern waren weder Amaru Schenkel noch Alex Wilson bereit. Stattdessen legte Schenkel seinen Arm auf Wilsons Schulter. Dem jungen Basler liefen die Tränen über die Wangen. «Das kann nicht sein, das gibt es nicht», schluchzte er.

Nicht glauben wollte er, was die Fakten zeigten. «Zwei Hundertstel zu langsam, um Südafrika vom 16. Platz des Olympia-Rankings zu verdrängen und so nach London zu fahren». Dieses Fazit hatten die Athleten wie die Betreuer eilig errechnet. «Bitter», sagte Wilson, «ich habe meinen Job erledigt, aber zwei Hundertstel sind etwas, das sich überall gewinnen lässt.»

Sensationelle Holländer

Bewusst war sich zu diesem Zeitpunkt weder er, noch einer seiner Teamkollegen darüber, dass für das Vorstossen auf Position 16 doch etwas mehr nötig gewesen wäre, nämlich eine Zeit von 38,56. Der Grund dafür: Holland schob sich mit seinem sensationellen Landesrekord von 38,34 nicht nur vor die Schweiz, sondern ebenso vor den direkten Gegenspieler der Schweiz, Südafrika.

«Wir haben alles unternommen, mit der Rochade bei der Aufstellung das richtige Rezept gefunden, und trotzdem hat’s nicht geklappt», bedauerte Wilson. Dass er in London als 200-m-Läufer mit von der Partie sein wird, wollte er in diesem Augenblick nicht als Trost anerkennen.

Sprinterinnen jubeln

Zum Jubeln und Durchleben heftiger Freuden hatten hingegen die derzeit schnellsten Schweizer Sprinterinnen Anlass. Sie realisierten am Wochenende als Staffelquartett das, woran sie erst in den letzten Wochen ernsthaft zu glauben begonnen hatten. Woran sie aber seit zwei Jahren unter Trainer Laurent Meuwly konsequent und zielgerichtet gearbeitet haben: die Olympia-Qualifikation

In neue Regionen mussten sie sich im kühlen Norden mit der «eckigen Bahn» vorarbeiten. Das glückte. Am Samstag legte das Quartett Michelle Cueni, Jacqueline Gasser, Ellen Sprunger und Léa Sprunger die Bahnrunde in 43,51 Sekunden zurück – drei Zehntel unter der bisherigen Bestmarke. Und am Sonntag  bestätigten die vier Frauen im EM-Final mit 43,61 diese Zeit – obwohl sie nun die schwierig zu laufende Bahn 1 zugeteilt erhalten hatten.

Von einer «unglaublichen Freude», sprach die Bündnerin Gasser. Diese offen äussern wollte sie allerdings nicht. «Die Deadline für den Qualifikationswert ist erst am Montag, ich glaub es erst, wenn ich’s schwarz auf weiss habe.» Gefahr indes ist keine mehr angesagt. Offizielle Ländervergleiche mit den in den Entscheidungskampf integrierten Equipen stehen keine mehr an. Dank den beiden Leistungen an dieser EM verbesserten sich die Schweizerinnen von Position 18 auf 14.

Durchwachsene Schweizer Bilanz

Die Olympia-Qualifikation der Frauen-Staffel liess sich zwar als schöner Erfolg feiern. Indes lässt die Schweizer Gesamtbilanz dieser kontinentalen Titelkämpfe doch einige Wünsche offen. Neben den beiden Sprintstaffeln gab es mit Weitspringerin Irene Pusterla (7.) eine einzige weitere Top-8-, sprich Final-Klassierung. Deren vier hatte sich Teamchef Peter Haas vorgenommen. Und erstmals seit 1982 kehren die Schweizer auch ohne Medaillengewinn von einer EM nach Hause.

«Uns fehlte das Aushängeschild, wie es vor zwei Jahren Viktor Röthlin, der Marathon-Europameister, gewesen ist», sagte der ehemalige Basler 400-m-Hürdenläufer Haas. Die Krux: An dieser Mini-EM wurden die Strassenlauf-Disziplinen nicht ausgetragen. In zwei Jahren in Zürich ist dies wieder ander.

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