Die Basler St. Jakobshalle wird am Sonntag (14.30 Uhr) mit über 6000 Zuschauern die grösste Kulisse für ein Spiel der Schweizer Handball-Auswahl seit fast 30 Jahren bilden. In der EM-Qualifikation ist Frankreich der Gegner, die herausragende Handball-Nation der Gegenwart.
Nicolas Raemy (vorne) und Daniel Fellmann nach einem Tor in Mazedonien, wo der EM-Auftakt mit 22:27 verloren ging.
(Bild: Keystone/BORIS GRDANOSKI)Es gab einmal Zeiten mit drei Basler Vereinen in den höchsten Ligen, und diese Vereine waren erst noch ambitioniert. Derzeit ist es noch einer, das umbenannte Frauenteam der SG ATV/KV, das in der Nationalliga A («Spar Premium League 1») vertreten ist. Dazu kommt der RTV Basel, der in der Nationalliga B das Fähnchen hochhält und die emotionalen Höhepunkte in den Derbys gegen Möhlin erlebt.
Von Handball-Begeisterung kann in der Fussball-Stadt Basel also nicht unbedingt die Rede sein, und umso bemerkenswerter ist es, welche Zugkraft das Länderspiel gegen Frankreich ausgelöst hat. Am Freitag waren 6050 Tickets verkauft, rund 500 Restkarten gibt es noch für die EM-Qualifikationspartie, und die St. Jakobshalle wird die grösste Kulisse für ein Handballspiel mit Schweizer Beteilgung seit 1986 bilden. Damals sahen ebenfalls in Basel 9000 Zuschauer das Nachbarschaftsduell Schweiz–Deutschland.
Die Strahlkraft der «Experten»
Es wird also nach langer Zeit wieder einmal ein Handball-Fest geben in Basel, und die seit Jahren darbende nationale Auswahl kann der Auslöser dafür nicht sein. Deshalb liegt die Vermutung nahe, dass ein Grossteil der Interessierten aus dem Elsass nach Basel strömt. «Das haben wir auch angenommen», sagt Marco Ellenberger, der Mediensprecher des Schweizerischen Handball-Verbandes SHV, «doch eine Auswertung des Vorverkaufs hat ergeben: Nur zehn Prozent der Tickets wurden in Frankreich gekauft.»
Quelle: www.handball.ch | |||
Die 10 bestbesuchten Handball-Länderspiele | |||
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Zuschauer | Ort | Datum | Gegner |
9000 | Basel | 28.2.1986 | Deutschland |
8400 | Zürich | 5.12.1964 | Deutschland |
7500 | Basel | 28.1.1960 | Jugoslawien |
6000 | Basel | 26.9.1975 | Deutschland |
5500 | Basel | 7.1.1961 | Österreich |
4850 | Basel | 2.3.1986 | DDR |
4714 | St. Gallen | 6.3.1986 | Ungarn |
4500 | Basel | 14.1.1966 | Deutschland |
4500 | Basel | 1.2.1956 | Deutschland |
4200 | Olten | 4.3.1986 | Jugoslawien |
Man könne, so Ellenberger, also davon ausgehen, dass es eine Heimspiel wird. Und dennoch: Es ist das französische Nationalteam, das eine enorme Strahlkraft besitzt, im Fussball nur vergleichbar mit Brasilien oder Deutschland. «Les Experts», wie die nationale Auswahl genannt wird, haben in der zurückliegenden Dekade den internationalen Handballsport domoniert.
Zweimal Weltmeister (2001, ’09, ’11) wurden die Franzosen, dreimal Europameister (2006, ’10, ’14) und zweimal Olympiasieger (2008, ’12). Torhüter Thierry Omeyer, der am Sonntag seinen 38. Geburtstag feiert, der ehemaligen Welthandballer Nikola Karabatic, Daniel Narcisse oder Rekordtorschützen Jérôme Fernandez (1436 Treffer in 373 Länderspielen) sind die schillerndsten Figuren im Team von Trainer Claude Onesta, der seit 2001 amtiert.
Eine sportliche Herkulesaufgabe
Unter diesen Vorzeichen ist klar: Es wird eine tolle Ambiance werden für die Schweizer Mannschaft und sportlich eine Herkulesaufgabe. Den Start in die EM-Qualifikation hat sie in Skopje gegen Mazedonien mit 22:27 verloren. Dritter Gruppengegner ist das ebenfalls höher eingeschätzte Tschechien, und die EM-Endrunde 2016 in Polen somit in weiter Ferne.
So feiert Frankreich seine Handball-Grössen:
FFHB_FranceA_Olympiade 2008-2012 von ff-handball
Seit einem Jahr werden die Schweizer vom deutschen Sportwissenschaftler Rolf Brack (60) trainiert, der nebenher immer noch seinem Lehrauftrag an der Universität Stuttgart nachgeht. 14 verpasste EM- und WM-Qualifikationen hat das Schweizer Handball hinter sich, Brack will vor allem die Abwehrarbeit in der von ihm bevorzugten 6:0-Verteidigung als seine Handschrift einbringen und glaubt darüber hinaus: «Unsere Chance liegt vor allem im Teamgeist.»
Die Aufbruchstimmung
In seiner Mannschaft ist der Zürcher Andreas Schmid (31) die prägende Figur. Vergangene Saison wurde er als Profi bei den Rhein-Neckar Löwen Mannheim zum wertvollsten Spieler der Bundesliga. Einer allein wird es nicht richten können, aber Arno Ehret, ein anderer Deutscher, der im Schweizer Handball Spuren hinterlassen hat, 1993 etwa mit dem vierten WM-Platz, spürt eine Aufbruchstimmung.
«Aber das hält nur an, wenn sich auch Erfolg einstellt», hat Ehret in einem «Blick»-Interview (online nicht verfügbar) gesagt, »darum wäre es wichtig, sich wieder einmal für ein grosses Turnier zu qualifizieren.» Noch spricht nicht sehr viel für solch eine Grosstat.
Modus: Die Gruppensieger und Zweiten sowie der Beste aller Gruppen-Dritten sind für die EM 2016 in Polen qualifiziert.
Das Schweizer Aufgebot Tor: Bringolf (Pfadi Winterthur/36 Spiele/1 Tor), Portmann (Kriens-Luzern/8/0), Portner (Kadetten Schaffhausen/34/1). – Feld: Baumgartner (Kriens/9/11), Caspar (Wacker Thun/27/51), Fellmann (Kriens/104/179), Freivogel (Pfadi/22/5), Graubner (Kadetten/116/323), Hess (Pfadi/110/152), Küttel (Kadetten/1/0), Lier (Pfadi/11/23), Maros (Pfadi/10/6), Mühlemann (BSV Bern Muri/5/10), Raemy (Wacker/24/87), Schmid (Rhein-Neckar Löwen/142/627), Sidorowicz (GC Amicitia Zürich/8/19), Striffeler (Bern Muri/2/3), Von Deschwanden (Wacker/18/54).
Der RTV im Vorprogramm
Der RTV 1879 Basel, in der Nationalliga B auf Erfolgskurs, tritt im Vorspiel des Länderspiels in der St. Jakobshalle gegen die Schweizer U24-Auswahl an. Spielbeginn am Sonntag ist um 12.00 Uhr. Zum nächsten Heimspiel erwarten die Realturner am Samstag, 8. November (19.00 Uhr, Rankhofhalle) Yellow Winterthur.
Live-Bilder vom Länderspiel
Das «SportSzene Fernsehen» SSF überträgt das EM-Qualifikationsspiel aus der St. Jakobshalle live. Daneben ist der Livestream auf Portalen wie handballTV.ch zu sehen sowie bei verschiedenen Medien-Websites (NZZ, Blick, 20 Minuten etc.).
Arno Ehret im Cup im Leimental zu Gast
Die HSG Leimental, als aktuell Tabellendritter prächtig in die 1.-Liga-Saison gestartet, hat im Schweizer Cup ein grosses Los gezogen: Am Mittwoch, 5. November, kommt GC Amicitia Zürich nach Binningen. Der Traditionsclub aus der Nationalliga A, derzeit Tabellenfünfter, wird von Weltmeister Arno Ehret gecoacht, dem ehemaligen Schweizer Nationaltrainer und Ex-Trainer des RTV Basel. Spielbeginn in der Sporthalle Spiegelfeld ist um 20.00 Uhr.
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