Der Valencia CF beschwört vor dem Rückspiel gegen den FC Basel die Vergangenheit: Der FCB hat bei seinen letzten Besuchen hohe Schlappen kassiert. Die Spanier hoffen auf eine Wiederholung. Sicherheitshalber drohte Trainer Juan Antonio Pizzi seinen Spielern dennoch schon mal.
Der Valencia Club de Fútbol hat schon so manchen Tiefpunkt erlebt in dieser Saison. Bereits im September, nach einer 0:3-Niederlage zum Europa-League-Auftakt gegen Swansea City, gab es die erste Fanrevolte, es folgten noch vor Weihnachten die Entlassung von Sportdirektor Braulio Vázquez und bald auch die von Trainer Miroslav Djukic. Signifikant besser wurden die Ergebnisse seitdem mit fünf Siegen aus fünfzehn Ligaspielen allerdings auch nicht. Und dann kam die Nacht von Basel.
Dort brauchte es keine Fans, um die Spieler erschrecken zu lassen: «Wir sind ein absolutes Desaster», wusste Aushilfskapitän Jérémy Mathieu auch so. Trainer Juan Antonio Pizzi sprach nicht nur von «Scham», er war auch tatsächlich so fassungslos, dass er bereits in der Halbzeitpause eine Brandrede hielt, deren Kernaussage in spanischen Medien folgendermassen wiedergegeben wurde: «Wenn ein neuer Vereinschef kommt und mich nicht mehr will, wird er mich ausbezahlen, und ich werde gehen. Aber wenn ich bleibe, werde ich nächste Saison noch Trainer von Valencia sein. Jetzt müsst ihr mir zeigen, dass ihr nächste Saison noch für Valencia spielen wollt.»
FCB hat schon zwei Mal hoch verloren in Valencia
Die bessere zweite Halbzeit ist einer der Mutmacher, an die sich die Spanier vor dem Rückspiel am Donnerstag klammern. Ein anderer ist die Geschichte. Zweimal wurde der FC Basel im Estadio Mestalla vorstellig, beide Male mit Ergebnissen besiegt, die jetzt noch zum Weiterkommen reichen würden. In der zweiten Runde des Messepokals 1965/1966 gab es ein 5:1, in der Champions-League-Gruppenphase 2002/2003 ein 6:2. Darüber hinaus gelten natürlich die alten Gesetze des Fussballs: Spielen muss man sowieso, also kann man es auch versuchen. Stürmer Paco Alcácer sagt: «Wer nicht an eine Aufholjagd glaubt, der braucht gar nicht erst aufzulaufen.»
Mehr zum Spiel vom Oktober 2002: Der FC Basel und Valencia, da war doch mal was?
Der Angreifer hätte am Sonntag in Valladolid für etwas konkretere Argumente zugunsten des Tabellenachten der Primera División sorgen können. Doch er und seine Teamkollegen brachten wie schon in der zweiten Halbzeit von Basel auch beste Gelegenheiten nicht im gegnerischen Tor unter.
An ihm lag es nicht gegen Valladolid: Valencia-Goalie Vicente Guaita fischt sich einen Ball beim 0:0. (Bild: R. GARCIA)
Sturmkollege Eduardo Vargas verstolperte einmal sogar aus drei Metern. Das Spiel endete 0:0, schmälerte die ohnehin minimalen Hoffnungen, die ebenfalls schwächelnde Konkurrenz aus San Sebastián und Villarreal noch von den Europacupplätzen zu verdrängen und liess das lokale Sportblatt «Superdeporte» verzweifeln: «Nicht einmal, wenn es gut spielt, schafft es dieses Valencia, einen Abstiegskandidaten zu besiegen. Dieses Unentschieden ist die traurige Bestätigung dafür, dass es utopisch ist, auf vier Tore zu hoffen.»
Ach was, findet Mario Kempes, und der ist neben Vereinsbotschafter immerhin auch Fussball-Legende. 1979 hat er im spanischen Pokal mit Valencia mal durch ein 4:0 gegen den FC Barcelona ein 1:4 aus dem Hinspiel umgebogen. «Niemand gab einen Pfifferling auf uns, aber im Rückspiel spielten wir wie eine Maschine. Es war eine magische Nacht. Ich erinnere mich daran, wie Mestalla durchdrehte und uns immer weiter anpeitschte. Warum sollen wir das nicht wiederholen können? Ich vertraue den Spielern und dem Trainer. Das Wichtigste ist, daran zu glauben. Mestalla wird maximal anfeuern.»
«Nicht einmal, wenn es gut spielt, schafft es dieses Valencia, einen Abstiegskandidaten zu besiegen.»
Mestalla, immer wieder Mestalla: Wenn es sonst kaum Hoffnung gibt, das ist Tradition nicht nur in Spanien, dann wird das eigene Stadion beschworen. Die zentral gelegene Arena mit Platz für 55’000 Zuschauer auf schwindelerregend steilen Rängen hat zwar schon lange keine historische Nacht mehr erlebt, und oft lässt die Heissblütigkeit des valencianischen Publikums die Mannschaft hektischer agieren, als es ratsam wäre. Fügen sich mal alle Puzzleteile zusammen, kann Mestalla bei den Gegnern aber schon so etwas wie szenische Angst hervorrufen. «Sie werden sich unwohl fühlen», sagt Spielmacher Dani Parejo: «Wir haben gute Chancen weiterzukommen, ehrlich.»
Das Spiel am Donnerstag hat einen eigenen Titel
Zumindest kampagnenfähig ist Valencia allemal. Der Klub hat die Partie unter den Titel «reAMUNTada» gestellt, ein Wortspiel aus Aufholjagd («remontada») und dem valencianischen Wort «amunt» («auf geht’s»), mit dem auch der Refrain der Vereinshymne beginnt. Als hätten sie sich abgesprochen, hat es sich zudem kein Spieler nehmen lassen, an die Mystik des Europapokals zu appellieren. «Wir werden alles tun für eine magische Nacht», verspricht Flügelspieler Pablo Piatti. «Wir wollen die 90 Minuten für die Schweizer sehr lang werden lassen.»
Valencia will um jeden Ball kämpfen, Ansätze davon zeigten die Spieler in der zweiten Halbzeit des Hinspiels, im Bild Joao Pereira, unten, gegen Taulant Xhaka (REUTERS/Arnd Wiegmann). (Bild: ARND WIEGMANN)
Geht es nach den Spielern, wird Valencia «ab Minute null das gegnerische Tor suchen und vorn Druck aufbauen», wie Alcácer sagt. «Von Beginn an dominieren, jeden Ball erobern und das Spiel möglichst permanent an den Strafraum verlagern» (Piatti). «Die Chancen verwerten, die wir schon in Basel in der zweiten Hälfte hatten» (Parejo).
Wie immer es dann letztlich ausgeht für Valencia, ob all die verpassten Tore der letzten Spiele plötzlich über Mestalla aus dem Himmel fallen oder nicht: An Vorsätzen und Beschwörungen wird es ganz bestimmt nicht gefehlt haben.
Der FC Basel und Valencia, da war doch mal was?
Mit den Spaniern verbindet FCB-Trainer Murat Yakin nicht nur schöne Erinnerungen: 2002 erzielte Valencia in zwei Champions-League-Partien acht Tore gegen die von Yakin geführte Basler Defensive.