Champions League in Basel – und keiner bekommt es mit

Der Schweizer Meister RHC Basel lockt trotz sportlichen Erfolgen nur wenige Zuschauer in die Morgarten-Halle. Ohne Basler Spieler fehlt dem Club die lokale Verwurzelung und als Randsportart hat Rollhockey mit mangelndem Medieninteresse zu kämpfen.

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(Bild: Meinrad Schön)

Der Schweizer Meister RHC Basel lockt trotz sportlichen Erfolgen nur wenige Zuschauer in die Morgarten-Halle. Ohne Basler Spieler fehlt dem Club die lokale Verwurzelung und als Randsportart hat Rollhockey mit mangelndem Medieninteresse zu kämpfen.

Sie sind Schweizer Meister, spielen in Rot-Blau und in der Champions-League, doch fast keiner geht hin. So präsentierte sich das Bild, als der RHC Basel kürzlich gegen den spanischen Spitzenclub Liceo La Coruña antrat. Nur knapp 150 Zuschauer fanden den Weg in die Rollsporthalle Morgarten und sahen die 3:5-Niederlage in der «European League», wie der Wettbewerb der besten europäischen Vereinsmannschaften heisst.

Internationales Flair in der Morgarten-Halle

Am Samstag, 12. Dezember, empfängt der RHC Basel um 20.00 Uhr CGC Viareggio zum Rückspiel in der European League.

» Rollsporthalle Morgarten (Bushaltestelle Linie 36, Buschweilerweg); Eintritt: 8 Franken

Immerhin 150 – bei Meisterschaftsspielen verlieren sich jeweils nur gegen 50 Fans in der Halle. Ein Grund für das mangelnde Zuschauerinteresse: Rollhockey gehört in der Schweiz zu den Randsportarten und selbst die lokalen Medien haben kaum davon Kenntnis genommen, dass der RHC Basel diesen Sommer Schweizer Meister geworden ist. Der FC Basel überstrahlt alles.

Den RHC Basel, nicht zu verwechseln mit der aufgelösten Rollhockey-Abteilung des RS Basel, gibt es erst seit vier Jahren. Die ersten zwei Jahre war er quasi das Farmteam des RHC Friedlingen. Beides sind Kinder von «Mister Rollhockey» Roger Ehrler, der den regionalen und nationalen Rollhockey-Sport in den letzten Jahren geprägt hat.

Ehrler hat als Junior beim RS Basel begonnen und später beim RSV Weil gespielt. Drei Jahrzehnte später und um einiges reicher, sorgte der Selfmade-Millionär mit seinem Engagement dafür, dass der RSV Weil 2009 Schweizer Meister und Cupsieger wurde.

Danach verkrachte sich Ehrler mit der Führung des RSV Weil und gründete mit dem RHC Friedlingen kurzerhand einen neuen Verein. Mit diesem wurde er 2012 prompt Schweizer Meister, doch kurz nach der Titelfeier löste Ehrler den Club wieder auf. Er hätte gerne europäisch für Furore gesorgt, doch wurde dem RHC Friedlingen als deutschem Schweizer Meister die Teilnahme an internationalen Wettbewerben untersagt.

Verein ohne Präsident

Seit zwei Jahren spielt der RHC Basel in der Rollsporthalle Morgarten, deren Bau Roger Ehrler massgeblich mitfinanziert hatte. Weil er nicht die gewünschten Trainingszeiten erhielt, kam es auch hier zum Knatsch.

Seit Ehrlers Rücktritt als Vereinspräsident ist dieses Amt beim RHC vakant, doch man kann offenbar auch ohne Präsidenten Schweizer Meister werden. Bereits im zweiten Jahr nach dem Aufstieg in die Nationalliga A gewann der junge Verein die entscheidende Ausmarchung gegen den Traditionsclub Genève RHC. Möglich war dieser Erfolg dank zugekauften Spitzenspielern aus Frankreich, Deutschland, Spanien, Portugal und Argentinien.

Das Transferkarussell rotiert munter

Wie schon in Friedlingen rotiert das Transferkarussell auch beim RHC Basel munter weiter. Einzige Konstante im Kader ist der 35-jährige Spielertrainer Tobias Mohr. Der ehemalige Spieler des RSV Weil hat neben mehreren Pokalsiegen zweimal die deutsche und dreimal die Schweizer Meisterschaft gewonnen.

Der RHC beim 4:2-Derbysieg in der Nationalliga A am vergangenen Wochenende beim RSV Weil:

» Zu Tabelle und Spielplan der Nationalliga A

Ebenfalls Weiler Wurzeln haben der nach einem Abstecher nach Frankreich zurückgekehrte Sebastian Winkler, sowie Junggoalie Julian Froese, Sohn von Betreuer Harald Froese und der 18-jährige Nachwuchsspieler Jan Bund.

Vom Meister-Team des RHC Basel ist neben Mohr nur noch der 31-jährige Alberto Garcia übrig geblieben. Diesen Sommer neu zum Team gestossen sind neben dem Argentinier Guido Pellizari (23) je zwei Spieler aus Spanien und Argentinien. Letztere mussten aber bereits wieder ihre Koffer packen. «Sie wollten nicht arbeiten» , erklärte Tobias Mohr gegenüber der Badischen Zeitung nach dem gewonnenen Spiel gegen den Lokalrivalen aus Weil.

Der Topskorer ist auch der Manager

Ebenfalls neu im Team ist Simon von Allmen (28). Der Rollhockey-verrückte Schweizer Topskorer und ehemalige Nationalspieler ist nach einem einjährigen Argentinien-Aufenthalt in die Schweiz zurückgekehrt. Beim RHC Basel ist er ausser fürs Toreschiessen fürs Management und die spanisch sprechenden Spieler zuständig.

 

Andi Rohrer Die Disco-Rollschuhe werden grad einmal mehr Trend. Hörer Simon von Allmen kümmerts herzlich wenig! Er steht …

Posted by SRF 3 on Samstag, 12. April 2014

Dank von Allmens Kontakten zu seinem früheren Club RHC Diessbach hat unlängst Goalie Patrick Mühlheim den Weg nach Basel gefunden. Zusammen mit dem Fricktaler Nachwuchsspieler Florian Kläui bilden sie die Schweizer Fraktion beim RHC Basel. Eine weitere Verstärkung mit ausländischen oder Schweizer Spielern sei in absehbarer Zeit nicht geplant, erklärt Simon von Allmen. Die Höhe des Budgets gibt der Verein nicht bekannt.

Schweizer Meister ohne Schweizer Spieler

Die Meisterschaft gewonnen hat das Team ganz ohne Schweizer Beteiligung – vom Geldsegen von Roger Ehrler einmal abgesehen. Das Fehlen von lokalen Identifikationsfiguren ist ein wesentlicher Grund, weshalb so wenige Fans die Spiele des RHC Basel besuchen. Immerhin sorgt eine Friedlinger-Weiler Fanfraktion für Zuschauer aus der badischen Nachbarschaft.

Beim Spiel gegen La Coruña fanden auch wieder einmal der ehemalige RS-Basel-Spitzenspieler und heutige Illusionist (Magréé) Marcel Grether sowie der langjährige Erfolgstrainer Fernando da Silva den Weg in die Morgarten-Halle. In ihren besten Zeiten hatte die Halle noch kein Dach. Trotzdem kamen die Zuschauer in Scharen.

Der Gast aus Italien

Als nächstes spielt der RHC Basel am Samstag gegen CGC Viareggio, Zweitplatzierter der italienischen Meisterschaft. Das Hinspiel ging mit 4:8 verloren, doch Simon von Allmen ist optimistisch und tippt auf einen knappen Sieg im Rückspiel.

Die Tabellensituation für den RHC in der European League, Gruppe D:

Er selbst hat als 18-Jähriger erstmals Champions-League gespielt, damals noch für seinen Stammclub Thunerstern. Sogar das Schweizer Fernsehen war damals mit dabei und filmte wie ihm ein Tor gelang. «Vor zehn Jahren kannte mich niemand, jetzt bin ich nicht mehr der Knirps, der sowieso kein Tor schiessen wird», sagt von Allmen, «aber mir ist es eigentlich egal, ob ich treffe oder nicht, Hauptsache das Resultat stimmt am Ende.

1992 war Rollhockey olympisch

Rollhockey wurde wie so viele andere Sportarten im 19. Jahrhundert von Engländern erfunden. Es wird mit klassischen zweiachsigen Rollschuhen gespielt und hat viele Ähnlichkeiten mit dem Eishockey. Strenge Regeln sorgen dafür, dass es einiges gesitteter und weniger ruppig, aber nicht weniger schnell zu und her geht.

Bis zum Zweiten Weltkrieg stellten die Engländer auch jeweils den Europameister. Seither streiten sich vor allem Spanien und Portugal um diesen und den Weltmeistertitel. In beiden Ländern ist Rollhockey äusserst populär. Aktueller Weltmeister ist Argentinien. Die Schweiz belegte am Turnier in Frankreich den eher enttäuschenden 10. Rang.

1992 war Rollhockey dank Juan Antonio Samaranch, damaliger IOC-Präsident und in den 1950er-Jahren spanischer Nationaltorwart, gar olympische Demonstrationssportart. Das Finale gewann Argentinien vor 17’000 Zuschauern mit 8:6 gegen Spanien. Wenn man Wikipedia glauben kann, kamen 1962 zum Finalspiel in Brasilien gar 125’000 Zuschauer. Von solchen Zahlen wagt man beim RHC Basel nicht einmal zu träumen.

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