Bereits nach der zweiten der acht Tour-de-Ski-Etappen muss Dario Cologna seinen vierten Gesamtsieg abschreiben. Nach vielversprechendem Auftakt wird der Münstertaler im Massenstart-Rennen in der Lenzerheide entscheidend zurückgebunden.
Die Pose sprach Bände: Martin Johnsrud Sundby, der Mann, der den Männer-Langlauf derzeit prägt, überquerte die Ziellinie mit schwingendem Arm und breitem Lächeln. Worte waren nicht nötig. Das Bild wirkte, und die Körpersprache hatte schon während den 75 Minuten dieses 30-Kilometer-Klassisch-Rennens in der Lenzerheide je länger je stärker für den Norweger gesprochen – und gegen seine Widersacher.
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Sundby prägte das Rennen. Er dominierte es. Das Ziel erreichte er deutlich vor der Konkurrenz: 34 Sekunden vor dem zweitplatzierten Petter Northug, 35 vor dem dritten Didrik Toenseth und dem vierten und ersten nicht-Norweger, dem Russen Sergey Ustiugov.
Und Dario Cologna? Der dreifache Olympia-Sieger, dreifache Tour-de-Ski-Gesamtsieger und Hoffnungsträger eines Grossteils der Tausenden von Fans entlang der Pistenschlaufen? Er lief als Zwölfter ein, 1,36 Minuten hinter Sundby.
Der frühe Einbruch
Nach dem Ausrufezeichen am Vortag und Rang 6 im Sprint kam damit der Dämpfer für Cologna postwendend. «Es lief einfach nicht», sagte Cologna. Er verbarg die grosse Enttäuschung nicht und gab dabei einen verunsicherten Eindruck ab.
In der Anfangsphase hielt er mit Sundby mit, zwischenzeitlich preschte er gar forsch an die Spitze vor und diktierte den Rhythmus während Hunderten von Metern. «Ich wollte vorne mitlaufen, das Rennen mitprägen und mich zeigen», sagte der 29-Jährige.
Das «gute Gefühl und das Selbstvertrauen» schwanden jedoch rasch. Cologna vermisste fehlende Energie und die Leichtigkeit, in der Gruppe die Rhythmuswechsel mitzugehen und wegzustecken. Nach 45 Laufminuten und gut 17 zurückgelegten Kilometern musste er abreissen lassen. Und erst ganz am Schluss fing er sich wieder soweit auf, dass er schliesslich nicht mehr weiter an Rängen und Zeit einbüsste.
Drastische Folgen
Vom Rätseln über das ständige Auf und Ab in dieser Saison sprach er anschliessend, von «einer schmerzhaften Niederlage» aber auch davon, dass «ich nicht mehr werde mitreden können um den Gesamtsieg».
Zur verlorenen Zeit summierten sich die Bonussekunden, welche Sundby nicht nur dem Schweizer, sondern auch den weiteren Anwärtern auf den Gesamtsieg, abnahm.
Als Zehnter des Zwischenklassements liegt Cologna gegenüber Sundby 2,48 Minuten zurück. Auf den zweiten Northug fehlen ihm 1,30 Minuten. Im Verfolgungsstart-Rennen über 10 Kilometer Skating vom Sonntag (Start: 11:45 Uhr), dem dritten und letzten Rennen in der Lenzerheide, will sich Cologna daran machen, nicht zuletzt der eigenen Verunsicherung ein Gegenzeichen zu setzen.
Therese Johaug auf Kurs Titelverteidigung
Bei den Frauen machte Vorjahressiegerin Therese Johaug (No) beim Samstags-Rennen klar, dass der Gesamtsieg erneut über sie führen dürfte. Die 27-Jährige setzte sich über die 15 Kilometer klassisch bereits nach wenigen Minuten von sämtlichen Widersacherinnen ab.
Norwegische Glückshormone: 15-Kilometer-Sigerin Therese Johaug umrahmt von ihren Landsfrauen Ingvild Flugstad Oestberg (links) und Heidi Weng. (Bild: Keystone/GIAN EHRENZELLER)
Das Ziel erreichte sie mit einem Vorsprung von 37 Sekunden auf die Siegerin des Auftaktsprints, ihre vier Jahre jüngere Landsfrau Ingvid Oestberg. Mit den Bonussekunden, die sie sich unterwegs sicherte, übernahm sie bereits die Gesamtführung.
«Ich trat entspannt an, konzentrierte mich auf mein eigenes Rennen, die Technik und die Körpersignale und bekundete ein tolles Gefühl», beschrieb sie. Das heutige Verfolgungsstart-Rennen über 5 Kilometer wird Johaug mit einer Reserve von nur 4,5 Sekunden auf Oestberg in Angriff nehmen. Spannung scheint also zumindest zu Beginn garantiert.
Boners Lebenszeichen und Forfait
Ihren sensationellen zwölften Zwischenrang nach dem Sprint konnte Nadine Fähndrich erwartungsgemäss nicht halten. Als Zweitletzte erreichte die 20-Jährige das Ziel. In die entgegengesetzte Richtung im Klassement bewegten sich Nathalie von Siebenthal und Seraina Boner – nämlich von Siebenthal von der 25. auf die 22. Position und Boner von 36 auf 25.
«Je länger das Rennen dauerte, desto besser fühlte ich mich», sagte die routinierte Boner nach der 21. Tageszeit. Und die 22-jährige von Siebenthal meinte: «Die Schwierigkeit für mich war es, meinen Rhythmus schnell zu finden. Das ist mir gelungen.»
Weil Boner auf die Volkslaufserie Ski Classic setzt und am übernächsten Wochenende wieder im Einsatz stehen wird, bricht sie die Tour vorzeitig ab. Ihre Argumentation: «In der Classic-Serie um den Sieg laufen, ist für mich wichtiger, als in der Tour de Ski um einen Rang in den besten 15 zu kämpfen.»