Auf diese Widersacher aus Sevilla trifft der FC Basel am Donnerstag

Der FC Basel hatte den zu schnell fahrenden Raul Bobadilla. Der Sevilla FC hat einen Offensivmann, der sein Auto mit dem Fuss stoppen wollte und sich dabei das Bein brach. Éver Banega ist nicht die einzige bemerkenswerte Persönlichkeit im Kader der Andalusier. Einen Tag vor dem Achtelfinal-Hinspiel stellen wir sie Ihnen vor.

epa05169074 Sevilla's player Fernando Llorente (3R) celebrates with teammates after scoring against Molde FK during their Europa League round of 32 first leg soccer match at Sanchez Pizjuan stadium in Seville, Spain, 18 February 2016. EPA/Jose Manuel Vidal

(Bild: EPA/JOSE MANUEL VIDAL)

Der FC Basel hatte den zu schnell fahrenden Raul Bobadilla. Der Sevilla FC hat einen Offensivmann, der sein Auto mit dem Fuss stoppen wollte und sich dabei das Bein brach. Éver Banega ist nicht die einzige bemerkenswerte Persönlichkeit im Kader der Andalusier. Einen Tag vor dem Achtelfinal-Hinspiel stellen wir sie Ihnen vor.

Der Sevilla FC gehört zu den Mannschaften, die in keiner Facette einzigartig sind, aber alles ziemlich gut können. Kombinieren oder kontern; vertikal durch die Schnittstellen angreifen oder mit den Aussenverteidigern ein Übergewicht auf den Flügeln herstellen; und nicht zuletzt ihre Gegner physisch dominieren.

Unsere weitere Berichterstattung zum Sevilla FC
» Interview mit Sportchef Ramón Rodríguez Verdejo, genannt Monchi
» Porträt des Trainers Unai Emery 

Hinzu kommt das pragmatische Coaching von Trainer Unai Emery, der sein grosses Kader voll auszuschöpfen pflegt und insbesondere auf den wichtigen Halbstürmerpositionen in seinem bevorzugten 4-2-3-1-System über zahlreiche Optionen verfügt. Je nach Gegner variiert seine Elf stark in Aufstellung und Taktik, je nach Spielverlauf krempelt sie Emery mit Auswechslungen während der Partie noch einmal komplett um. Nicht zuletzt dieser chamäleonhafte Charakter macht den Europa-League-Sieger der vergangenen beiden Jahre, den diesjährigen Pokal-Finalisten in Spanien (22. Mai gegen den FC Barcelona) und Achtelfinalgegner des FC Basel (Hinspiel am Donnerstag um 19 Uhr), zum Cup-Spezialisten.

Angesichts der vielen Rotationen und Varianten ist Sevilla nicht gerade die optimale Spielwiese für Individualisten. Über interessante Einzelspieler verfügt das Kader trotzdem. Wir stellen einige Protagonisten vor – natürlich ohne Einsatzgarantie.

Sergio Rico, Tor



Football Soccer - Barcelona v Sevilla - Spanish Liga BBVA - Camp Nou stadium, Barcelona - 28/2/16Barcelona's Luis Suarez tries to scores a goal against Sevilla's goalkeeper Sergio Rico. REUTERS/Albert Gea

Sergio Rico im Duell mit Barcelonas Luis Suarez. (Bild: Reuters/ALBERT GEA)

Das 22-jährige Eigengewächs ist aktuell Sevillas sicherster Kandidat für einen Platz im EM-Kader von Spaniens Auswahltrainer Vicente del Bosque. Hinter Iker Casillas und David De Gea belegt er Platz drei im nationalen Torhüter-Ranking.

Umso überraschender mag erscheinen, dass Rico von Teilen der Sevilla-Fans und klubnahen Medien mit einem gewissen Argwohn verfolgt wird. Weil der Prophet im eigenen Land am wenigsten gilt? Tatsächlich spielt der gebürtige Sevillaner manchmal noch etwas unausgegoren. Sein Idealmass von 1,95 Meter und seine Reflexe lassen jedoch eine ansehnliche Karriere vorausahnen. Insbesondere wenn er viel beschäftigt wird, hat Rico diese Saison schon hervorragende Partien abgeliefert – etwa bei Sevillas Heimsiegen gegen Barcelona und Real Madrid.

In der Europa League durfte zuletzt gegen Molde FK der gleichaltrige Ersatzmann David Soria das Tor hüten. Emery ist allerdings kein Trainer, der Wettbewerbe fest unter den Torleuten verteilt. Ob Rico am Donnerstag seinen Stammplatz einnimmt, wird daher auch verraten, für wie gefährlich der Coach die Basler Offensive einschätzt.

Benoît Trémoulinas, Aussenverteidiger 

Der 30-Jährige, einer von fünf Franzosen im Kader, galt vor Jahren bei Girondins Bordeaux als Hoffnungsträger auf einer notorischen Problemposition im internationalen Fussball. Dann wechselte er zu Dynamo Kiew und ward praktisch nicht mehr gesehen. Sevillas Sportdirektor Monchi verlor ihn jedoch nie vom Radar, und als er im Sommer 2014 kurzfristig Ersatz für den jungen Alberto Moreno benötigte, fand er ihn schnell. Die Kennziffern verraten ein klassisches Sevilla-Geschäft: Moreno ging für 20 Millionen Euro nach Liverpool, Trémoulinas kam für vier Millionen aus Kiew.

16 Millionen Gewinn – und alles andere als eine sportliche Verschlechterung. Trémoulinas verteidigt sicher, kombiniert hervorragend, wählt das richtige Timing für seine Vorstösse, ist schnell und kann exzellent flanken. Will man ihn glücklich machen, vergleicht man ihn mit seinem Vorbild Bixente Lizarazu. In den letzten Wochen zeigte er so stabile Bestform wie kein anderer Teamkollege. 

Éver Banega, zentrales Mittelfeld 



epa05196716 Sevilla FC's Argentinian midfielder Ever Banega (R) fights for the ball with defeneder Pablo Sarabia (L) of Getafe CF during their Primera Division soccer match played at Coliseo Alfonso Perez stadium in Getafe, Madrid, Spain on 05 March 2016. EPA/JAVIER LIZON

Ever Banega (rechts) im Duell mit Getafes Pablo Sarabia. (Bild: EPA/JAVIER LIZON)

Noch ein klassischer Sevilla-Transfer: Als Monchi den Argentinier im Sommer 2014 für zwei Millionen Euro aus Valencia verpflichtete, glaubte in Spanien niemand mehr an ihn. Banega war mehr für seine Skandale bekannt als für sein unzweifelhaftes Können. Beispielsweise war er betrunken zum Training gekommen, hatte seinen Ferrari in Flammen aufgehen gesehen oder masturbierend ein Internet-Video geschmückt. Den Vogel schoss er ab, als er an einer Tankstelle seinen rollenden Audi mit dem Fuss stoppen wollte – Schien- und Wadenbeinbruch, acht Monate Pause.

Doch wer aus Argentinien kommt und zu solchen Episoden imstande ist, der kann meistens auch ziemlich gut Fussball spielen. Banega, 27, ist ein kompletter Spielmacher, ob aus dem hinteren Mittelfeld oder von der Zehnerposition. Wie wichtig er für seine Mannschaft ist, war in den letzten beiden Spielen gegen Eibar (1:0) und in Getafe (1:1) zu sehen. Nach seiner Auswechslung verlor Sevilla jede Kontrolle.

Emery trainierte ihn schon in Valencia, betont aber gern, dass er nicht auf die Idee mit der Verpflichtung Banegas gekommen wäre. Doch in der Wohlfühloase Sevilla ist der Regisseur endlich auf der Höhe seines Talents angekommen, auch in der argentinischen Nationalelf gehört er jetzt wieder zum festen Inventar. Da könne ein bisschen Dankbarkeit nicht schaden, findet die lokale Sportzeitung «Estadio Deportivo» und schreibt von einer «moralischen Schuld» gegenüber dem Verein. Banegas Vertrag nämlich läuft aus und seine Agenten bestreiten die Rechtmässigkeit einer Verlängerungsoption des Vereins. Herz oder Verstand? Anderswo könnte Banega mehr verdienen, an Interessenten fehlt es nicht. Doch in Sevilla hoffen sie noch, dass er nicht vergessen hat, wo er herkam, als Monchi ihn dem Trainer aufschwätzte.

Vitolo, Flügelspieler 



epa05185605 Sevilla FC's player Vitolo celebrates after scoring the opening goal against FC Barcelona during the Spanish Liga Primera Division soccer match played at Camp Nou stadium in Barcelona, Spain, 28 February 2016. EPA/Alberto Estevez

Vitolo feiert seinen Treffer gegen den FC Barcelona. (Bild: EPA/ALBERTO ESTEVEZ)

Mit den Grashoppers hat zuletzt vor zehn Jahren eine Schweizer Mannschaft gegen Sevilla gespielt. Was nicht bedeutet, dass nicht vor Kurzem Schweizer gegen Sevilla gespielt haben – und sich dabei fürchterlich über einen Gegenspieler aufregten, Rechtsaussen Vitolo. «Dass der so lange liegen bleibt, als hätte ich ihm den Fuss gebrochen, hat nichts mit Fairplay zu tun», sagte Granit Xhaka, nachdem er vorige Saison bei Borussia Mönchengladbachs Ausscheiden aus der Europa League wegen eines Fouls an Vitolo die Gelb-Rote Karte gesehen hatte. Und als es beim selben Aufeinandertreffen am ersten Spieltag der diesjährigen Champions League ein 0:3 in Sevilla mit drei Elfmetern für die Spanier gab, schimpfte Trainer Lucien Favre: «Vitolo ist der beste Schauspieler der Welt.»

Daneben ist Vitolo allerdings auch ein exzellenter Fussballer, der mit Wucht und Dynamik gegnerische Abwehrreihen aufbricht. Dafür, dass ihm die Technik dabei keine Probleme macht, bürgt schon seine Herkunft von den Kanaren, wo Spanien nicht nur geografisch näher an Südamerika rückt als auf dem Festland. Seine körperlichen Fähigkeiten wiederum – kein Spieler bei Sevilla läuft so viel und absolviert dabei so viele Sprints – führen sie im Klub auch auf genetisches Glück zurück.

Vitolo, 26, ist mit seinen Qualitäten ein Emery-Spieler par excellence. Als er vor zweieinhalb Jahren ohne grossen Namen für 3,5 Millionen Euro aus Las Palmas kam, wurde er vom Publikum leicht übersehen. Beim Trainer hatte er sofort einen Stein im Brett. Inzwischen debütierte er auch in der spanischen Nationalelf.

Kévin Gameiro, Mittelstürmer 



epa05185604 FC Barcelona's Chilean goalkeeper Claudio Bravo (L) duels for then ball with Sevilla FC's French Kevin Gameiro (R) during the Spanish Liga Primera Division soccer match played at Camp Nou stadium in Barcelona, Spain, 28 February 2016. EPA/Alberto Estevez

Kevin Gameiro (rechts) im Duell mit Barcelonas Torhüter Claudio Bravo. (Bild: EPA/ALBERTO ESTEVEZ)

Die Schnelligkeit von Kévin Gameiro ist ein Spektakel für sich – und für die Gegenspieler ein permanenter Stressfaktor. Beim Pressing kommt er mal schleichend von hinten, mal frontal von vorn, immer dazu geneigt, Unruhe zu provozieren. Mit dem Ball sollte man ihm sowieso keinen Raum geben. Der 28-Jährige ist ein idealer Konterstürmer, die perfekte Waffe gegen weit aufrückende Abwehrreihen.

Damit sind die Qualitäten von Gameiro aber noch nicht abschliessend beschrieben, weshalb der Sohn portugiesischer Einwanderer nach Frankreich diese Saison bei Sevilla zum Stürmer Nummer eins aufgestiegen ist. In den ersten beiden Jahren seit seinem Wechsel von Paris St-Germain hatte er noch etwas im Schatten von Carlos Bacca gestanden, und als dieser zur AC Milan wechselte, wurde in Fernando Llorente und Ciro Immobile gleich doppelt hochkarätiger Ersatz verpflichtet. Doch Immobile kickt schon wieder in seiner italienischen Heimat und Llorente kommt gerade auf die Hälfte der 2448 Spielminuten von Gameiro, einem der Publikumslieblinge. 

So eins ist er mit Sevilla, dass seine persönlichen Statistiken die erstaunliche Heim-/Auswärtsschere der Mannschaft im Extrem spiegeln: Von seinen 19 Tore in allen Wettbewerben erzielte er 17 im Estadio Ramón Sánchez Pizjuan.

Coke, Aussenverteidiger



Football Soccer - Barcelona v Sevilla - Spanish Liga BBVA - Camp Nou stadium, Barcelona - 28/2/16Barcelona's Andres Iniesta fights for the ball against Sevilla's Coke. REUTERS/Albert Gea

Coke (rechts) im Duell mit Andres Iniesta. (Bild: Reuters/ALBERT GEA)

Wenn Lucien Favre das wüsste: Sevillas Vize-Kapitän (und wahrscheinlicher Spielführer im St.-Jakob-Park) spielt tatsächlich Theater. Wenn auch nur zum Hobby. Sein Traum: «Ich möchte ein Stück machen: ‹Sevilla Fútbol Club: das Musical›.»

Grzegorz Krychowiak, defensives Mittelfeld

Imposantes Laufpensum, enorme Physis, überragende Präsenz, gejagt von halb Europa. Die gute Nachricht für den FC Basel? Der Pole erholt sich noch von einer Knieverletzung und hat die Reise in die Schweiz nicht angetreten. 

Jewgeni Konoplyanka, offensives Mittelfeld

Wahrscheinlich Sevillas Spieler mit dem grössten Talent. Aber eben auch Ukrainer. Ist es die Sprachbarriere? Osteuropäische Schwermut? Demonstriert hat er seine Klasse seit dem ablösefreien Wechsel im Sommer von Europa-League-Finalgegner Dnjepropetrowsk nur zu seltenen Anlässen. «Jewgeni ist ein sehr lustiger Typ, aber der spanische Humor ist eben anders», sagt der ukrainische Physiotherapeut, den ihm der Verein eigens zur besseren Integration verpflichtet hat.

José Antonio Reyes, Flügelspieler

Erlöste seinen Jugendklub von allen Geldproblemen, als er 2004 für 35 Millionen Euro zu Arsenal wechselte. Durfte auch deshalb Anfang 2012 natürlich zurückkommen, als seine Karriere zu verwelken drohte. Der Kapitän hat immer noch einen feinen Fuss, aber auch zunehmend Probleme mit der Intensität und daher eine On-off-Beziehung zu Emery. Gegen Basel nicht mal in das 21-Mann-Kader berufen. 

Fernando Llorente, Mittelstürmer



Football Soccer - Sevilla v Molde FK- UEFA Europa League Round of 32 First Leg - Ramon Sanchez Pizjuan stadium, Seville - 18/2/16 Sevilla's Fernando Llorente (C) scores against Molde. REUTERS / Marcelo del Pozo

Fernando Llorente trifft gegen Molde. (Bild: Reuters/MARCELO DEL POZO)

Als der attraktive Ex-Nationalspieler im Sommer von Juventus Turin verpflichtet wurde, kreischten die Teenager und träumten die Fans. Erweist sich bisher allerdings oft als zu statisch für Sevillas Spiel und wird von Emery fast exklusiv als Rammbock gegen robuste Abwehrreihen eingesetzt. Gelohnt hat sich der Transfer dennoch: Sein Tor gegen Ex-Klub Juventus rettete Sevilla im Dezember den Einzug in die Europa League.

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