«Ich habe die beste Zeit meines Lebens auf dem Court», sagt Timea Bacsinszky am French Open 2015. Dabei hatte die Schweizer Tennisspielerin im April 2013 mit dem Tennis abgeschlossen.
Wenn Timea Bacsinszky über die Turnieranlage von Roland Garros schreitet oder sich auf eines ihrer Matches bei diesem französischen Grand Slam vorbereitet, dann sind die Gedanken an die French Open 2013 nie ganz weit weg. Es war der Moment, in dem ihr Tennisleben noch einmal von vorne anfing, in dem ein neues, unverhofftes Kapitel begann – obwohl das Buch eigentlich schon zugeschlagen war.
Im April 2013 hatte sie mit dem Tennis abgeschlossen, im Mai 2013 spielte sie dann doch in der Qualifikation in Paris mit, weil die French Open-Macher bei ihr nachgefragt hatten, ob sie nicht herüber kommen wolle zur Anlage am Bois de Bologne. Und heute, sagt die Immer noch-Tennisspielerin Bacsinszky, «habe ich die beste Zeit meines Lebens auf dem Court. Manchmal kommt mir alles total unwirklich vor, als wäre ich in einem Film gelandet.»
Absurditäten, Kuriositäten und Verrücktheiten
Bacsinszky ist so etwas wie ein Phänomen dieser French Open, überhaupt aber des weiblichen Wanderzirkus. Eine Geschichte wie ihre, diese Wiederauferstehung aus einem privaten Drama, dauernden Verletzungen und einem bereits erklärten Rücktritt, eine solche Geschichte ist selbst in der an Absurditäten, Kuriositäten und Verrücktheiten nicht gerade armen Szene noch einmal von besonderer Dimension.
«Ich finde es unglaublich, was sie in den letzten beiden Jahren geleistet hat», sagte am Dienstag, nach dem 6:3, 6:4-Sieg der Schweizerin gegen Laura Arruabarrena, die US-amerikanische Tennislegende Chris Evert. Der Erfolg war allerdings bei weitem nicht so ungefährdet wie es die nackten Zahlen vermuten lassen – im zweiten Satz lag Bacsinszky sogar 1:3 im Hintertreffen, spielte sich aber souverän zurück und sparte sich so auch kostbare Energie für weitere Bewährungsproben. In der zweiten Runde geht es für die Nummer 24 der Weltrangliste nun erst einmal gegen die Tschechin Tereza Smitkova (WTA 65).
«Ich bleibe auf dem Boden»
«Bis an die Limits» sei sie gefordert gewesen, sagte Bacsinszky später in einem der kleineren Interviewräume von Roland Garros vor sozusagen ausverkauftem Haus. Die Schweizerin, eine der erfolgreichsten Spielerinnen der Saison, ist längst nicht nur eine gefragte Figur und Gesprächspartnerin für die nationale Presse. «Ich merke schon, dass das Interesse an mir und meiner Geschichte gestiegen ist», sagt Bacsinszky, «aber ich bleibe ruhig. Und ich bleibe auf dem Boden. Es gibt keinen Grund, verrückt zu spielen.»
Wie sehr sie allerdings die sportlichen Erfolge beflügeln, ist ihr auf Schritt und Tritt anzumerken – und auch in ihren Begegnungen mit der Presse zu erkennen: Bacsinszky wirkt gewinnend, sie strahlt Selbstbewußtsein und Lebensfreude aus, erscheint wie eine, die (zurecht) stolz ist auf diesen Dreh, den sie ihrem ganzen Leben gegeben hat. «Ich habe einfach wieder Spaß an den Dingen, die ich mache», sagt sie, «dieser Spaß fehlte mir lange, lange Zeit.»
Sie spricht bei Interviewterminen auch immer mal wieder von Ängsten und Zweifeln, die sie auch jetzt noch hat. Aber sie spricht eben auch davon, dass es jetzt Menschen in ihrem Leben gibt, die ihr helfen, «alle kritischen Situationen zu meistern» – ob nun ihr Freund oder der Trainer Dimitri Zavialoff. Sie beschreibt ihr Leben jetzt auch gerne so: «Früher war das Glas für mich immer halb leer. Jetzt ist es immer halb voll. Mindestens.»