Noch immer ist die Verpflichtung von Marcelo Diaz als neuer, vielversprechender Mittelfeldspieler des FC Basel nicht offiziell. Weil der Chilene mit seinem Club Universidad de Chile von Erfolg zu Erfolg eilt, könnte sich seine Ankunft in der Schweiz hinziehen.
Im besten Fall wird es mit dem Wechsel für Marcelo Alfonso Diaz Rojas zum FC Basel knapp: Am 18. Juni nimmt der FC Basel das Training bereits wieder auf, und vier Wochen später am 14./15. Juli beginnt die neue Saison, sogleich gefolgt von der ersten Qualifikationsaufgabe der Basler für die Champions League am 17./18. Juli. Der Mittelfeldspieler Marcelo Diaz tanzt derzeit noch auf drei Hochzeiten, was erklären könnte, warum sein in den chilenischen Medien längstens verhandelter Wechsel noch nicht von den beiden Clubs kommuniziert wurde.
Das aufregendste Fest erlebt der Club de Futbol Universidad de Chile derzeit in der Copa Libertadores, dem Pendant zur europäischen Champions League. Zum vierten Mal stehen «Los Azules», die Blauen oder das «blaue Ballett», wie sie gerufen werden, im Semifinale, und einer der Hauptdarsteller ist eben dieser Marcelo Diaz. In den beiden Viertelfinalspielen gegen den Club Libertad aus Paraguay, die beide 1:1 endeten, erzielte Diaz im Rückspiel Mitte vergangener Woche das 1:0 und war im Penaltyschiessen (5:3) unter den erfolgreichen Schützen für Universidad.
Das grosse Spiel unter den Augen von Heitz
Nicht weniger packend verlief das Achtelfinal, wo die Chilenen als einer der souveränen Gruppensieger das Hinspiel bei Deportivo Quito 1:4 verloren. Vor 50‘000 Zuschauern im Estadio Nacional Julio Martinez Prádanos kam es jedoch zum ungeheueren Comeback von «La U», wie der Verein von seinen Fans genannt wird.
Herausragender Spieler mit einem Tor, zwei Assists und zwei vorletzten Pässen zu zwei Toren war wiederum Marcelo Diaz. Am Ende hiess es 6:0 gegen die Ecuadorianer, Diaz wurde zum «Man of the Match», und das alles passierte notabene unter den Augen von Georg Heitz. Der Sportdirektor des FC Basel weilte in den Tagen um diesen 10. Mai in der Hauptstadt Santiago de Chile, um die Verhandlungen voranzubringen.
Einer wie Xavi oder Iniesta
Es dürften ihm die Augen getränt haben angesichts der Vorstellung von Diaz, der auf seinem Heimatkontinent wahlweise als «der chilenische Iniesta» oder «Südamerikas Xavi» gepriesen wird. Im zentralen Mittelfeld daheim, als Zwei-Wege-Spieler ausgebildet, also sowohl offensiv kreativ wie mit einem defensiven Gewissen ausgestattet, ist der Vergleich mit den ganz grossen Strategen des FC Barcelona zumindest in einer Hinsicht erlaubt: Auch Diaz ist ein kleingewachsener Spieler mit 1,66 Metern.
Marcelo Diaz gehört einer goldenen Generation bei Universidad an. Seit der Installierung des Argentiniers Jorge Luis Sampaoli als Trainer Anfang 2011 erlebte der Club einen Höhenflug. Er gewann die Apertura, die Frühjahrsmeisterschaft, ebenso wie die Clausura, die Herbstrunde.
Und dazu feierte «La U» am 15. Dezember 2011 auch noch seinen grössten Triumph, den ersten internationalen Titel seit Vereinsgründung 1927. Mit 1:0 und 3:0 wurde in den Endspielen der Copa Sudamericana – vergleichbar mit der Europa League oder dem früheren Uefa-Cup – LDU Quito geschlagen. Mit Diaz im Zentrum des Spiels.
4,5 Millionen Franken Ablöse
Seit November vergangenen Jahres ist Diaz, der in der Hauptstadt geboren wurde, auch Nationalspieler, ebenfalls unter einem Argentinier, Claudio Borghi. Dieser Leistungsausweis zeigt, dass da etwas auf den FC Basel zukommt, dass er auf eine Perle gestossen ist und das macht den 25-jährigen nicht zu einem Schnäppchen.
Umgerechnet gegen 4,5 Millionen Franken dürfte die Ablöse betragen, was Diaz nach Alex Frei zum zweitteuersten Transfer der Basler Clubgeschichte machen dürfte.
Aber an flüssigen Mitteln fehlt es dem FCB nach der erfolgreichsten Champions-League-Kampagne und den Abgängen von Xherdan Shaqiri (Bayern München) und Granit Xhaka (Borussia Mönchengladbach) nicht. Langfristig dürften für die beiden über 25 Millionen Franken zurückfliessen ans Rheinknie.
Diaz‘ praller Terminkalender
Fragt sich also nur noch, wann der FC Basel den interkontinentalen Zahlungsverkehr auslösen kann. Denn Diaz‘ Terminkalender ist prall gefüllt. Am 2. und 9. Juni spielt er mit der Nationalmannschaft in Bolivien und Venezuela um die WM-Qualifikation. Kaum zurück, geht es im Viertelfinal des Playoffs der Primera Division mit einem 2:0-Vorsprung ins Rückspiel gegen Cobreloa. Und als neuerlicher souveräner Sieger der Apertura mit fünf Punkten Vorsprung fiebert nun die Kapitale dem Derby gegen das bereits als Halbfinalist feststehende Colo-Colo entgegen. Der Stadtrivale ist mit 29 Meisterschaften Chiles erfolgreichster Verein; Universidad folgt mit 15 Meitertiteln.
Das nationale Championat zieht sich also noch hin, da beginnt der FC Basel bereits wieder mit dem Training. Und dann hat Marcelo Diaz mit «La U» noch etwas in der Copa Libertadores vor: Am 14. Juni (daheim) und 21. Juni geht es gegen den sechsmaligen Copa-Sieger Boca Juniors in den Halbfinals darum, erstmals in die Endspiele des wichtigsten südamerikanischen Clubwettbewerbs einzuziehen. Diese sind am 26./28. Juni und 3./5. Juli angesetzt.
Läuft es seinem Club wie gewünscht, bliebe Marcelo Diaz nicht mehr viel Zeit, um erstens Luft zu holen und zweitens, sich an seine neue Umgebung in Basel und der Schweiz zu gewöhnen und ausserdem sich rasch in ein neues Team einzufügen. Aber einiges zu erzählen hätte er dann. Damit er besser verstanden wird, nimmt er offenbar schon fleissig Englischlektionen.