Berliner Chaos-Tage

Nach nur fünf Spielen ist Michael Skibbe bei Hertha BSC Berlin schon wieder gefeuert. Das 0:5 (0:4) in Stuttgart, die fünfte Niederlage, war zuviel. Nun gerät aber auch Manager Michel Preetz unter zunehmenden Druck.

Nach nur fünf Spielen ist Michael Skibbe bei Hertha BSC Berlin schon wieder gefeuert. Das 0:5 (0:4) in Stuttgart, die fünfte Niederlage, war zuviel. Nun gerät aber auch Manager Michel Preetz unter zunehmenden Druck.

Als die Profis von Hertha BSC am Sonntag zu ihrem Auslauftraining starten wollten, wurden sie von ihren Fans verfolgt, die über eine Schranke geklettert waren. Die rund 200 Ultras hielten sich zwar an einen Sicherheitsabstand und schwiegen, geheuer schien die Situation aber nicht. Das Training wurde abgebrochen.

Zur Beruhigung der Lage bot der kriselnde Club eine Aussprache mit 15 Spielern im historischen Kuppelsaal des Sportmuseums im Olympiapark an, was nicht half, die Lage zu beruhigen. Nach dem halbstündigen «Gespräch» entwickelten sich hitzige Wortgefechte zwischen Spielern und Fans, die nach wie vor den  Kabinentrakt belagerten.

Vor dem Trainingsversuch hatte Manager Michael Preetz der Mannschaft die Entlassung von Trainer Michael Skibbe mitgeteilt. Nun richtet sich Volkes Zorn vor allem auf Preetz, der schon in Stuttgart nach dem 0:5-Debakel rat- und orientierungslos gewirkt hatte. Für das Heimspiel gegen Borussia Dortmund wollen die Berliner auf eine interne Lösung zurückgreifen.

Fünf Niederlagen in Folge

Fünf Spiele in Folge hat der glücklose Skibbe verloren; die Hertha ist im freien Fall bis auf Platz 15, kurz vor der Abstiegszone, abgestürzt. Skibbe war erst in der Winterpause für Markus Babbel gekommen, der mittlerweile bei 1899 Hoffenheim anheuert hat. Und auf der Kandidatenliste für die Skibbe-Nachfolge steht nun Holger Stanislawski, der unter der Woche von eben jenen Hoffenheimern aufs Trainerkarussell befördert wurde.

Der ehemalige Bundestrainer Skibbe ist der vierte Trainer, den Preetz innerhalb von zweieinhalb Jahren vor die Tür setzte. Zuvor waren Lucien Favre, Friedhelm Funkel und Babbel zu Opfern von Preetz eigenwilligem Führungsstil geworden. Die Verpflichtung Funkels endete mit dem Abstieg, den dann Babbel mit dem Wiederaufstieg korrigieren konnte.

Mit dem Rauswurf von Skibbe, heisst es nun im Umfeld der Hertha, wolle Preetz vor allem auch seinen Job retten. Hat der nächste Trainer nicht sehr schnell Erfolg, dürfte die chaotisch anmutende Zeit von Preetz bald beendet sein. Im Mai steht eine brisante Mitgliederversammlung auf dem Programm.

Hoeness‘ ätzende Kritik

«Es ist auch meine Verantwortung für Hertha BSC, diese Fehleinschätzung zu korrigieren», sagte Preetz am Sonntag.  Die «Art und Weise» der Niederlage habe den Club zum Handeln gezwungen. Zunächst werde ein Interimstrainer die Mannschaft betreuen, aber «wir werden natürlich nach einem neuen Trainer suchen».

Die Entscheidung, sich nach nur fünf Spielen wieder von Skibbe zu trennen, sei am Sonntagmorgen getroffen worden. Persönliche Konsequenzen schloss Preetz aus. «Sie kennen mich ja ein paar Tage», bemerkte er auf einer spontan angesetzten Pressekonferenz. «Ich bin a) ein Kämpfer, der b) nicht wegläuft. Und c) macht es auch nicht jeder, Fehler einzuräumen.»

Preetz allerdings muss einflussreichen Befürworter im Hauptstadtclub haben, anders ist nicht zu erklären, dass der ehemalige Hertha-Stürmer, von den Fans lange Zeit verehrt, weiter machen darf. Inzwischen hat sich Frust breit gemacht. Und der ehemalige Hertha-Manager Dieter Hoeness ätzte, Preetz sei kaum in der Lage, eine Profimannschaft zu führen. Jüngster Beleg für diesen Vorwurf war das unwürdige Possenspiel, das sich Preetz und Babbel kurz vor dessen Rauswurf geliefert hatten. Beide bezichtigten sich in aller Öffentlichkeit gegenseitig der Lüge.

Zerfallserscheinungen

«Lustig, was willst du hören?“, entgegnete Preetz in Stuttgart auf die Frage, ob Skibbe beim Heimspiel gegen Dortmund noch auf der Hertha-Bank sitzen werde. Auf der Heimreise nahm der Manager dann Kontakt zu anderen Führungsmitgliedern auf. Zu offensichtlich waren während der ernüchternden Partie (Skibbe: «Die schlimmste Halbzeit meiner Karriere») Disziplinprobleme im Hertha-Kader sichtbar und zu rasant steuerte man in die sportliche Krise.

Auf dem Rasen lieferten sich Spieler lautstarke Wortgefechte. «Wir dürfen uns nicht gegenseitig bepöbeln», klagte Mittefeldspieler Peter Niemeyer. Auf den neuen Trainer wartet eine Menge Arbeit – und Michael Preetz.

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