Bacsinszky in den Viertelfinals: «Ein Gefühl totaler Freude»

Timea Bacsinszky ist nicht zu stoppen. Nach ihrem Sieg gegen die Rumänin Niculescu stösst die junge Westschweizerin in neue Dimensionen vor.

«Der reine Wahnsinn, was sie momentan leistet.» Nicht nur ihr Trainer ist nach Bacsinszkys Auftritt völlig aus dem Häuschen.

(Bild: STEFAN WERMUTH)

Timea Bacsinszky ist nicht zu stoppen. Nach ihrem Sieg gegen die Rumänin Niculescu stösst die junge Westschweizerin in neue Dimensionen vor.

Es war genau 16.44 Uhr an diesem Manic Monday im All England Club, als ein lauter, ein sehr lauter Aufschrei der Erleichterung über Platz 18 hallte. Es war der wirklich unüberhörbare Moment, in dem Timea Bacsinszky ihrem glänzenden Tennisjahr die Krone aufsetzte, am wichtigsten Schauplatz der Welt: «Das ist unglaublich, ein Gefühl totaler Freude», sagte die 26-Jährige nach ihrem 1:6, 7:5, 6:2-Sieg über die Rumänin Monica Niculescu, der sie in bisher ungekannte Dimensionen und unerforschtes Terrain vorrücken liess – nämlich in die erlesene Runde der letzten Acht. 

Überglücklich liess Bacsinszky nach dem erfolgreichen Zermürbungskampf gegen die Schnibbelkönigin den Schläger aus der Hand fallen, konnte danach ihre Tränen nicht mehr zurückhalten. «Es ist der reine Wahnsinn, was sie im Moment leistet», sagte Trainer Dimitri Zavialoff, der wie auch der Rest der Bacsinszky-Entourage und viele Schweizer Fans lange um den Triumph zittern musste.

Bencic scheitert an Ex-Nummer 1

Allerdings trennten sich an diesem vollgepackten Montag mit allen Ausscheidungsmatches im Achtelfinale die Wege der beiden bisher im Gleichschritt vorwärts marschierenden Schweizerinnen: Für die 18-jährige Belinda Bencic erwies sich die Hürde gegen die ehemalige Weltranglisten-Erste und zweimalige Australian-Open-Siegerin Viktoria Azarenka noch als zu hoch – trotzdem hinterliess die Teenagerin auch bei der 2:6, 3:6-Niederlage einen keineswegs schwachen Eindruck, bot der Favoritin einen starken Fight, zwang sie zur Aufbietung ihres ganzen Könnens.

Exakt acht Minuten nach dem Coup von Bacsinszky, um 16.52 Uhr Schweizer Zeit, verliess Bencic Platz 12, nach einem Turnierauftritt, der Mut für die kommenden Jahre machte. «Ich nehme tolle und wichtige Erfahrungen mit», sagte Bencic, «ich muss mich nicht ärgern über Wimbledon 2015, ganz im Gegenteil.»

Bacsinszky ist die erste Schweizer Viertelfinalistin in Wimbledon seit Martina Hingis.

Bacsinszkys Traumlauf der letzten Wochen, eigentlich der ganzen Spielzeit 2015, geht derweil auch bei den Offenen Englischen Meisterschaften in die Verlängerung – Ende offen. Noch im Vorjahr musste sich die Romande durch die Qualifikation quälen, schied dann in der zweiten Runde klar gegen Maria Scharapowa aus. Nun ist sie eine von bloss noch acht Spielerinnen, die das bedeutendste Turnier des Planeten gewinnen könnten – und ganz nebenbei auch die erste Schweizer Viertelfinalistin in Wimbledon seit Martina Hingis im Jahr 2000.

Als Nächstes gibt es auf dem Rasen Wimbledons ein Grand-Slam-Wiedersehen mit der Spanierin Garbine Muguruza, gegen die Bacsinszky zu Saisonbeginn bei den Australian Open in drei Sätzen verloren hatte. Muguruza schlug am Montag etwas überraschend die Dänin Carolina Wozniacki mit 6:4 und 6:4.

Bacsinszky bestätigte auch gegen Niculescu ihre gegenwärtig starke mentale und physische Verfassung, überwand den Härtetest gegen die unkonventionelle Rumänin nach völlig verkorkstem Auftakt schliesslich mit Bravour. Und blieb nach dem Erreichen des Pariser Halbfinale mit dem jetzt erfighteten Wimbledon-Viertelfinalticket auch weiter die grosse Entdeckung dieser Saison, die Überraschungsfrau der Tour. Mit einem Halbfinalvorstoss könnte die 26-Jährige sogar unter die Top 10 der Weltrangliste nach Wimbledon einziehen.

Serena gewinnt Williams-Duell

Serena Williams hielt währenddessen ihre Hoffnungen auf den Serena Slam (vier Turniersiege hintereinander) und den echten Grand Slam (vier Turniersiege in einem Kalenderjahr) aufrecht – die beherrschende Spielerin dieser Epoche liess sich im 26. Sister Act nicht von Schwesterherz Venus aufhalten und zog mit einem 6:4, 6:3-Sieg ins Viertelfinale ein. «Man hat immer gemischte Gefühle, wenn man jemanden besiegt, den man liebt und verehrt», sagte die 33-Jährige, die inzwischen den 33. Matcherfolg bei den Majors in Serie feierte und seit der Auftaktrunde der US Open 2014 bei Grand Slams unbezwungen ist.

Es könnte eines der letzten Schwesternduelle auf den grossen Tennisbühnen gewesen sein, immerhin ist die an der Autoimmunkrankheit «Sjögren-Syndrom» leidende Venus Wiliams schon 35 Jahre alt. «Am Ende des Spiels habe ich mich auch gefragt, wie oft wir das noch erleben werden – Venus gegen mich auf einem Court», sagte Serena Williams. Sie selbst könnte mit einem Pokalcoup in Wimbledon den 21. Grand-Slam-Titel gewinnen und damit ganz nah an Steffi Graf heranrücken, die bisher die Rekordmarke von 22 Grand-Slam-Erfolgen in der modernen Profiära hält.

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