Der Liverpool FC tritt in der Premier League auf der Stelle. Bei der torlosen Heimpartie gegen Sunderland wurde Captain und Club-Ikone Steven Gerrard weitgehend geschont – für den Showdown in der Champions League am Dienstag, wenn die Reds mit einem Spiel ein ganzes halbes Jahr retten können.
Die Symptome sind in den Wochen seit dem Hinspiel gegen den FC Basel die gleichen geblieben, aber die vermeintliche Ursache der roten Malaise gilt mittlerweile schon wieder als Heilmittel. «Ohne Steven Gerrard fehlt Liverpool der Antrieb», konstatierte der «Independent on Sunday» nach dem enttäuschenden 0:0 gegen Sunderland am Samstagmittag.
Brendan Rodgers hatte den Captain mit Blick auf den «must-win» Champions-League-Match am Dienstag bis zur 67. Minute geschont. Doch der Kurzauftritt des Veteranen brachte auch keine zählbaren Impulse im Stadion an der Anfield Road.
«Wir haben einen wichtigen Monat vor uns, es gibt keine Probleme, Stevie zu managen», musste sich der nordirische Trainer hinterher für seine Entscheidung rechtfertigen. Anfangs der Saison hatten viele Kritiker und Experten auf der Insel den 34-jährigen Gerrard noch als Schwachstelle ausgemacht und Rodgers empfohlen, ihn auf die Bank zu setzen.
Die Ratlosigkeit und Balotellis nächster Fauxpax
Der Stimmungsumschwung in Sachen «Stevie G» speist sich aus allgemeiner Ratlosigkeit an der Mersey. Der Tabellenneunte schafft es einfach nicht, Fahrt aufzunehmen. Hinten ist Torhüter Simon Mignolet noch immer für haarsträubende Patzer gut, am grössten sind die Probleme weiter im Sturm, wo der Weggang von Luis Suárez mit jedem Spiel gravierender erscheint.
Der von Rodgers als Nachfolger verpflichtete Mario Balotelli schiesst viel zu wenige Tore (eines in der Champions League, eine im Ligapokal, keines in der Liga) und schafft es derzeit mit dem ihm innewohnenden Hang zur Farce darüber hinaus, selbst vom Krankenstand aus Skandale anzuzetteln.
Der Italiener muss sich demnächst vor der Disziplinarkommission der Football Association verantworten, weil er in der vergangenen Woche unbedacht ein «Sei kein Rassist»-Bildchen von der Videospiel-Figur «Super Mario» im Internet verbreitet hat. In einer Unterzeile bedient das Sujet ein antisemitisches Ressentiment («er krallt Münzen wie ein Jude»).
Der Stürmer führte später zur Verteidigung an, dass seine Adoptivmutter jüdischen Glaubens sei. Ob das die FA überzeugt, ist allerdings zweifelhaft. Fünf Spiele Sperre werden als Strafmass gehandelt.
Gerrards Bedeutung für die Mannschaft
Balotellis beständig glückloser Landsman Fabio Borini (23, null Tore) und der Spätberufene Ricki Lambert (32, zwei Treffer) sind aktuell die einzigen Alternativen im Sturm. Das ist zu wenig für einen Verein mit grossen Ambitionen; vielleicht auch zu wenig, um in die Achtelfinals der Königsklasse vorzustossen.
Die Tristesse in der Offensive hat immerhin Gerrards Bedeutung für die Mannschaft wieder vergrössert. Der Ex-Nationalspieler brillierte vor sieben Tagen beim 3:1-Sieg in Leicester, dem überzeugendsten Auftritt seit langer Zeit, als angriffsfreudiger Spielmacher mit zwei defensiven Kollegen (Jordan Henderson und Lucas) im Rücken.
Der Verein hat Gerrard nach einigen Zögern kürzlich einen neuen Vertrag über die laufende Saison hinaus angeboten; Rodgers und die Club-Ikone versicherten öffentlich, dass Gerüchte über persönliche Differenzen nicht der Wahrheit entsprechen würden.
Der Geist von Olympiakos
Vor dem Besuch des Schweizer Meisters wird in Liverpool erstaunlich oft der Geist von «Olympiakos» beschworen. Gegen die Griechen gelang Gerrard vor zehn Jahren der entscheidende, fantastische Treffer (3:1) zur Qualifikation für die Achtelfinals. Das war das Mini-Wunder, ohne das es nie zum Jahrhundertfinale gegen den AC Milan in Istanbul und Liverpools Sieg im Elfmeterschiessen nach 0:3-Rückstand gekommen wäre.
Am Dienstag würde schon ein weniger wundersames 1:0 reichen, um die Gruppenphase zu überstehen. Rodgers braucht den Achtungserfolg, um zu zeigen, dass er die Mannschaft kontinuierlich nach vorne führen kann.
Momentan sieht es allerdings eher so aus, als ob Sunderlands Trainer Guy Poyet mit seiner ungeschönten Einschätzung richtig liegt. «Liverpool ohne Suárez ist nur Mittelmass», hatte der Uruguayer vor dem torlosen Kick erklärt.
Liverpool FC–FC Sunderland 0:0
Anfield Road. – 44’716 Zuschauer. – SR Swarbrick
Liverpool: Mignolet – Johnson, Skrtel, Touré, Moreno – Henderson, Lucas – Lallana (67. Gerrard), Coutinho (78. Markovic), Sterling – Lambert. – Nicht eingesetzt: Jones (T), José Enrique, Lovren, Allen, Emre Can.
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