Keine Nation ist an den Nordisch-Weltmeisterschaften im Val di Fiemme im Langlauf auch nur annähernd so erfolgreich wie Norwegen mit Northug, Björgen, Johaug und Co. Wird Dario Cologna im abschliessenden Rennen über 50 Kilometer zum Spielverderber?
Bei der Weltmeisterschaft im Ski nordisch dominiert eine Nation: Norwegen. Bei den Männern ist Norwegen nach Anzahl Medaillen die erfolgreichste Nation. Und mit Petter Northug figuriert der mittlerweile neunfache Rekord-Weltmeister gemeinsam mit dem Sprint- und Teamsprint-Weltmeister Nikita Kriukow am besten da. Und das könnte sich im letzten Rennen weiter zugunsten Northugs verschieben. Auch im 50-km-Massenstartrennen (Sonntag, 3. März, 12.30 Uhr) gehört der 27-Jährige zu den Topfavoriten.
Dagegenhalten möchten aber einige, vor allem auch Skiathlon-Weltmeister Dario Cologna. «Ich fühle mich bereit und möchte nochmals gross auftrumpfen», sagt er. Allerdings, das hat sich in den bisherigen Entscheidungen klar gezeigt, auf die letzten 500 m sollte er sich dabei nicht verlassen. Da verfügt Northug über einzigartige Qualitäten.
Keine kommt an die Norwegerinnen heran
Noch überragender als die Männer sind die Norwegerinnen an dieser Weltmeisterschaft. Auch am Samstag wieder wurde Marit Björgen ihrer Reputation als Sprint- und Staffel-Weltmeisterin gerecht und setzte sich im Finish klar durch. Bei «Kaiserwetter» stürzte die Königin oder weniger pointiert ausgedrückt: Jusitina Kowalczik (Pol), die Weltcup-Leaderin und Favoritin des 30-km-Massenstartrennens zum Abschluss der Frauen-Langlauf-Wettbewerbe, musste sich mit Rang 2 zufrieden geben. Die volle Konzentration auf dieses Rennen und das Passen über 10 km Skating für diesen Klassisch-Wettbewerb brachte nicht den vollen Erfolg.
Und so präsentierte das Podest wie so oft an diesen Titelkämpfen: zwar nicht Norwegen, Norwegen, Norwegen, aber die Norwegerin im Zentrum und somit auf der überragenden Position. Das war fast immer so an dieser WM: Fünf der sechs Goldmedaillen gingen an die Skandinavier. Sie dominierten schier nach Belieben. Nur im Teamsprint, der Prüfung mit der geringsten Tradition und mässiger Ausstrahlung ging die Rechnung nicht auf und musste den US-Amerikanerinnen der Vortritt überlassen werden. Bei den Distanzrennen aber gab es keine Diskussionen, und auch im Einzelsprint nicht.
Björgen verdächtig brillant
Und eine Athletin überragte alle: Marit Björgen. Die 33-Jährige aus Trondheim gewann ihre Weltmeistertitel 9 (Sprint), 10 (Skiathlon), 11 (Staffel) und 12 (30 km) und näherte sich Jelana Välbe (Rus/14 Titel), die sich nun plötzlich in Reichweite präsentiert. «Diese letzte Goldmedaille strebte ich mit voller Überzeugung an», sagte Björgen nach ihrem jüngsten Erfolg. Ihre langjährige Erfahrung nutzte sie, ebenso die schwierigen Bedingungen mit dem nassen und Kräfte raubenden Schnee. Und schliesslich sagte sie einen bemerkenswerten Satz, der ihren Konkurrentinnen zeigt, dass weiterhin mit ihr zu rechnen sein wird und ihr Erfolgshunger noch nicht gestillt scheint: «All die Erfolge, die Medaillen, die ich in meiner langen Karriere gewonnen habe, spielen mir keine allzu wichtige Rolle. Was zählt ist das nächste Gold.»
So gross der Jubel, so medial orchestriert die Triumphe der Norwegerinnen – hinterfragt wird diese Überlegenheit. Nicht nur das im Vergleich zu andern Nationen grosse Reservoir an leistungsstraken Athletinnen und Athletinnen, deren gezielte Förderung und die feudalen finanziellen Möglichkeiten, aus welchen das norwegische Team schöpfen kann, werden herangezogen. Ohne Doping-Vermutungen wird in der heutigen Zeit (zu Recht) keine überragende Leistung mehr gesehen.
«Barbusig gegen Doping»
Beim Thema Norwegen und Langlauf-Erfolge titelte gar die altehrwürdige NZZ diese Woche schier boulvardmässig: «Barbusig gegen Doping». Thematisiert wird im Artikel der offensive Kampf von Therese Johaug gegen den ständigen Zweifel an den überragenden Leistungen der norwegischen Langläuferinnen. «Glauben Sie, dass in einem so schönen Körper Dopinggifte versteckt sind?» hiess die delikate Frage auf der Webside der Skiathlon-Weltmeisterin.
Von Björgen weicht dadurch die Aufmerksamkeit keineswegs. Und auch nicht die Stimmen der Warner. An Heiligabend plagten sie derart heftige Herzrhythmusstörungen, dass sie das Krankenhaus aufsuchen musste. Jüngst, beim Weltcup in Davos, verzichtete sie auf den Start, spekulativ wieder aus demselben Grund. Doch auf die sportliche Leistungsfähigkeit hatten diese Zwischenfälle keine hemmende Wirkung. Spekulationen, ob die Asthmatikerin, die ständig auf Medikamente angewiesen ist, sich in einem gefährlichen Grenzbereich bewegt, sind nicht vom Tisch. An weiteren Beispielen wird Thematik warm gehalten.