Arsenals Stadiongeschichte: Von einem mythischen Ort ins Raumschiff

Highbury – das war für viele Fussballfans, gerade auch aus der Schweiz, ein Sehnsuchtsort. Ein Stadion voller Mythen, ein Verein mit praller Geschichte. Nun erwartet Arsenal am Mittwoch den FC Basel in London – im Emirates Stadium, das 2006 eröffnet wurde und nur zwei Torwartabschläge entfernt von der alten Spielstätte liegt.

Die Heimstätte von Arsenal London: Unten das Highbury, das in eine Wohnanlage verwandelt wurde, mit der denkmalgeschützten Fassade des alten Stadions. Oben das 2006 eröffnete Emirates.

(Bild: Stuart MacFarlane/Getty Images)

Highbury – das war für viele Fussballfans, gerade auch aus der Schweiz, ein Sehnsuchtsort. Ein Stadion voller Mythen, ein Verein mit praller Geschichte. Nun erwartet Arsenal am Mittwoch den FC Basel in London – im Emirates Stadium, das 2006 eröffnet wurde und nur zwei Torwartabschläge entfernt von der alten Spielstätte liegt.

Plätzchen an der Eckfahne gefällig? 500’000 Pfund kostet eine Zwei-Zimmer-Wohnung mit 54 Quadratmetern im Highbury Stadium Square, der Wohnanlage auf dem Gelände der ehemaligen Arsenal-Spielstätte im Nordosten der Hauptstadt. Die Gunners haben unter anderem mit der Bebauung des alten, zwischen vier viktorianische Häuserzeilen eingepferchten Areals die Errichtung des Emirates Stadium zwei Ecken weiter finanziert.

Vom Mythos Highbury sind heute immerhin noch zwei denkmalgeschützte Tribünen, die Büste von Trainer-Legende Herbert Chapman (Meister 1931 und 1933) sowie die berühmten Marble Halls übrig geblieben – jene marmorne Art-Deco-Eingangshalle, die Arsenal auf der Insel zum Inbegriff der Noblesse, Eleganz und Respektabilität machte.

Chapman hatte sehr früh ein Gespür für Marketing und Event-Gastronomie: Der Verein regte die Umbenennung der nahegelegenen U-Bahn-Station in «Arsenal» an, worüber sich gegnerische Fans heute noch aufregen können. Und er stattete das Stadion mit einer Cocktail-Bar aus, in der die damalige Prominenz verkehrte. 1939 diente die Spielstätte als Kulisse des Filmes «The Arsenal Stadium Mystery», ein Schwarz-Weiss-Krimi, der sich um einen Mord auf dem Fussballfeld dreht.

» Wen es interessiert: Hier gibt es den Film in voller Länge

Mysteriöse Episoden aus der Urzeit von Highbury

Ein höchst mysteriöser Fall, das nur nebenbei, war auch der Aufstieg der Kanoniere in die erste englische Liga, die First Division, im Jahre 1919. Arsenal war in der letzten Spielzeit vor Kriegsende (1914/15) auf Platz fünf in der zweiten Liga gelandet, wurde aber an Stelle der besser platzierten Lokalrivalen von Tottenham Hotspur (Platz zwei in der Abschlusstabelle) ins Oberhaus aufgenommen.

Sport, Football, pic: 1950, An aerial shot shows action from an Arsenal home match at Highbury Stadium, London, showing a packed terrace at the famous

Eine Aufnahme aus dem Jahr 1950 im Highbury Stadium mit der berühmten Tribüne «Clock End». (Bild: Getty Images/Popperfoto)

Selbst die offizielle Website von Arsenal deutet an, dass Vereinsbesitzer Sir Henry Norris den Ligachef John McKenna wohl mit unlauteren Mitteln überzeugte, Arsenal den Vorzug zu gewähren. Die Spurs, vom Umzug der Gunners vom südlichen Stadtteil Woolwich in den Norden der Stadt im Jahre 1913 bereits arg genervt, wurden in der Folge dieser unverschämten Räuberei zu Todfeinden.

Das Emirates – Fluch und Segen zugleich

Das Emirates, ein gräuliches Raumschiff, das gleich hinter der belebten Holloway Road auf einer früheren Mülldeponie gelandet ist, war für Arsenal in den vergangenen zehn Jahren Fluch und Segen zu gleich. Mehr als 400 Millionen Pfund hat der 2006 fertiggestellte Bau verschlungen, die Zuschauerkapazität wurde gegenüber Highbury um mehr als ein Drittel auf 61’000 erweitert.

» Das Highbury bei Wikipedia
» Das Emirates auf der Webseite von Arsenal
» Noch mehr Bilder des Emirates

Kein Club in Europa verdient mehr an Spieltagen: mit Tausenden von Logen- und Ehrenplätzen sowie Jahreskarten, die im billigsten Fall 1014 Pfund kosten (Rekord in der Premier League; umgerechnet sind das circa 1270 Franken) setzte Arsenal 2014/15 pro Match im Schnitt 3,9 Millionen Pfund um.

Der Reibach geht auf Kosten der Stimmung. Im Vergleich zum mäuschenstillen Emirates, wo gerade an Champions-League-Abenden oft nur die Fans der Auswärtsmannschaft zu hören sind, war das als «library» (Bibliothek) verspottete Highbury der reinste Hexenkessel. Heute schaut man sich vor dem Stadionbesuch ausserdem besser die fünfseitige Hausordnung mit ihren peniblen Vorgaben an.

Noch hat sich das neue Stadion nicht ausgezahlt

Auch rein sportlich hat sich der Umzug noch nicht ausgezahlt. Um die Re-Finanzierung zu gewährleisten, musste sich Wenger nach dem Gewinn der vorerst letzten Meisterschaft 2004 auf dem Transfermarkt einschränken. Da zeitgleich Chelsea und Manchester City als Milliardärsvereine mit quasi grenzenlosen Möglichkeiten emporkamen, fiel der Verein in der Liga zurück.

«Wir mussten viel leiden», hat Wenger zugegeben. Und Mit-Eigentümer Alischer Usmanow glaubt: «Der Umzug hat Arsène zehn Jahre seiner Karriere gekostet.» Genügend Geld ist mittlerweile wieder da, der Elsässer gibt es jedoch nur höchst ungern aus.

Wengers Sturheit, die kalte, ganz auf gute Belüftung für den (mit Kunstfasern verstärkten) Naturrasen ausgerichtete Architektur sowie die relative Erfolglosigkeit sorgen dafür, dass sich die Fans im Emirates weiterhin nicht ganz heimisch fühlen.



<> at Emirates Stadium on August 16, 2014 in London, England.

Diese Optik erqartet die Fans des FC Basel am Mittwoch im 2006 eröffneten Emirates Stadium, wo Arsenal den Schweizer Meister in der Champions League empfängt. (Bild: Getty Images/David Price)

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