Die 25-jährige Waadtländerin Timea Bacsinszky setzt sich in der ersten Runde an den Australian Open gegen die Serbin Jelena Jankovic durch. Ihr Sieg ist der bisher grösste Schweizer Paukenschlag an diesem Turnier.
Der Pokalverteidiger Stan Wawrinka hatte seinen ersten Auftritt mit beinahe unheimlicher, geräuschloser Präzision bereits erledigt, da folgte erst noch der grösste Schweizer Paukenschlag in dieser ersten Australian-Open-Runde – abseits aller Schlagzeilen um die in Melbourne mitfavorisierten Herrschaften Federer und Wawrinka.
So traumhaft sicher wie Titelhalter Wawrinka bei seinem 6:1, 6:4 und 6:2-Sieg gegen den Türken Marcel Ilhan, aber eben doch komplett unerwartet rauschte auch Comeback-Künstlerin Timea Bacsinszky zu einer 6:1, 6:4-Sensation gegen die an Nummer 15 gesetzte Serbin Jelena Jankovic. Es war der vorläufige Höhepunkt einer erfolgreichen Rückkehr-Mission der einst hochgehandelten Juniorenspielerin, die 2013 vor dem traurigen Abschied aus dem Tenniszirkus gestanden hatte – nun aber wieder ein starkes Stück Schweiz in diesem globalen Unterhaltungsgeschäft war.
«Ich lebe gerade meinen Traum. Das ist wirklich die beste Zeit meines Lebens», sagte die 25-jährige Waadtländerin, die in der gerade angelaufenen Saison zu den wertbeständigsten Spielerinnen zählt. Denn mit dem glatten Zwei-Satz-Sieg gegen die ehemalige Grand-Slam-Gewinnerin Jankovic bestätigte Bacsinszky nur den langfristigen Aufwärtstrend und die aktuell gute Form, die sie Anfang 2015 auch schon ins Finale des WTA-Wettbewerbs von Shenzhen geführt hatte.
Wawrinka als Vorbild
Statt einer beruflichen Neuorientierung ins Hotelfach servierte die tatkräftige Eidgenossin nun wieder serienweise Volltreffer auf dem Centre Court und durfte allmählich auch höhere Ziele ins Visier nehmen – nicht zuletzt einen Vormarsch in noch exklusivere Regionen der Tennis-Hierarchie vom jetzigen Platz 41. «Die Zuversicht und das Selbstvertrauen sind wieder da», sagte Bacsinszky, «aber ich bleibe jetzt mit beiden Beinen auf der Erde, erwarte jetzt nichts Utopisches.» Allerdings musste Bacsinszky nicht angst und bange sein vor der nächsten Melbourne-Bewährungsprobe gegen die Amerikanerin Ana Tatischwili, die sich etwas überraschend gegen Alterspräsidentin Kimiko Date-Krumm durchgesetzt hatte.
Als berufliche Orientierungspunkte nimmt sich Bacsinszky – durchaus naheliegend – die eigenen Landsleute Federer und Wawrinka. Deren tägliche Hingabe an den Sport sei «wirklich beispielhaft», sagt sie. Der lange Anlauf Wawrinkas bis hinein in die Weltspitze habe ihr auch den Mut verliehen, «sich noch mal voll reinzuhauen» ins Profitennis und auch eine noch «bessere, professionellere Einstellung» zu entwickeln: «Ich arbeite nun viel intensiver, aber auch präziser. Ich nutze jede Minute im Training optimal aus. Das sieht man meinem Spiel sicher an.»
Überzeugender Wawrinka
Der von Bacsinszky hochgelobte Wawrinka bewältigte die heikle Rückkehr in die Rod-Laver-Arena – Schauplatz seines ersten Grand-Slam-Triumphs vor Jahresfrist – mit einer bemerkenswerte Attitüde der Selbstverständlichkeit. Von Versagensängsten, Druckgefühlen oder Zweifeln war keine Spur im Spiel des inzwischen in der Weltspitze etablierten «Stanimals», nicht die geringsten Aufregereffekte lieferte der makellose Drei-Satz-Durchmarsch gegen den überforderten Ilhan. «Wenn man so gewinnt, muss man zufrieden sein, sehr zufrieden sogar», sagte der 29-jährige Wawrinka, der immerhin den mentalen Ballast abzuschütteln hat, hier in Melbourne satte 2000 Weltranglistenpunkte und damit auch seinen Platz ganz vorne im ATP-Revier zu verteidigen.
Wobei Melbourne sowieso nur ein Grundrauschen wiedergibt, das Wawrinka auf all seinen Wegen in dieser Saison begleiten wird: Den Kampf nämlich, den wertvollen Status als Top-Ten- oder bestenfalls Top-Five-Spieler zu erhalten. Damit würde er sich eine günstige Platzierung in den Setzlisten sichern – und könnte letztlich aus einer unveränderten Position der Stärke auch weitere Titelmissionen in Angriff nehmen. Den Anfang hat Wawrinka gemacht, aber viel liegt (hoffentlich) noch vor ihm am Yarra River. Dort, wo seine persönlich grösste Stunde 2014 schlug, will er weiter frohgemut ans Hand-Werk gehen, auch in der nächsten Runde gegen den rumänischen Qualifikanten Marius Copil, die Nummer 194 der Welt.