Nicht nur in Basel ist ein Torjäger ein Hauptgesprächsthema. Auch bei Bayern München und Borussia Dortmund, die heute im DFB-Pokal (20.30 Uhr, ARD live) im neuen deutschen Klassiker aufeinanderprallen.
Die Laune von Jürgen Klopp ist in den vergangenen Tagen nicht immer gut gewesen, am Sonntag nach dem 1:1 des BVB bei Borussia Mönchengladbach wirkte er dünnhäutig und verärgert. Aber es gibt ein Thema, bei dessen Erwähnung der Trainer umgehend freundlich und entspannt wird: das Ärgernis Robert Lewandowski.
haben es schon geschafft
Der SC Freiburg mit einem 3:2 nach Verlängerung in Mainz und Diego Benaglio mit dem VfL Wolfsburg (2:1 beim Drittligisten Offenbach) haben am Dienstag bereits den Sprung in die Halbfinals des DFB-Pokal (am 16./17. April) geschafft. Neben dem Schlagerspiel Bayern-Dortmund duellieren sich heute auch noch der VfB Stuttgart und der letzte verbliebene Unterklassige, der in der 2. Bundesliga in Abstiegsnot steckende VfL Bochum.
Der Stürmer wird den Club entweder im kommenden Sommer gegen eine satte Zahlung oder 2014 ablösefrei verlassen, das scheint klar zu sein. Vieles deutet darauf hin, dass er zum FC Bayern wechselt, wo die Dortmunder am heutigen Abend spielen werden. Und natürlich verleiht das DFB-Pokal-Viertelfinale der Geschichte neuen Schwung.
So sagte Lewandowskis Berater Cezary Kucharski am Wochenende im polnischen Fernsehen, «Robert hat seine Entscheidung getroffen, er allein entscheidet, wann sie bekannt gegeben wird». Es gibt günstigere Momente für so eine Aussage, aber Klopp zuckt nur mit den Schultern, seine Stimme wird demonstrativ sanft: «Was Herr Kucharski sagt und zu welchem Zeitpunkt oder in welchen Sendungen, das ist mir wirklich Wurst. Ich bin über alles was Robert bezüglich Fussball denkt, informiert, deswegen gibt’s da wenig Neuigkeiten.»
Die Dortmunder Contenance
Die Dortmunder sind um Deeskalation bemüht, aber die Gelassenheit ist wohl auch ein bisschen aufgesetzt. Natürlich nervt es, wenn so eine Debatte wochenlang vor sich hin köchelt und ständig mit neuen Gerüchten und Aussagen von Beratern oder Experten genährt wird. Reine Schauspielerei ist die Contenance aber nicht, denn die Dortmunder haben zuletzt die Erfahrung gemacht, dass der Verlust des besten Spielers für der Mannschaft gar nicht unbedingt schadet.
Als Nuri Sahin den Club vor eineinhalb Jahren verlassen hat, kam Ilkay Gündogan, der ganz ähnliche Fähigkeiten hat, vielleicht ist er sogar noch besser, weil er beweglicher und schneller ist. Ein Jahr später verliess Shinji Kagawa die Borussia, aber kaum jemand vermisst den Japaner, weil das brillante Offensivduo Mario Götze/Marco Reus jeden Gegner in Angst und Schrecken versetzt. Und als Lucas Barrios – immerhin der erfolgreichste Torjäger der ersten Meistersaison – ging, kam Lewandowski.
Die Dortmunder waren in den vergangenen Jahren nicht nur die geschicktesten Einkäufer der Liga, sie bieten auch ein Umfeld, in dem Spieler sich besonders gut weiter entwickeln. «Wir haben viel Geld ins Scouting-System gesteckt», versucht Michael Zorc den Erfolg zu erklären, seit ein paar Jahren gibt es eine Software, «die dir auf ein paar Knopfdrücke detaillierte Daten über alle Spieler der 25 wichtigsten Ligen der Welt auswirft», berichtet der Sportdirektor. Aber solche Mittel setzen andere Klubs natürlich auch ein.
Das grosse Dortmunder Transfer-Motiv
Wichtiger ist vielleicht die Tatsache, dass es ein grosses Motiv gibt, das hinter allen Dortmunder Transfers erkennbar ist: Beim BVB spielen ausschliesslich Fussballer, die die Defensivarbeit nicht als lästige Pflicht begreifen, sondern als Aufgabe, die Freude bereitet. Dortmunder Fussballer müssen Bock auf das Verteidigen haben, sie müssen sich mit Laufbereitschaft und Hingabe für die Abwehrarbeit des Kollektivs engagieren. Es kommt nicht allein auf die fussballerischen Fähigkeiten an, sondern auf eine bestimmte Haltung zum Spiel, die klassischen Torjägern oft fehlt, und das macht gerade die Suche nach Stürmern kompliziert.
Auch Joachim Löw hat ja grosse Probleme eine Spitze für sein 4-2-3-1 zu finden, die seinen Vorstellungen entspricht, zumindest wenn Miroslav Klose ausfällt. Der Typus Lewandowski ist extrem selten, Klopp und Löw haben deshalb schon ausprobiert, ob Mario Götze als Sturmspitze taugt. Aber eigentlich wollen beide lieber mit einem echten Stürmer spielen.
Nimmt der BVB einen ablösefreien Abgang in Kauf?
Es wäre daher interessant zu wissen, wo die Dortmunder Scouts sich derzeit herumtreiben auf ihrer Stürmersuche. Es kursieren Namen wie Mame Diouf (Hannover 96), Edin Dzeko (Manchester City) und Stefan Kiessling (Bayer Leverkusen), aber ganz bestimmt haben sie ein paar Anwärter im Notizblock, die in Deutschland kaum jemand kennt
Dass Zorc und Klopp noch einmal den Mut haben, einen neuen Namenlosen zu verpflichten, darf allerdings bezweifelt werden. Denn ein solcher Spieler müsste sofort funktionieren, und schliesslich hatten Barrios und auch Lewandowski ihre Anlaufschwierigkeiten. Es sei denn, die Dortmunder entscheiden sich dafür, Lewandowski bis zum Vertragsende 2014 zu halten, damit sie sich im Schatten des Wechselwilligen, einen neuen Diamanten zurechtschleifen können. Und die Bayern würden sie damit auch ein bisschen ärgern, aber das wollen sie nun erst einmal am heutigen Abend tun.