Beim FC Basel ist alles entweder «fantastisch» oder «ideal»

Was soll da noch gross schiefgehen? Viel Zuversicht und selbst auferlegte Demut sprechen aus Bernhard Heusler und Paulo Sousa, bevor es für den FCB am Sonntag in Zürich gegen GC weitergeht. Nichts spricht für ein Ende der Basler Hegemonie.

06.12.2014 Luzern Fussball Herren Super League Saison 2014/2015 Swissporarena FC Luzern - FC Basel. Bild zeigt Basels Praesident Bernhard Heusler Coach Paulo Sousa Aktion Foto (c) Anton Geisser (Bild: Anton Geisser)

Was soll da noch gross schiefgehen? Viel Zuversicht und selbst auferlegte Demut sprechen aus Bernhard Heusler und Paulo Sousa, bevor es für den FCB am Sonntag in Zürich gegen GC weitergeht. Nichts spricht vor der Fortsetzung der Super League für ein Ende der Basler Hegemonie.

Wie es bei einem Fussballclub von – im europäischen Vergleich – mittlerer Grösse geht, der in die zweite Saisonhälfte mit acht Punkten Vorsprung startet und einem Achtelfinal in der Champions League entgegenblickt? Der 23’672 Jahreskarten verkauft hat (Stand Donnerstag, 8.30 Uhr) und 29’200 Tickets für besagten Achtelfinal? Der es sich leisten kann, in der Winterpause drei Nationalspieler abzugeben, einen in die französische Ligue 1 (Giovanni Sio), zwei (Marcelo Diaz, Geoffroy Serey Die) in die Bundesliga? Der obendrein die Räumlichkeiten für seine «sehr wichtige Personen» genannten Spieltagsgäste gerade prächtig modernisiert?

Wie es also einem Verein, seinem seit fünf Jahren in operativer Verantwortung stehenden Präsidenten und seinem seit einem halben Jahr waltenden Cheftrainer geht?

Bestens. So jedenfalls war der Eindruck, den Bernhard Heusler und Paulo Sousa gemacht haben am Donnerstag zu (aus Journalistenperspektive) früher Morgenstunde vor 23 zum Teil aus von Basel weit entfernt gelegenen Gefilden angereisten Reportern.

Das abgebaute Überangebot an Nationalspielern

Es gab Kaffee, Gipfeli und viele warme Worte. Die Basler Vorbereitung auf die Rückrunde war wahlweise «ideal» (Heusler) oder «fantastisch» (Sousa). Überhaupt ist sehr viel «fantastisch», das Wort benutzte der FCB-Trainer circa ein Dutzend Mal. Die Qualität der Basler Spieler? «Fantastisch.» Die Vorrunde? «Fantastisch.» Die ausgeliehenen Naser Aliji und Michael Gonçalves? «Fantastische Jungs.»

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Das Schlimme an diesen Basler Superlativen aus Sicht der nationalen Konkurrenz: Wahrscheinlich sind sie nicht mal gross übertrieben.

Welcher andere Schweizer Präsident kann schon vor dem Rückrundenauftakt hinstehen und als kleine Fehleinschätzung der jüngeren Vergangenheit eingestehen, dass er im Herbst vielleicht doch etwas gar viele Nationalspieler im Kader hatte? Und ein paar darunter, die unter mangelnder Einsatzzeit litten. Dass er nun froh sei, für zwei davon in der Bundesliga, Zitat, «Traditionsclubs gefunden zu haben»?

Bernhard Heusler weiss es selbst: «Ich bin sehr privilegiert im Vergleich zu anderen, wenn ich hier sitze.»

Die VIPs subventionieren die billigen Plätze

Die schönsten Sätze hat gegen Ende des Zusammentreffens auch der Präsident gesprochen. Zum Beispiel über die neuen Möglichkeiten im Hospitality-Bereich des St. Jakob-Parks, wo einige Fans liebgewonnene Gewohnheiten aufgeben müssen – jene im nicht mehr existenten Restaurant Uno etwa, wo jetzt die Lounge eines neuen Sponsors eingerichtet wird. Wo dafür andere tief in die Tasche greifen dürfen, um sich in Captains Lounge, Cooking Lounge und so weiter vor, während und nach dem Spiel bedienen zu lassen.

«Jeder nach seinem Gusto», findet Heusler mit Blick auf die 3000 VIP-Plätze im Stadion. Eine Anzahl, die er im Vergleich mit anderen modernen Stadien «relativ klein» nennt.

Nach 14 Jahren im 38’000 Leute fassenden neuen Joggeli, sagt Heusler, sei eine Veränderung nötig gewesen, um die Ansprüche dieses Teils des Publikums zu erfüllen. Und: Was im VIP-Bereich mehr gezahlt werde, «erlaubt uns, die Champions League gegen Porto für 30 Franken anzubieten». Auf unbedienten Plätzen, versteht sich.

«Die acht Punkte Vorsprung sind für mich gar nicht vorhanden.»

FCB-Präsident Bernhard Heusler

Was den sportlichen Teil anbelangt, würde sich Bernhard Heusler eher die Zunge abbeissen, als irgendwelche kraftmeierischen Parolen zu verbreiten. Eher das Gegenteil. Auch auf die Gefahr hin, dass es keine Schlagzeilen gibt: «Da lasse ich mir lieber vorwerfen, ein Langweiler zu sein.»

Aber eine schlagzeilenträchtige Bemerkung hat der Präsident dann doch noch geliefert. Er, bei dem sich selbst in der 89. Minute eines Spiels bei 2:0-Vorsprung noch im Kopf Szenarien abspielen «wie wir noch drei bekommen». Heusler sagt also zur Tabelle, den 41 Punkten des FCB und den 33 der beiden gleichauf liegenden Verfolger FCZ und YB: «Die acht Punkte Vorsprung sind für mich gar nicht vorhanden.» Das soll bedeuten: Nichts ist entschieden, der FCZ und YB, erwartet Heusler, «werden voll dagegenhalten».

Das Schlimme an dieser Basler Tiefstapelei aus Sicht der nationalen Konkurrenz: Wahrscheinlich ist sie total übertrieben. Die Realität der vergangenen fünf Jahre war doch: Alle wollen sie dem FCB das Wasser reichen – und am Ende wird in Basel auf dem Barfi gefeiert.

Kein Ende der Basler Hegemonie in Sicht

Nicht mal die Mehrfachbelastung durch den Europacup hat den FCB gebremst in seiner Entwicklung und Erfolgsgeschichte. Und als er 2012 erstmals in den Achtelfinals der Champions League stand, gegen Bayern 1:0 gewann, um im Rückspiel mit 0:7 unterzugehen, da erspielte er sich unter Heiko Vogel anschliessend den Titel ohne internationale Ablenkung mit 20 Punkten Vorsprung.

Es war damals eine Chaos-Saison mit dem Xamax-Bankrott und dem Sion-Punkteabzug, von denen der FCB bei seinem Alleingang profitierte. Vielleicht wird die Dominanz in diesem Frühjahr nicht so erdrückend sein, aber nichts spricht dafür, dass die Hegemonie des FCB im Schweizer Profifussball durchbrochen wird.

Der Spagat zwischen national und international

Jetzt, drei Jahre später, steht der FCB zum zweiten Mal in der K.o.-Runde der Champions League. Die Spiele gegen Porto stellen natürlich ein frühes Highlight im neuen Fussballjahr dar.

Nachdem diese Ausreisser nach oben schon zur Gewohnheit geworden sind, der FCB inzwischen in der Uefa-Wertung auf Platz 17 und vor klingenden Namen wie Tottenham, Juventus Turin oder Olympique Lyonnais rangiert, sagt Heusler: «Ein Teil des Clubs ist international.» Das betrifft Einnahmemöglichkeiten und die Transferpolitik.

Einerseits. Im nächsten Atemzug spricht der FCB-Präsident jedoch von der von ihm gern zitierten «Demut». Nichts soll grossspurig wirken beim Branchenführer.

Es ist dieselbe Demut, die auch Trainer Sousa vor dem Rückrundenstart von seiner Mannschaft verlangt. Und Heusler unterstreicht: «Unser Markt ist die heimische Liga. Das haben wir im Club verinnerlicht. Andere haben schon den Fehler gemacht und bloss noch in die Sterne geguckt.»

Das Schlimmste an diesem zur Schau getragenen Basler Arbeitsethos aus Sicht der nationalen Konkurrenz: Wahrscheinlich setzt es der FCB wirklich um.

Es könnte in der Super League ein fantastisches Halbjahr werden. Für die Basler.

Fabian Frei meldet sich krank ab

Als es dann am Donnerstag zum Training ging, fehlte Fabian Frei. Er hatte sich krank abgemeldet. Sein Einsatz am Sonntag im Letzigrund ist fraglich und wird womöglich zu einer ersten Rochade in der vor Weihnachten gefundenen Ernstfalltruppe führen: Taulant Xhaka ins Mittelfeld, Philipp Degen hinten rechts. Oder der Trainer hat wie immer ganz andere Varianten auf Lager.

Nicht zur Verfügung steht nach wie vor Ivan Ivanov (Comeback offen), und auf den neuen Linksverteidiger Adama Traoré wird man warten müssen, ehe er nach einem Muskelfaserriss Wettkampfreife erreicht.

«Am Mittwoch war alles wieder da: die Leidenschaft und die Intensität. Die Spieler sind bereit.»
FCB-Trainer Paulo Sousa

Ansonsten läuft es auf das hinaus, was in Basel als «die Liverpool-Elf» firmiert: Tomas Vaclik im Tor, davor Fabian Schär, Marek Suchy, Behrang Safari (und Degen), Xhaka und Mohamed Elneny vor der Abwehr, am Flügel Shkelzen Gashi (links) und Derlis Gonzalez (rechts), dazwischen Luca Zuffi und vorne Marco Streller. Oder mit Breel Embolo. Auch denkbar. Schliesslich hat Sousa grosses Vertrauen in Fähigkeit und Persönlichkeit seiner Spieler gefasst.

«Nach dem Trainingslager in Spanien ist das Niveau etwas gesunken, das ist normal», schildert Sousa, «aber am Mittwoch war alles wieder da: die Leidenschaft und die Intensität. Die Spieler sind bereit.» In der täglichen Arbeit werde alles dafür getan, «jedes Spiel zu gewinnen». Diese Floskel klingt unter den gegebenen Umständen dann fast ein bisschen bedrohlich.

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