Bei Xamax gehen die Lichter aus

Nach dem Entscheid, dem Verein die Lizenz für die Swiss Football League zu entziehen, sieht die Zukunft von Xamax Neuchâtel düster aus. An einen erfolgreichen Rekurs glaubt niemand ernsthaft. Und so ist mit einer raschen Rückkehr des Traditionsvereins kaum zu rechnen. 

Vom Hoffnungsträger zum Totengräber: Bulat Tschagajew. (Bild: Keystone)

Nach dem Entscheid, dem Verein die Lizenz für die Swiss Football League zu entziehen, sieht die Zukunft von Xamax Neuchâtel düster aus. An einen erfolgreichen Rekurs glaubt niemand ernsthaft. Und so ist mit einer raschen Rückkehr des Traditionsvereins kaum zu rechnen. 

Auffällig viele stiernackige Sicherheitsleute standen im siebten Stock des Radisson-Hotels am Flughafen Zürich vor dem Konferenzraum mit dem klingenden Namen «Basel». Drinnen erklärten die Verantwortlichen der Swiss Football League (SFL) den Lizenz-Entzug für Neuchâtel Xamax. War da die Angst vor einer unberechenbaren Reaktion Bulat Tschagajews umgegangen? «Wir haben getan, was wir tun mussten», sagte SFL-CEO Claudius Schäfer. Nun, die physische Rache des tschetschenischen Xamax-Präsidenten blieb am Mittwoch Nachmittag aus.

Fantasie und Hoffnung

Vielleicht war den Vertretern der SFL auch etwas die Fantasie durchgegangen, als die das Sicherheitspersonal geordert hatten. Aber das ist verständlich, bei all den Geschichten aus 1001 Nacht, die rund um Xamax kursieren, seit Tschagajew im Mai 2011 übernommen hat. «Zu Beginn» gibt Ligapräsident Heinrich Schifferle zu, «habe ich gedacht: Vielleicht ist das ja wirklich ein kleiner Abramowitsch, der da in die Schweiz gekommen ist.» Etwas später war da wenigstens noch die kleine Hoffnung, Tschagajew habe «bloss den Schlüssel zu seiner Schatulle verlegt».

Spätestens seit gestern ist klar: Bulat Tschagajew wird als Totengräber von Neuchâtel Xamax in die Geschichte eingehen. Unter seiner Ägide hat es Xamax verpasst, der Liga zu beweisen, dass das massiv aufgestockte Budget auch bezahlt werden kann. Der Liga fehlen die Nachweise der Lohnzahlungen an die Spieler für die Monate September, Oktober und November. Dazu hat der Club nicht bewiesen, dass er die Sozialversicherungen überwiesen hat. Die Zahlungen für den Dezember müssten die Neuenburger erst im Januar nachweisen.

Notbremse gezogen

Aber darauf kommt es gar nicht mehr an. Die Disziplinarkommission hat gestern die Notbremse gezogen. Sie entzieht der ersten Mannschaft von Neuchâtel Xamax die Lizenz für die Swiss Football League. Für Daniele Moro, den Vorsitzenden der Disziplinarkommission gab es keine andere Lösung: «Es fehlten wichtige Dokumente, die über die finanzielle Lage des Clubs hätten Auskunft geben sollen.»

Und es ist nicht so, dass die Neuenburger nicht genügend Zeit gehabt hätten, die Dokumente aufzutreiben. Seit dem September wartet die Liga auf die Papiere. Doch ausser einer gefälschten Bankgarantie von der «Bank of America» ist bei der Liga nie etwas angekommen.

Xamax kann innerhalb von fünf Tagen Rekurs einlegen. Eine aufschiebende Wirkung hat dieser allerdings nicht. Es sei möglich, einem Rekurs die aufschiebende Wirkung zu entziehen, wenn «wichtige sportliche Gründe» vorlägen, erklärte Moro. Und bestehen durchaus: In drei Wochen beginnt die zweite Phase der Super League. Wäre Xamax erst mitten in der Rückrunde aus dem Rennen genommen worden, hätte das eine Wettbewerbsverzerrung zur Folge gehabt.

Natürlich, sollte Xamax vor dem Rekursgericht der SFL oder später vor dem Internationalen Sportgerichtshof CAS Recht erhalten, dann müssten die Neuenburger irgendwie wieder in die Liga integriert werden. Aber daran, dass das geschehen könnte, glaubt bei der SFL derzeit niemand.

So, wie auch niemand denkt, dass von irgendwo her noch ein reicher Onkel kommt, der mit dem nötigen Kleingeld dafür sorgt, dass Xamax die Lizenzauflagen doch noch erfüllt. Dazu müsste Tschagajew gewillt sein, seine Aktienmehrheit zu verkaufen. Und das war er bislang nicht einmal ansatzweise.

Acht Millionen Schulden

Zudem drücken Xamax Schulden. Auf rund acht Millionen Franken belaufen sich die Forderungen, die bislang beim Betreibungsamt Neuchâtel angemeldet wurden. Tendenz steigend. Sollte Tschagajew also Xamax abgeben wollen, müsste er erst jemanden finden, der die Schulden übernehmen kann.

Viel realistischer ist es, dass Xamax in den kommenden Wochen in den Konkurs gehen wird. In diesem Fall könnte der von der AG abgekoppelte Verein in der 2. Liga interregional einen Neuanfang starten. In dieser Liga spielt derzeit die U21 von Xamax.

Für den unwahrscheinlichen Fall, dass Xamax bis im Sommer ohne Konkurs überlebt, müsste der Club die kommende Saison in der neu geschaffenen 1. Liga Promotion verbringen. Der Lizenzentzug gilt für die Super und die Challenge League.

Des einen Leid …

Deswegen dürfte es in dieser Saison keinen direkten Absteiger aus der Super League geben. Und aus der Challenge League werden statt sechs nur fünf Teams in die 1. Liga Promotion absteigen.

Wie die Zukunft jener 15 Spieler aussieht, die noch Profi bei Xamax sind, ist noch unklar. Sollten sie wirklich seit September keinen Lohn erhalten haben, dann stünde es ihnen gemäss Arbeitsrecht frei, ihre Verträge einseitig zu kündigen. Danach könnten sie Xamax ablösefrei verlassen. Keine Frage, dass das ziemlich schnell geschehen wird.

Nächster Artikel