Auch dem Spitzkicker Koller macht dieser FCB Spass

Basel freut sich über einen Sieg gegen Lugano, den Captain Fabian Frei seinem Team vor 14 Tagen noch nicht vermacht hätte, Kevin Bua avanciert zum Mann der Woche und Trainer Marcel Koller räumt nach seinem Platzverweis ein, an seiner Technik feilen zu müssen.

Auf Marcel Koller wird diese Woche eine Zusatzschicht zukommen. Ballannahme und saubere Weiterleitung – so wird die Übung für ihn ungefähr gehen.

Das Spiel gegen Lugano hatte gerade seinen emotionalen Höhepunkt erfahren, der FCB seinen dritten, den entscheidenden Treffer erzielt, als Schiedsrichter Fedayi San plötzlich auf Koller zusteuerte und mit unmissverständlicher Geste dem Basler Trainer den Weg Richtung Tribüne anzeigte. 

Der Platzverweis für Koller in der vorletzten Minute der regulären Spielzeit befeuerte das Publikum zusätzlich. Auf San war man ohnehin nicht gut zu sprechen nach einigen diskutablen Entscheidungen, und mit dem Elfmeterpfiff gegen Eray Cömert vor dem 2:2 war vor allem Cömert selbst nicht einverstanden. Die Bilder zeigen (siehe auch Slideshow oben), dass Alexander Gerndt dem Basler Verteidiger auf den Fuss gestanden war – und nicht etwa umgekehrt.

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Es ging also hitzig zu und her in einer aufwühlenden zweiten Halbzeit, in der der FCB einen sicher geglaubten Vorsprung preisgegeben hatte. Und dann rollte der Ball in der Mixed Zone auf Koller zu. «Mit einer Spitzguuge habe ich leider den Linienrichter getroffen», erklärte sich der FCB-Trainer und fügte entschuldigend an: «Es war keine Absicht.»

Fabian Frei war einer derjenigen, die die Szene mitbekommen hatten, und der Captain machte sich selbstredend zum Anwalt seines Trainers: «Ich glaube nicht, dass er die Absicht hatte, den Linienrichter abzuschiessen.» Und augenzwinkernd fügte er an: «Sonst hätte er gut gezielt.»

Koller, der kein Erstlingstäter ist, was die Verbannung aus der Coaching Zone anbelangt, gab sich einsichtig: «Es ist korrekt, dass der Schiedsrichter mich auf die Tribüne schickt. Ich habe den Ball nicht richtig getroffen. Das heisst, ich muss an meiner Technik arbeiten.» 

Es ist anzunehmen, dass die Disziplinarwächter der Liga keine allzu grosse Sache aus dieser Szene machen werden. Es ist lange her, dass Koller in der Schweiz einen Klub trainiert hat und frühere Einträge ins Benimmregister dürften verjährt sein.

Mann der Woche: Kevin Bua

Gross auf eine Diskussion über den Schiedsrichter wollte sich Koller nicht einlassen, er beliess es bei einem salomonischen Urteil («Wir müssen uns generell steigern und die Schiedsrichter auch») und attestierte dem Gegner beim Elfmeter etwelches Geschick: «Alexander Gerndt fällt relativ gut.»

Völlig ironiefrei berichtete Valentin Stocker, der 75 Minuten lang von der Bank und der Seitenlinie aus einen Blick auf die Spielleitung hatte: «Ich habe dem Schiedsrichter nach dem Spiel zu einer guten Leistung gratuliert. So ist Fussball nun mal: Jeder sieht etwas anderes.» 

Kevin Bua schloss sich dem diplomatischen Weg an («Der Schiedsrichter ist nicht mein Problem.») und hatte ohnehin ganz andere Dinge zu erzählen. Zum Beispiel, wie er mit seinem raffinierten Freistoss flach unter der hochspringenden Abwehrmauer der Luganesi hindurch zur frühen Führung getroffen hatte.

«Man muss so etwas mal probieren», schilderte der 25-Jährige, der mit einem weiteren Treffer, seinem zweiten Doppelpack im Trikot des FCB, und der Vorlage per Cornerball zum Siegtreffer zum Mann des Spiels avancierte. Oder besser noch: zum Mann der Woche. Einer «perfekten Woche», wie Rückkehrer Stocker noch anzumerken beliebte.

Bua war es, der vorigen Samstag mit einem Eckball auf Eder Balanta zum 2:0 bei den Grasshoppers assistierte, er lupfte auch in Winterthur einen Eckball auf den Kopf von Silvan Widmer zum spielentscheidenden Tor und durfte sich nun ein uneingeschränktes Lob seines Trainers abholen: «Er hat sich für ein sehr gutes Spiel belohnt. Er ist schnell, trickreich und kann Tore schiessen. Er ist auf einem sehr guten Weg, Konstanz in seine Leistungen zu bringen.»

Koller: «Hätten mehr Ballbesitz gebraucht»

Jene Konstanz, die mit Bua die gesamte Mannschaft sucht. Denn nach einer ersten Halbzeit, bei der es einiges an Spielwitz zu sehen und lediglich die Chancenverwertung zu bemängeln gab, liess man den Gegner aufkommen. Und auch wenn der Anschlusstreffer ein unglückliches Eigentor von Ricky van Wolfswinkel war und der Ausgleich ein Elfmeter (Frei: «Das hätte man auch vorher schon besser verteidigen können»), so war doch wieder augenfällig, wie dem FCB in solchen Momenten die Souveränität abhanden kommt.

«Da waren wir zu hektisch, da hätten wir viel mehr Ballbesitz gebraucht, auch weiter weg vom Tor», analysierte Koller, «vielleicht ist es die gewisse Jugendlichkeit, dass wir immer noch drauf losrennen und versuchen, weitere Tore zu erzielen.»

54 Prozent Ballbesitz summierte der FC Lugano unter dem Strich, nicht schlecht für ein Spiel im Joggeli, aber auch nicht mehr aussergewöhnlich seit dem Umbruch beim FCB. Andere Indikatoren sprachen an diesem Nachmittag für die Basler. Sie begingen zum Beispiel deutlich mehr Fouls, was der kämpferischen, aggressiven Attitüde entspricht, die vom Trainer gefordert ist.

Frei: «Ein schöner Sonntag für uns»

Dass aus 24 Abschlüssen erst so spät das siegbringende dritte Tor entsprang, sorgte immerhin für einen spannenden Spielfilm. «Wir müssen es einfach früher entscheiden», meinte Fabian Frei, der als defensiver Mittelfeldspieler zwei Hochkaräter auf dem Fuss hatte und dabei einmal am Pfosten scheiterte. Trotzdem sprach er von einem «schönen Sonntag für uns», weil: «Vor zwei, drei Wochen hätten wir den Match nicht mehr gewonnen. Das zeigt, dass wir einen Schritt vorwärts gemacht haben. Das stimmt mich zuversichtlich.»

Zum dritten Mal hintereinander hatte Koller eine unveränderte Startelf auf den Platz geschickt, und man hatte durchaus den Eindruck, dass sich da ein paar Automatismen verfestigen. «Wenn nichts passiert, dann ist das ein Gerüst, das gut aussieht», sagt Koller, «wir sind erfolgreich und es macht Spass, von aussen zuzuschauen.» Das hat ein FCB-Trainer schon länger nicht mehr von sich gegeben.

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