Cristiano Ronaldo und die Sucht nach Anerkennung

Basel erwartet den aufregendsten Fussballer der Gegenwart. Real Madrid gastiert am Mittwoch in der Champions League im St.-Jakob-Park, was für Cristiano Ronaldo eine von vielen Gelegenheiten ist, seinen Ruhm zu mehren und seiner Obsession zu folgen: allen zu zeigen, dass er der Grösste und Beste ist.

Cristiano Ronaldo (Bild: cr7shirts.com)

Basel erwartet den aufregendsten Fussballer der Gegenwart. Real Madrid gastiert am Mittwoch in der Champions League im St.-Jakob-Park, was für Cristiano Ronaldo eine von vielen Gelegenheiten ist, seinen Ruhm zu mehren und seiner Obsession zu folgen: allen zu zeigen, dass er der Grösste und Beste ist.

Seinen vorerst letzten Preis erhielt Cristiano Ronaldo vor drei Wochen. Nein: vor zwei. Pardon: vor einer. Okay, genau genommen war er jede Woche auf einer anderen Gala. Erst gab es von der spanischen Liga die Auszeichnungen zum besten Spieler und besten Stürmer der vergangenen Saison. Dann von den kontinentalen Sportmedien den Goldenen Schuh für Europas besten Torjäger. Schliesslich den Pokal für den «pichichi», den Torschützenkönig Spaniens, verliehen durch die Zeitung «Marca», die ihn bei der Gelegenheit gleich noch als besten Spieler der Vorsaison ehrte. Kurzum: Ronaldo gefällt sein Leben gerade ziemlich gut.

Stets in Schwarz, immer gut frisiert und bisweilen mit Model-Freundin Irina Shayk im Schlepptau, nahm er die Trophäen entgegen. Sie werden gleich weitergegeben ins Museu CR7 auf Madeira, wo er als erster aktiver Fussballer eine eigene Ruhmeshalle unterhält. Eines kann man ihm gewiss nicht vorwerfen: Heuchelei. Er tut – anders als unter seinen Kollegen üblich – gar nicht erst so, als wären ihm diese Preise egal. Im Mannschaftssport Fussball gelten offen zur Schau gestellte Eitelkeiten als Tabu. Aber Ronaldo hat auch diese Grenzen gesprengt.

Der erste Sportler mit über 100 Millionen Facebook-Fans ist längst in einem Stadium des Ruhms angekommen, wo er sich nicht mehr althergebrachten Verhaltensmustern anpassen muss, sondern selber Massstäbe setzen kann. Im Alter von 29 Jahren steht er für einen Kult der Ambition, der selbst Trainer und Mitspieler immer wieder fasziniert. Durchhänger, Motivationsprobleme – er kennt das auch nach 726 Partien für Club und Land noch nicht.

Und sei es auch nur ein Pokalspiel bei einem Drittligisten: Immer gibt es eine Statistik zu verbessern, immer einen Rekord zu jagen. «Ich arbeite hart, um zu gewinnen», sagte er bei der jüngsten Gala. «Auf kollektiver Ebene, aber auch auf individueller.» Und damit auch das klar ist: «Ich werde nie müde, zu gewinnen.»

Rekorde kann keiner wegdiskutieren

Wer nie zufrieden ist, der kann nicht glücklich sein – so lehrten es bereits die antiken Philosophen. Doch Cristiano Ronaldo scheint diese Lebensweisheit ausser Kraft zu setzen. Die Sucht nach Anerkennung, die vielen so auf die Nerven geht, ist offenbar genau der richtige Betriebsmodus für ihn. Nach vier Spielzeiten in Folge mit jeweils mehr als 50 Toren hat er seine Frequenz diese Saison noch einmal gesteigert. Bislang stehen, wettbewerbsübergreifend, schon wieder 25 Treffer zu Buche.

Der Posterboy des Fussballs als Posterboy in eigener Sache: CR7.

Vor allem seine Fitness liess daher vor dieser Saison etliche Fragezeichen aufkommen. Doch in seiner Karriere gibt es eine beeindruckende Konstante. Ob er nach dem provozierten Platzverweis für Wayne Rooney im WM-Viertelfinale 2006 als englischer Staatsfeind zu seinem damaligen Club Manchester United zurückkehrte, ob er sich durch seine sture Rebellion gegen Messis Herrschaft unter Druck setzte oder nun in Brasilien zum Gespött der Weltöffentlichkeit wurde – immer kam er stärker zurück. Körperlich noch besser. Fussballerisch noch variabler. Mental noch entschlossener.

18 Tore in zehn Ligaspielen hat er schon wieder erzielt (fünf davon per Elfmeter). In der ganzen Primera División haben ausser Real nur Barcelona, Valencia und Atlético öfter getroffen, in der deutschen Bundesliga nur zwei Teams und in der Schweiz nur die Hälfte der Erstligisten. Ronaldo schiesst allein mehr Tore als andernorts ganze Mannschaften.

Jorge Mendes, sein Berater und väterlicher Freund, der Mann, der ihm ein Jahresgehalt von 17 Millionen Euro netto und eine (Rekord-)Ausstiegsklausel von einer Milliarde Euro aushandelte, sagte kürzlich: «Einen wie ihn wird es die nächsten 500 Jahre nicht mehr geben. Er wird Rekorde brechen bis er 40 ist.» Die vorerst letzte dieser Bestmarken stellte er am Freitag auf. Das 1:0-Siegtor für Portugal gegen Armenien war sein 23. Treffer im Rahmen von EM- und EM-Qualifikations-Spielen. «Früher oder später musste es ja passieren», kommentierte er gelassen. Was ist schon ein Rekord, den der Argentinier Messi nicht erreichen kann.

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