Auch der FCB besteht aus Menschen

Selbst kein Tor kassiert zu haben – das nimmt der FC Basel aus dem 0:0 gegen den FC Zürich mit, von dem wiederum nur zu hoffen ist, dass die ultradefensive Einstellung nur eine vorübergehende Erscheinung darstellt.

Der Zuercher Stjepan Kukuruzovic, rechts, gegen den Basler Varela Adilson Cabral Tavarers, links, beim Fussball Meisterschaftsspiel der Super League zwischen dem FC Basel 1893 und dem FC Zuerich am Sonntag, 2. September 2012, im Stadion St. Jakob-Park in (Bild: Keystone/WALTER BIERI)

Selbst kein Tor kassiert zu haben – das nimmt der FC Basel aus dem 0:0 gegen den FC Zürich mit, von dem wiederum nur zu hoffen ist, dass die ultradefensive Einstellung nur eine vorübergehende Erscheinung darstellt. Und die Basler können nicht kaschieren, dass ihnen die jüngsten Nackenschläge in den Kleidern stecken.

Wie kann der Klassiker des Schweizer Fussballs der letzten Dekade verkommen zu einem weitgehend unansehnlichen Spiel, das den Namen nicht verdiente? Zumindest aus Zürcher Perspektive? Das Nullzunull heiligte die Mittel, und diese umschrieb ihr Trainer unumwunden.

«Wir wollten sehr gut verteidigen und Basel machen lassen», sagte Rolf Fringer. Man hatte auf Basler Ungeduld und Fehler lauern wollen. «Defensiv haben wir es hervorragend gemacht, wir haben gekrampft, haben die Räume zugemacht, sind viel gelaufen und haben ganz wenig zugelassen.»

Das erklärt den einen Teil eines höchstens für ein Trainerseminar tauglichen Spiels. Was Fringer auch einräumte: «Nach vorne haben wir zu wenig gemacht, den Ball beim Umschalten zu schnell verloren, und deshalb blieb es in der Offensive beim Stückwerk.» Das Teilziel Fringers war es – nach vier Gegentoren in Bern und deren drei in St. Gallen – defensiv solider zu sein. «Und das ist uns gelungen.»

Die Zürcher Weigerung

Heraus kam eine Verweigerung, an der Partie teilzunehmen, zumindest am Kern des Fussballspiels, nämlich lustbetont und mit ein wenig Risikobereitschaft das gegnerische Tor zu suchen. Josip Drmic und Davide Chiumiento rückten so weit nach hinten ein, dass die Zürcher Abwehr zeitweise einer Sechserkette glich, der Rest reihte sich vor dem Strafraum auf, und vorne führte Mario Gavranovic das Stürmerleben eines Einsiedlers. Man kann nur hoffen, dass es sich dabei nur über eine vorübergehende Zürcher Erscheinung handelt.

Fabian Frei konnte sich nicht daran erinnern, den FCZ oder überhaupt je eine andere Mannschaft so defensiv im St.-Jakob-Park erlebt zu haben. «Sie sind nicht einmal annähernd auf unser Tor gekommen. Es war Einbahnfussball, bei dem wir nicht die optimalen Mittel gefunden haben, um selbst ein Tor zu erzielen», sagte der Mittelfeldspieler.

Gefühlt besass der FCB vier Fünftel der Spielzeit den Ball, aber auch bei ihm bestand dieser Ballbesitz oft daraus, bloss nicht zuviel zu risikieren. Das Zentrum war verriegelt wie der Eingangbereich zum Gästesektor des St.Jakob-Park von der Polizei, und wenn dem FCB der Seitenwechsel einmal gelang, war es wie bei Hase und Igel: Der FCZ war schon da. «Es fehlt nicht viel», mutmasst Fabian Frei, «vielleicht am Durchsetzungsvermögen eines jeden Einzelnen, an diesem gewissen Etwas auf den letzten 20 Metern, von dem ich auch nicht weiss, was es ist.»

Die Enttäuschung steckt in den Kleidern

Am Selbstvertrauen, am Selbstverständnis und damit dann auch an der Potenz, einen so tief stehenden Gegner mit individuellen Qualitäten zu knacken, gebricht das Basler Spiel derzeit. Und auch dies lässt sich erklären mit den Umständen, aus denen der Titelverteidiger in diesen Match gestiegen war.

Enttäuschungen wie sie der FC Basel innert einer Woche hatte einstecken müssen, die beiden Niederlagen gegen Cluj, die verpasste Teilnahme an der Champions League und die Niederlage beim inzwischen zum Überraschungs-Tabellenführer mutierten Aufsteiger FC St. Gallen, sind selbst für eine vom Erfolg verwöhnte Mannschaft nicht von jetzt auf nachher aus den Kleidern zu schütteln.

Und ganz offenbar hat auch die Fussballstadt und ihre FCB-Fans ihre Mühe damit. Anders sind die Pfiffe und der Unmut von den Rängen nicht zu erklären. Sie galten weniger den Betonmischern aus Zürich als einem FCB-Team, das sich schwer tat – und dafür wenig Nachsicht von seinem anspruchsvollen Publikum entgegengebracht bekam.

Vogels schwer vermittelbare Ansicht

«Man muss sich mal vorstellen, dass auch meine Mannschaft aus Menschen besteht. Diese Menschen haben sportlichen Misserfolg einstecken müssen, und das drückt aufs Selbstbewusstsein. Das geht jedem Menschen so», warb Vogel um ein Verständnis, das inzwischen schwer vermittelbar ist im Fussball-Business.

«Nach einer turbulenten Woche kann ich der Mannschaft nur ein ganz grosses Kompliment machen. Es war keine leichte Situation, in der wir uns befunden haben, und defensiv aufgestellte Zürcher haben es für uns schwierig gemacht.» Es sei, so Vogel, wie meistens gewesen: «Extremer Ballbesitz gegen einen unglaublich massiv stehenden Gegner.»

«Gegen den FCZ haben wir es aber geschafft, spielbestimmend zu sein und Konter zu vermeiden, bei denen wir nicht gut positioniert sind. Das war das erste, was wir abstellen wollten. Und deshalb ist die Null hinten das, was sehr viel Selbstvertrauen gibt. Das hat die Mannschaft sehr, sehr gut gemacht. Das geht vielleicht zu Lasten des letzten Angriffsdrittels. Aber eines nach dem anderen.»

Alex Frei sieht FCB auf Weg der Besserung

Der Trainer findet, dass man auf dieser Leistung aufbauen könne, und Alex Frei sieht das ähnlich. Vor dem Spiel durfte der Goalgetter die reichlich verspätete Ehrung zum Torschützenkönig der vergangenen Saison aus den Händen von Liga-Präsident Heinrich Schifferle entgegen nehmen. «Ich freue mich, dass man noch daran gedacht hat», sagte Alex Frei mit einem maliziösen Lächeln.

Nach dem Spiel, mit dem Frei seit Ende Juli und inklusive Verletzungspause nun seit ungewohnt langer Zeit einem Treffer hinterherläuft, sah der Routinier seine Mannschaft «auf dem Weg der Besserung». Diese Pfade können verschlungen sein im Sport, und deshalb gemahnte Frei auch gleich an den nächsten Schritt: «Wir müssen daran schaffen, Lösungen zu finden, die es braucht, um gegen einen solchen Gegner zu gewinnen.»

FCB-Nationalspieler unterwegs

Drei Wochen dauert es, bis die Super League fortgesetzt wird. Für den FC Basel mit der Partie am 23. September (16.15 Uhr) bei den Young Boys. Davor steht noch der Cup-Erstrundenmatch in Amriswil an (15. September, 16.30 Uhr). Zu einem Freundschaftsspiel aus Anlass des 111-Jahre-Jubiläums des FC Solothurn tritt der FCB am kommenden Freitag, 7. September (18.30 Uhr) in der Kantonshauptstadt gegen den 1.FC Kaiserslautern ab.

In der Länderspielpause stellt der FCB zehn Spieler ab. Yann Sommer und Valentin Stocker wollen mit der Schweizer Nationalmannschaft am kommenden Freitag in Slowenien und am Dienstag darauf in Luzern einen guten Einstieg in die WM-Qualifikation schaffen.

Auf Reisen sind auch Aleksandar Dragovic, Joo Ho Park, Marcelo Diaz und Jacques Zoua. Ebenfalls abgestellt wird Mohamed Salah, der gerade einen Muskelfaserriss überwunden hat und in Absprache mit dem FCB für Ägypten im zweiten der beiden anstehenden Länderspiele zum Einsatz kommen soll.

Fabian Schär ist als einziger FCB-Spieler mit der Schweizer U21 unterwegs, die EM-Qualifikationsspiele am Donnerstag in Sion (gegen Spanien) und Montag in Thun (gegen England) bestreitet. Ausserdem sind Simon Grether und Darko Jevtic für die U20-Länderspiele in Polen (Mittwoch) und am kommenden Montag in Bellinzona gegen Italien aufgeboten. Stjepan Vuleta musste wegen einer in Cluj im Abschlusstraining zugezogenen Muskelverletzung absagen.  (cok)

Wie es den drei Gegnern des FC Basel in der Europa League am Wochenende erging, darüber informiert die Website des FC Basel.

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