Belinda Bencic ist mit 17 Jahren die jüngste Top 100-Spielerin der WTA-Tour. Nach einer erfolgreichen Juniorinnenkarriere hält die Schweizerin nun einzug in den Tourtennis.
Belinda Bencic, gerade 17 Jahre alt geworden, ist die jüngste Top 100-Spielerin der WTA-Tour. Nach einer erfolgreichen Juniorinnenkarriere – Höhepunkte waren die Siege bei den French Open und Wimbledon 2013 – startete sie auch im Tourtennis durch.
Ihr bestes Resultat erreichte die Schweizerin beim Wettbewerb im US-amerikanischen Charleston, dort erreichte sie das Halbfinale. Bencic wird von ihrem Vater Ivan gecoacht, arbeitete aber auch schon mit Hingis-Mutter Melanie Molitor zusammen. Auch in der Bollettieri-Akademie in Florida war sie einmal für sechs Monate zu Gast. In der Weltrangliste ist die Teenagerin auf Platz 81 eingestuft. Bencic spielt bei den French Open am Sonntag in der ersten Hauptfeldrunde gegen Venus Williams.
Frau Bencic, seit Ihrem Sieg im Juniorinnenwettbewerb von Wimbledon ist fast ein Jahr vergangen. Inzwischen haben Sie sich schon auf der grossen Tennistour etabliert. Wie betrachten Sie die Entwicklung?
Es ist natürlich eine aufregende Zeit für mich gewesen. Dieser grosse Moment in Wimbledon, ein einmaliges Erlebnis, ein Traum für jede junge Tennisspielerin. Und dann dieser neue Abschnitt in meinem Leben, der Einstieg ins Erwachsenentennis. Ich erinnere mich noch gut an Tokio, an das Turnier, bei dem ich zum ersten Mal in einem richtig grossen Hauptfeld stand. Das vergisst man so schnell auch nicht. Mir war natürlich klar, dass es auch ein mühsamer Weg wird. Man kann nicht erwarten, gleich in die Spitze durchzumarschieren.
Experten betonen immer wieder den schwierigen Übergang vom Jugendtennis in den Tourbetrieb der Damen. Wie haben Sie das erlebt?
Ich habe ein gewisses Selbstbewusstsein aufgebaut in meinen Jahren als Juniorin. Das hilft schon. Ich glaube auch, dass die besten Juniorinnen die Kraft und die gute Chance haben, sich durchzusetzen auf der Tour. Das ist kein Automatismus, man muss schon auch den Ehrgeiz, den Willen und die Disziplin haben, sein Talent umzusetzen in den Matches. Geschenkt wird einem nichts, so einfach ist das. Was man will, muss man sich holen.
Gab es denn auch ein wenig Angst vor dieser neuen Herausforderung?
Angst, nein, das nicht. Respekt schon, aber das muss auch sein. Ich hatte aber die Überzeugung, dass ich ganz gut mithalten würde bei den Frauen. Rückschläge waren einkalkuliert, damit muss man leben können.
Nach dem Australian Open ging es in dieser Saison dann auch in der Rangliste regelmässig nach vorne.
Ich habe mich in eine immer bessere Position gebracht, obwohl ich oft durch schwere Qualifikationswettbewerbe musste. In Melbourne war es natürlich ein besonderer Augenblick, als ich die erste Hauptrunde erreichte – und dann gegen Kimiko Date spielte, die älteste Starterin überhaupt. Sie war schon viele Jahre auf der Tour unterwegs, als ich noch gar nicht geboren war. Und dann erst der Auftritt in der Laver-Arena gegen Li Na. Das war schön, dieser Besuch auf dem Centre Court. Ein echtes Highlight.
Schlagzeilen produzierte auch der Halbfinaleinzug in Charleston, in amerikanischen Medien war oft von der «neuen Miss Swiss» die Rede.
Das war eine der schönsten Wochen überhaupt. Diese Siege gegen wirklich tolle Spielerinnen wie Maria Kirilenko, Marina Erakovic, Elina Svetolina und Sara Errani, das war schon fantastisch. Und gab mir noch einmal Rückenwind. Fast wäre ich ja auch noch ins Finale gekommen, erst im Tiebreak des dritten Satzes bin ich ausgeschieden. Das hat mir dann auch die nötigen Punkte mit auf den Weg unter die Top 100 gegeben – und somit auch die Qualifikation fürs Hauptfeld der French Open.
Sie starteten ja schon mit 14 Jahren per Wildcard bei WTA-Turnieren. Hat dieser Schnupperkurs ein wenig geholfen jetzt beim Einstieg ins Profileben?
Doch, das glaube ich schon. Ich muss sagen, dass mir das alles nicht komplett neu vorkam. Es gab jetzt nicht die grossen Überraschungen beim Wechsel auf die Tour. Ich kannte auch schon einige Spielerinnen, das hat es zusätzlich erleichtert für mich.
Man könnte sich vorstellen, dass einer sehr erfolgreichen Juniorin auf der Tour auch gern mal vom Establishment die Flügel gestutzt werden. Haben Sie da einen besonderen Ehrgeiz Ihrer Gegnerinnen gespürt?
Die Erfahrung habe ich nicht gemacht, nein. Ich bin ja auch nicht jemand, der irgendwie den Eindruck vermittelt: Hoppla, jetzt komme ich und will alles auf den Kopf stellen. Letztlich ist das eine nüchterne Sache: Man steht auf dem Centre Court und will sich durchsetzen, ob nun als etablierte Spielerin oder als Newcomerin.
Kannte man Sie denn in Spielerinnenkreisen so richtig, als Sie zu den WTA-Turnieren kamen?
Ich glaube, dass nicht so viele die Juniorinnenszene sehr genau im Auge haben. Man hatte meinen Namen schon gehört, aber zu Beginn lief man doch ein wenig verloren bei den Turnieren umher. Es war auch schwierig, Trainingspartnerinnen zu finden. Das hat sich aber schnell geändert. Die anderen kennen mich längst, ich bin akzeptiert und auch integriert. Aber diesen Status kriegt man nicht geschenkt, man muss ihn sich erarbeiten.
Was haben Sie sich bis zum Saisonende vorgenommen?
Ich schaue nicht gern nach weit in die Zukunft, nach dem Motto: Bis zu dem Zeitpunkt muss ich in der Weltrangliste dort stehen, dann bin ich zufrieden. Ich will jetzt kontinuierlich bei den Turnieren meine Punkte holen, versuchen, einen guten Level durchzuhalten – dann kommt vieles von selbst. Also, ich baue mir jetzt nicht selbst unnötig Druck auf. Ich gebe mir auch Zeit, habe Geduld.
Ihr Gesicht ist schon recht vertraut in der Öffentlichkeit. Haben Sie Angst vor dieser Bekanntheit, vor zu viel Rummel?
Ja, in der Schweiz erkennen mich die Menschen schon oft. Aber es hält sich in Grenzen. Natürlich gibt es auch mehr Medienanfragen, mehr Termine, die man absolvieren muss. Damit komme ich gut zurecht, das gehört eben auch zu meinem Leben als Tennisspielerin.