Ludogorets Razgrad, am Mittwoch der Gegner des FC Basel in der Champions League, leistet sich einen hochbezahlten Torjäger, den er für das kapitale Spiel in Sofia in der Hinterhand hat. In der laufenden Saison kommt der bald 30-jährige Claudiu Keserü schon wieder auf 13 Treffer.
Gemessen an der Kulisse, den 1600 Schaulustigen, vor denen Razgrad am Samstag in der heimischen Ludogorets Arena seine Tabellenführung gefestigt hat, wird es am Mittwochabend in Sofia ganz anders zugehen. Obwohl 275 Kilometer Luftlinie zwischen dem Provinznest und der Hauptstadt liegen, werden wieder gegen 30’000 Zuschauer im Nationalstadion Vasil Levski erwartet. So viele (30’862) sind es vor drei Wochen auch gegen Arsenal gewesen.
Mit einem Sieg gegen den FC Basel erneut international eine Runde weiterzukommen, wie schon vor drei Jahren in der Europa League, als erst im Achtelfinal gegen Valencia Endstation war – das wird in Bulgarien als realistisches Ziel angesehen. Schliesslich hat Ludogorets im Herbst 2014 schon einmal gegen den Schweizer Meister gewonnen. Auch in der Champions League, auch in Sofia, damals in numerischer Überzahl nach einem frühen Platzverweis für FCB-Mittelfeldspieler Geoffroy Serey Die.
Das Nationalstadion Vasil Levski in Sofia: 275 Kilometer Luftlinie und vier Autostunden entfernt von Razgrad empfängt Ludogorets den FC Basel am Mittwoch zum dritten Mal nach 2013 und 2014. (Bild: uefa.com)
Damals war – mit einem Weitschusstor in der Nachspielzeit – Verteidiger Yordan Minev der Held des 1:0, dem ersten Sieg in der Königsklasse. In der Zwischenzeit hat sich Ludogorets ein paar echte Torjäger zugelegt. Wanderson zum Beispiel, oder einen weiteren Brasilianer, Jonathan Cafu, mit dem der FCB im Hinspiel unliebsame Bekanntschaft gemacht hat als Schütze des schmerzhaften Führungstores der Bulgaren.
Ludogorets rüstet mit Torjägern auf
Am Mittwoch werden die Basler ausserdem Claudiu Keserü mit auf die Rechnung nehmen müssen. Der sass, leicht angeschlagen, am 13. September im St.-Jakob-Park nur auf der Ersatzbank. Aber wenn der Rumäne in dieser Saison länger als zehn Minuten auf dem Platz stand, dann traf er mit enormer Zuverlässigkeit: 13 Tore in 17 Einsätzen sind Ausweis für seinen Torriecher.
Deshalb deutet einiges darauf hin, dass Trainer Georgi Dermendzhiev im Vergleich zum Spiel in Basel nur eine Änderung vornehmen wird: Mit dem Linksfuss Keserü als Angriffsspitze und Cafu in der 4-3-2-1-Formation auf dem rechten Flügel.
Werbung in eigener Sache hat Keserü, der am 2. Dezember 30 Jahre alt wird, bei der spektakulären 2:3-Niederlage gegen Arsenal gemacht. Nach Cafus zweitem Champions-League-Treffer traf Keserü auf Vorlage von Cafu zur frühen 2:0-Führung – im Stile eines Knipsers.
Als solcher hatte der nicht sonderlich grosse (1,78 Meter), aber bullige Keserü schon sehr früh auf sich aufmerksam gemacht. In der Wasserball-Hochburg Oradea an der rumänisch-ungarischen Grenze debütierte er mit 16 Jahren in der zweiten Liga. Ein Jahr später verpflichtete ihn der FC Nantes. Es folgten Wanderjahre durch Frankreich, wo er für Nantes, Libourne, Tours, Angers und Bastia 78 Tore in der Ligue 1 und 2 erzielte.
Keserüs Rekord: sechs Tore in einem Spiel
Im Winter 2013/2014 kehrte er in die Heimat zu Steaua Bukarest zurück, dem Verein, der 1986 den Europapokal der Meister in dem Jahr gewann, als Keserü geboren wurde. In Bukarest erzielte er seinen ersten Hattrick als Profi, den schnellsten überhaupt in der Europa League (innert 12 Minuten gegen Aalborg).
Mit Steaua gewann er den ersten Titel seiner Karriere, und am 15. August 2014 schoss er sämtliche Tore beim 6:0 im Meisterschaftsspiel gegen Pandurii. Damit löschte er den Rekord, den bis dahin ausgerechnet sein Trainer Constantin Galca gehalten hatte. «Ein Stürmer kann nur glänzen, wenn er von seinen Mitspielern bedient wird», sagte Keserü damals, «und in dieser Hinsicht bin ich verwöhnt.»
Bestbezahlter Profi in Razgrad
Ein lukratives, angeblich mit 2,5 Millionen Euro dotiertes Angebot von Al-Gharafa lockte ihn im Februar an den persischen Golf, aber nur ein halbes Jahr später landete der Wandervogel wieder in Razgrad. Keserü verdient in Bulgarien zwar kaum einen Drittel dessen, was ihm in Katar versprochen war, aber die kolportierten 700’000 Euro Jahres-Fixgehalt machen ihn dennoch zum bestbezahlten Spieler, den die Adler je beschäftigt haben und illustrieren, welche Möglichkeiten der kleine Verein aus der bulgarischen Fussballprovinz nach inzwischen fünf Meistertiteln in Folge besitzt.
Keserü bezahlt in der Währung zurück, auf die er sich versteht: Tore. 15 waren es in der vergangenen Saison allein in der A Grupa, was ihn zum Torschützenkönig in Bulgarien machte. Jetzt sind schon wieder zehn Tore zusammengekommen und mit zwei weiteren Treffern in der Qualifikation ebnete er Razgrad den Weg zur zweiten Gruppenphasen-Teilnahme des Vereins.
Nun kann sich Ludogorets – ebenso wie der FC Basel – mit einem Sieg am vorletzten Spieltag bereits den dritten Platz und damit die Fortsetzung der internationalen Kampagne im Frühjahr sichern. «Das ist sehr wichtig für uns», sagt Trainer Dermendzhiev und Vereinsbesitzer Kiril Domuschiev hat, wie bulgarische Medien berichten, die Pro-Kopf-Siegprämie für den Mittwoch auf 20’000 Euro verdoppelt.
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Mitarbeit: Miron Goihman