Novak Djokovic schlägt Roger Federer knapp im Finale von Indian Wells und revanchiert sich so für die Niederlage in Dubai. Das hochklassige und spannungsgeladene Duell gab beiden Altmeistern Selbstvertrauen für kommende Aufgaben.
Nach dem Triumph im Wüstenfinale von Indian Wells kam die Frage so sicher wie das Amen in der Kirche. Die Frage an den Turniersieger Novak Djokovic, warum er seinen ersten Erfolg in dieser noch jungen Saison, den 3:6, 6:3, 7:6 (7:3)-Masterscoup gegen Roger Federer, ausgerechnet in Abwesenheit seines neuen Trainerstrategen Boris Becker und in Gegenwart seines langjährigen Coaches Marijan Vajda gefeiert habe.
Djokovic, wie immer hellwach auch beim Frage-und-Antwort-Spiel, parierte die kleine provokante Spitze in einem TV-Interview aber umgehend mit einem soliden Return. In solchen Mustern denke er «überhaupt» nicht, gab er fast staatsmännisch zu Protokoll und legte dann nach: «Boris ist eine ganz wichtige Stütze für mich, wir haben täglich miteinander telefoniert und die Spiele besprochen. Und Marijan ist immer wichtig für mich, er ist wie ein Bruder und Vater für mich.»
Dann schaute Djokovic den Ausfrager kurz und eindringlich an, setzte ein leicht ironisches Lächeln auf, ganz so, als amüsiere er sich über die simple Betrachtungsweise dieses kalifornischen Siegermoments.
Einfältiges Geraune
Tatsächlich wirkte die banale Konstruktion um Beckers Fehlen und Djokovics Gewinnen so schwächlich-einfältig wie all das Geraune, das zuletzt monatelang um Federer, den äusserst knapp gescheiterten Finalverlierer, angehoben hatte. Der sei erledigt, habe seine besten Tage, seinen Zenit hinter sich, solle doch besser aufhören, bevor er seinen Ruf und Ruhm endgültig beschädige, hatte man dem Grand Slam-Rekordchampion oft genug in der Saison 2013 nachgerufen.
Doch hier stand er nun in alter Kraft und Herrlichkeit, im Finale des grössten ATP-Wettbewerbs hinter den Majorturnieren, und verlor erst hauchdünn in der Glückslotterie des Tiebreaks gegen den Weltranglisten-Zweiten aus Serbien, erst der Matchball machte schliesslich nach zwei Stunden und 12 Minuten den Unterschied aus – 99 Punkte für Djokovic, 98 Punkte für Federer, den bravourösen zweiten Sieger. «Es ist am Ende immer auch ein bisschen Roulette», sagte Federer, «ein Punkt hier und da entscheidet alles. Da hat Novak seine Nerven aber auch besser zusammengehalten.»
Allen Zweifeln zum Trotz
Fakt ist: Sieger und Besiegter dieses hochklassigen, spannungsgeladenen Endspiels sind – allen Zweifeln zum Trotz – wieder tragende Säulen in der Machtarchitektur des Tennisbetriebs. Federer bestätigte in Indian Wells seine Renaissance nach dem schwierigen Jahr 2013, und Djokovic kommt nach seinem kräftezehrenden Schluss-Spurt der Vorsaison und dem Holperstart in die neue Spielzeit allmählich auf Betriebstemperatur – ganz einfach, weil er wieder voll bei Kräften ist und auch so langsam, aber sicher seine Siegermentalität zurückfindet.
Ob das Jahr 2014 tatsächlich so unberechenbar und überraschend werden könnte, wie es der Australian Open-Sieg von Stanislas Wawrinka ankündigte und verhiess, wird sich erst noch zeigen müssen – Djokovic und Federer, zwei der alten Hierarchen, stehen jedenfalls mit ihrer Stärke gegen diesen Trend. Und sie wissen, anders als einer wie Wawrinka oder andere Herausforderer, auch mit aller Routine und Erfahrung, was es heisst, sich im Champions League-Revier zu bewegen und tagtäglich im Scheinwerferlicht aufzuhalten.
«Ich gehe hier mit viel Selbstvertrauen weg»
Djokovic, der sich in Indian Wells auch von einer machtvollen Startoffensive Federers nicht in seinem Glauben und Willen bremsen liess, ist jedenfalls wieder zurück im Spiel um die grossen und sehr grossen Titel. Genau wie Federer, gegen den er zuvor im Finale von Dubai verloren hatte.
Auch für Djokovic blieb es kein Zufall, dass sich ihre langjährige Rivalität nun wieder in voller Dynamik entfaltete und in wiederholten Finalduellen widerspiegelte: «Roger spielt eindeutig besser als in den letzten 13, 14 Monaten. Ich gehe hier aber auch mit einer Menge Selbstvertrauen weg», sagte der 26-jährige Belgrader, der seinen 17. Masterssieg auch vor den Augen von Turnierimpresario Larry Ellison feierte, dem Milliardär und Begründer der Software-Schmiede Oracle.
Durch alle Höhen und Tiefen dieses Finales hatte sich Djokovic eine gewisse Unbeugsamkeit bewahrt, auch in jener Schlussphase, als Federer plötzlich noch einmal hochschaltete und ein 3:5-Defizit in eine 6:5-Führung verwandelte. Der «Djoker» indes blieb standhaft, glich zum 6:6 aus und profitierte dann von zwei, drei Leichtsinnsfehlern Federers im Tiebreak.
«Ich bin zufrieden mit dem Spiel, aber nicht mit dem Ergebnis», erklärte Federer hinterher. Immerhin rückte er nach dem Ausflug in die Wüste Kaliforniens wieder auf Platz 5 der Weltrangliste vor, rückte damit auch optisch die Verhältnisse im Spitzenterrain wieder etwas zurecht.
Very classy @rogerfederer at the #ceremony !!! GOAT …
— Boris Becker (@TheBorisBecker) 16. März 2014
Becker, der daheim in London während des Finals mal wieder als Twitterkönig allerlei Ein- und Ansichten zum Besten gab, wird in Miami wieder zum Team Djokovic stossen. Man befinde sich «immer noch in der Kennenlernphase», sagte Djokovic über den deutschen Ex-Star, «wir wachsen zusammen».
Kann sein, dass man in Miami auch wieder zusammen verliert. Aber die wahren Bewährungsproben für das ungewöhnliche Doppel kommen sowieso erst später, im Frühling und Sommer. Auf dem Sand von Paris, auf dem Rasen von Wimbledon. Dort wird dann wohl auch Federer wieder im Weg stehen – als potenzieller Spielverderber.