Champagner, oder was?

Es bleibt eine Rechnerei mit Vorbehalten: Wird der FC Basel bereits am Sonntag Meister oder nicht? Der FC Luzern hält jedenfalls vorerst seinen Einspruch aufrecht, bei dem es um zwei Punkte geht – zwei Punkte, die über Champagner oder nicht entscheiden.

Champagner für alle: Die letzte Meisterfeier des FC Basel am 25.Mai 2011 mit Captain Franco Costanzo und Trainer Thorsten Fink. (Bild: Freshfocus/Daniela Frutiger)

Es bleibt eine Rechnerei mit Vorbehalten: Wird der FC Basel bereits am Sonntag Meister oder nicht? Der FC Luzern hält jedenfalls vorerst seinen Einspruch aufrecht, bei dem es um zwei Punkte geht – zwei Punkte, die über Champagner oder nicht entscheiden.

Es kommt jetzt also so, wie man es eigentlich nicht haben wollte: Am Wochenende kann der FC Basel Meister sein. Es könnte jedoch eine Entscheidung mit Vorbehalt sein, weil auf juristischer Ebene noch etliche Einschränkungen gemacht werden müssten.

Es gibt die – nach reinem Menschenverstand taxierte – Variante, dass der FC Sion die ominösen 36 Punkte Strafabzug nicht zurückbekommt, die Walliser in der Endabrechnung also nicht mehr in Betracht gezogen werden müssen. Vor dem Anpfiff der Partie am Sonntag gegen den FC Basel (16.00 Uhr, Tourbillon, live in SF2) hat der FC Sion 13 Punkte. Theoretisch wären es – ein Urteil des lieben Gottes oder von wem auch immer vorausgesetzt – also eines fernen Tages vielleicht 49 Punkte.

Nachdem das Obergericht in Bern am Donnerstag den Antrag der Sittener auf provisorische Massnahme abgeschmettert hat mit dem Hinweis, zivile Gerichte seien gar nicht zuständig, darf man davon ausgehen, dass das Bezirksgericht Bern-Mittelland zum selben Schluss kommen wird. Die Verhandlung in der Hauptsache – also gegen den 36-Punkte-Abzug durch den Zentralvorstand des SFV – ist auf den 22. Mai angesetzt. Einen Tag vor dem letzten Spieltag dieser Saison.

17, 18, 19 Punkte

Bleiben also der FC Luzern und seine 16 Punkte Rückstand auf den FC Basel die Richtschnur. Wenn der FC Luzern sein Heimspiel am Samstag gegen Servette nicht gewinnt und der FCB in Sion drei Punkte holt, sind die Basler am Sonntag kurz vor 18 Uhr alter und neuer Schweizer Meister.

Dann beträgt der Vorsprung 19 Punkte, und dann wäre auch ein Urteil des Internationalen Gerichtshofes CAS nicht mehr von Belang. Dort rekurriert der FC Luzern gegen einen SFL-Entscheid, bei dem es um zwei Punkte aus einem Spiel der Luzerner gegen Sion geht.

Bei allen anderen Ergebnis-Varianten beträgt der Rückstand des FC Luzern höchstens 17 Punkte. Fünf Spiele stehen nach dieser Runde für Luzern noch aus – macht maximal 15 Punkte plus die zwei Punkte, die eventuell noch am Grünen Tisch vergeben werden. Rechnerisch wäre der FC Basel also noch einzuholen, und damit würde sich die definitive Entscheidung im toten Titelrennen um eine Woche verschieben – auf das Heimspiel des FCB am Sonntag, 29. April, gegen Lausanne-Sport.

Die Erinnerung an den Fall Muntwiler

Mal davon abgesehen, dass dieser Fall den meisten FCB-Fans sowieso der liebere wäre: Es ist ein trübseliger Moment der Entscheidung, der irgendwie zu dieser chaotischen Saison passt. Die Krönung des Meisters wird überschattet vom endlosen juristischen Hick-Hack, und mittendrin steht der FC Basel, der so gar nichts dafür kann.

Tapfer hält Bernhard Heusler solcher Sichtweise entgegen: «Unser Fokus ist ein anderer. Für mich gilt in erster Linie, was die Mannschaft in dieser Saison geleistet hat und wie sich der Club präsentiert.» Der FCB-Präsident erinnert an die Meisterschaftsentscheidung 2007, an den Fall Muntwiler, der dem FCB als Unbeteiligtem an einer falschen Einwechslung des FC St. Gallen die Meisterschaft kostete, die schliesslich am Grünen Tisch an den FC Zürich ging.

«Wir haben uns alles sportlich errungen», sagt Heusler, «und deswegen kann ich keine negativen Gedanken haben.» Der Präsident wird sich voller Vorfreude am Sonntag auf den Weg nach Sion machen, seiner «Lieblingsdestination» in der Super League, weil er die Atmosphäre des Tourbillon so sehr schätzt.

Der passende Champagner: mit Stern

Für den FCB böten sich ein par kleine Kniffe, um am Sonntag auch mit Vorbehalt ein paar Korken knallen zu lassen. Es gibt da einen Champagner, der diese Bezeichnung eigentlich gar nicht tragen dürfte, der im Napa Valley auf der Domaine Chandon gedeiht, derzeit im Handel für 35,99 Dollar im Angebot zu haben ist und den Namen «étoile brut» trägt. Ein Champagner mit Stern quasi, passend zur 15. Meisterschaft des FC Basel, die ihm zwar nicht mehr zu nehmen ist, und die dennoch eine Zeitlang mit Sternchen versehen sein wird.

Der FC Luzern jedenfalls hat überlegt, ob er seinen Rekurs vor dem CAS zurückziehen soll, ein Verfahren übrigens, dem sich wie Lausanne-Sport und der FC Thun auch der FC Basel angeschlossen hat, und bei dem es für die Basler um zwei Treffer im Torverhältnis geht. Am Freitag sagte FCL-Sprecher Stefan Bucher gegenüber der TagesWoche, dass der Club vorläufig nicht in Betracht zieht, die Einsprache vor dem CAS zurückzuziehen.

Luzern könnte Rekurs egal sein

Ein solcher Rückzug, ein schlichtes Fax oder Email an den CAS in Lausanne, könnte nach Stand der Dinge den FC Basel nämlich zu einer Unzeit zum Meister machen: Am Montag nachmittags zum Beispiel, am Dienstag vormittags, oder wann auch immer. Denkbar wäre es, schön wäre es nicht.

Sportlich betrachtet könnten die beiden Punkte den Luzernern inzwischen egal sein: Sie stehen am 16. Mai im Cupfinal (gegen den FC Basel), werden also in jedem Fall den Europa-League-Platz einnehmen, der dem Schweizer Cupgewinner zusteht. Bernhard Heusler will den Einspruch des FCB im Moment auch nicht zurücknehmen: «Jetzt Grosszügigkeit gegenüber Sion zu demonstrieren, könnte auch ein faules Zeichen sein.»

Pokalübergabe am 23. Mai

So wird der Präsident des FC Basel also am Sonntag ein bisschen rechnen («Die Tabelle ist ein neues Berufsbild für juristische Mathematiker»), und dann entscheiden, ob es schon opportun ist, zu feiern oder nicht.

Es wird jedenfalls keine Instanz geben, die am Sonntag allenfalls bekanntgibt, dass es einen neuen Meister gibt, auch nicht die Swiss Football League (SFL). «Es ist Usus, dass der Meisterpokal in der letzten Runde, oder allenfalls beim letzten Heimspiel übergeben wird», sagt SFL-Sprecher Philippe Guggisberg, «und so werden wir es auch dieses Jahr handhaben.» Das heisst: Am Mittwoch, 23. Mai, im St.-Jakob-Park, wenn der FCB die Young Boys empfängt.

Meister oder noch eine Woche warten

Die Varianten, wie der FC Basel am Wochenende Schweizer Meister werden kann – oder auch nicht oder halt mit Vorbehalt. (Tabelle vor dieser Runde siehe unten):

Luzern 0 Punkte gegen Servette | Basel 0 Punkte in Sion
Es bleibt bei 16 Punkten Abstand – Luzern kann aus 5 Spielen noch 15 Punkten holen und auf 2 Punkte am Grünen Tisch hoffen – Entscheid um eine Woche verschoben
Luzern 0 | Basel 1
17 Punkte Abstand – Luzern kann aus 5 Spielen noch 15 Punkten holen und auf 2 Punkte am Grünen Tisch hoffen – Auch wenn das Torverhältnis (Luzern +10, Basel +34) klar für Basel spricht: Entscheid um eine Woche verschoben
Luzern 0 | Basel 3
19 Punkte Abstand – das kann Luzern nicht mehr aufholen, Basel ist Meister
Luzern 1 | Basel 0
15 Punkte Abstand – das ist für Luzern bei 5 verbleibenden Spielen rechnerisch noch aufzuholen – Entscheidung vertagt
Luzern 1 | Basel 1
Es bleibt bei 16 Punkten Abstand – Luzern kann aus 5 Spielen noch 15 Punkten holen und auf 2 Punkte am Grünen Tisch hoffen – Entscheid um eine Woche verschoben
Luzern 1 | Basel 3
18 Punkte Vorsprung – so Gott, ein paar Juristen und Constantin will – Basel ist Meister, Luzern kann den FCB zumindest nicht mehr einholen
Luzern 3 | Basel 0

Nur noch 13 Punkte Abstand – Entscheidung vertagt, möglicherweise auch über die nächste Runde mit dem Heimspiel des FCB gegen Lausanne hinaus
Luzern 3 | Basel 1
14 Punkte Abstand – Entscheidung um eine Woche verschoben
Luzern 3 | Basel 3
Es bleibt bei 16 Punkten Abstand – Luzern kann aus 5 Spielen noch 15 Punkten holen und auf 2 Punkte am Grünen Tisch hoffen – Entscheid um eine Woche verschoben

 

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