Bern erfüllt sich einen Herzenswunsch

Haile Gebrselassie läuft am Samstag beim Grand-Prix Bern. Den erfolgreichsten Langstreckler der Geschichte lassen sich die Veranstalter eine Stange Geld kosten.

Der Spitzenlaeufer Haile Gebrselassie, Aethiopien, links, und der Schweizer Viktor Roethlin sprechen an einer Medienkonferenz zum Grand Prix Bern, am Donnerstag, 16. Mai 2013, in Bern. Roethlin muss wegen muskulaerer Probleme auf den Start verzichten. (KE (Bild: Keystone/PETER SCHNEIDER)

Haile Gebrselassie läuft am Samstag beim Grand-Prix Bern. Den erfolgreichsten Langstreckler der Geschichte lassen sich die Veranstalter eine Stange Geld kosten.

Da sitzt er und er lächelt. Scheint vollkommen entspannt. Die volle Konzentration ist auf ihn gerichtet. Mit feiner Stimme erzählt er, beantwortet Fragen, holt aus, erklärt, schweift ab und findet wieder zurück zum zentralen Thema dieses Medientermins zwei Tage vor dem Grand-Prix Bern. Haile Gebrselassie, der erfolgreichste Langstreckler der Geschichte, der Olympiasieger, Weltmeister, der die unvergleichliche Zahl von 27 Weltrekorden gelaufen ist. Gebrselassie, gepriesen als der grösste Läufer aller Zeiten.

Da sitzt er, weil er die 10 Meilen des 32. Grand-Prix Bern an diesem Samstag bestreiten wird – ambitioniert wie immer, voller Tatendrang. Der kleine Mann aus Äthiopien sagt: «Ich will gewinnen und ich will schnell laufen.» Nicht weniger als ein weiterer Weltrekord ist das Thema: die 47:46 Minuten in der Masterskategorie M40.

Seit knapp einem Monat gehört «Geb», wie er in Läuferkreisen gerufen wird, dieser Altersklasse an. «Das Alter ist nicht mehr als eine Zahl», sagt er dazu, «meine Botschaft kann ich weitervermitteln und meinem Weg folgen sowieso.» Und schneller laufen als die Konkurrenz ebenso. Gebrselassie ist erster Favorit auf den Sieg.

Ein zwölf Jahre altes Versprechen

Den Start von Gebrselassie am Volkslaufklassiker bezeichnet Markus Ryffel als Sternstunde. Und OK-Präsident Matthias Aebischer spricht von «einer neuen Dimension». Kein vergleichbar zugkräftiges Aushängeschild war je dabei am GP, auch wenn diese Emil Zatopek oder Lasse Viren hiessen. «Auch Hailes Charisma sprengt Grenzen», sagt Nationalrat Aebischer, denkt an die Medien, aber ebenso an die breite Bevölkerung: «Kaum war er aus dem Zug von Zürich gestiegen, wurden er erkannt und immer wieder fotografiert.»

Die Geschichte dieser Verpflichtung an den GP Bern ist eine lange. Ryffel, 1984 selber Olympiazweiter über 5000 Meter, ist beium Grand Prix seit jeher für die Topathleten zuständig. Und Gebrselassie im Hinterkopf hatte er schon früh. Mit dessen langjährigem Manager, dem Holländer Jos Hermens, bestritt er einst selbst noch Wettkämpfe und zu ihm hat er stets einen freundschaftlichen Kontakt gepflegt. Das Versprechen, irgendwann werde Gebrselassie den GP besuchen, besteht seit zwölf Jahren. Nun wurden Nägel mit Köpfen gemacht.

60’000 Franken Startgage

«Einfach», sagt Ryffel, «war’s nicht.» Im Gegensatz zu Volkslaufspektakeln im nahen Ausland gibt es aus Bern keine TV-Live-Übertragung. Dieses Manko schmälert die Ausstrahlung des Grand Prix, für den sich ein weiteres Mal eine Rekordzahl Teilnehmer angemeldet hat: 29’235 Laufbegeisterte gehen am Samstag auf die 10 Meilen.

Mit der medialen Aufmerksamkeit verbunden sind die finanziellen Möglichkeiten. Im Budget von gut einer Million Franken stehen 120’000 Franken für über 50 Spitzenathleten zur Verfügung. Da heisst es haushalten. An Gebrselassie wird eine Gage von rund 60’000 Franken gehen – «ein Freundschaftspreis», wie Ryffel betont.

Gebrselassies Lachen

Gebrselassie lächelt. Lächelt so, wie er es so oft tut, auch während der Rennen. Bei ihm steht anderes im Zentrum. «Ich liebe das Laufen, und ein Tag ohne Laufen ist für mich wie ein Tag ohne Essen», sagt er. Auch in Bern war er gestern trotz vollgestopftem Terminkalender zum Trainieren unterwegs – um 5.30 Uhr für eine Stunde. Und setzte dabei einen seiner Leitsätze um: «Um zu gewinnen braucht es drei Dinge: Disziplin, harte Arbeit und hundertprozentiges Engagement.» Die Strecke in Bern gefällt ihm: «Das Auf und Ab des Parcours kann mich nicht aus der Ruhe bringen.»

Nach seinem 5000-Meter-Landesrekordrennen bei «Weltklasse Zürich» 1993 und dem Weltrekord über dieselbe Distanz gleichenorts zwei Jahre danach findet der dritte Wettkampf in der Schweiz auf der Strasse statt. Dies ermöglicht Einzigartiges, für den Äthiopier wie auch für die Teilnehmer und Fans. Marathonmann Viktor Röthlin, der wegen einer Wadenverletzung auf das direkte Duell verzichten muss, sagt es so: «Wer kann die Faszination Laufsport glaubhafter vermitteln als Haile mit seinem Lächeln?»

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