«Das war doof von mir»

Vielleicht war es alles ein bisschen viel diese Woche, vielleicht war es zu heiss – ein malträtierter Valentin Stocker geht jedenfalls im Büsserhemd nach seinem Ausraster und Lausanne-Trainer Laurent Roussey bejammert die Welt, nachdem der FC Basel sich mühsam ein 2:0 (1:0) gegen ultradefensive Gäste aus den Rippen geschwitzt hat.

Basel's Valentin Stocker leaves the pitch after being sent off during the Super League soccer match between FC Basel and FC Lausanne-Sport at the St. Jakob-Park stadium in Basel, Switzerland, on Saturday, July 27, 2013. (KEYSTONE/Georgios Kefalas) (Bild: Keystone/Georgios Kefalas)

Vielleicht war es alles ein bisschen viel diese Woche, vielleicht war es zu heiss – ein malträtierter Valentin Stocker geht jedenfalls im Büsserhemd nach seinem Ausraster und Lausanne-Trainer Laurent Roussey bejammert die Welt, nachdem der FC Basel sich mühsam ein 2:0 (1:0) gegen ultradefensive Gäste aus den Rippen geschwitzt hat.

Die rechte Hand an der Gurgel des Gegenspielers, der Arm drückt diesen nach unten, der Kontrahent fällt. Es gibt keine zwei Möglichkeiten, die Situation zu beurteilen. Valentin Stocker begeht nach etwas mehr als sechzig Minuten des Spiels des FC Basel gegen Lausanne-Sport eine klare Tätlichkeit.

Und der Flügelspieler des FCB mag nach dem Spiel auch gar nicht lange um den an diesem Abend wirklich sehr heissen Brei herumreden. Rot hat er von Schiedsrichter Nikolaj Hänni danach gesehen, das gibt ihm etwas mehr als eine halbe Stunde Zeit, sich herunterzukühlen, bevor er vor die Journalisten tritt.

«Hatte Angst um meine Beine»

«Das war doof von mir», sagt Stocker sogleich, «ich muss mich dafür entschuldigen.» Aber der 24-Jährige will auch ein wenig um Verständnis werben: «Ich hatte in der Situation einfach Angst um meine Beine. Vielleicht habe ich auch deswegen so reagiert, weil ich schon einmal ein Jahr lang verletzt ausgefallen bin.»

Die Szene vom Foul, von Valentin Stockers Tätlichkeit und dem Platzverweis im Video des SRF.

Bereits in der ersten Halbzeit, sagt Stocker, sei er zu Schiedsrichter Hänni gegangen und habe um Schutz gebeten: «Und in dieser Situation ist der Ball längst im Out – und dann fliegt einer noch so heran.»

Für seinen Trainer Murat Yakin ist danach klar: «Wir müssen die Strafe akzeptieren, die er erhält. So etwas darf Valentin nicht passieren.» Aber er ruft auch in Erinnerung, dass die Schiedsrichter vor der Saison erklärt hätten, dass Fouls mit gestrecktem Bein härter geahndet würden: «Valentin ist froh, kann er noch auf zwei Beinen stehen. Sein Gegenspieler hat nicht mit fairen Mitteln gearbeitet, und das hätte man auch schon vorher sehen können.»

Nach der Rechtspflegeordnung des Schweizerischen Fussballverbandes SFV ist für eine Tätlichkeit eine Mindeststrafe von vier Spielsperren vorgesehen. Der Bericht des Schiedsrichters wird mit darüber entscheiden, ob eine vorhergegangene Provokation in Rechnung gestellt wird. Klar ist aber, dass Stocker dem FCB fehlen wird – «in wichtigen Spielen», wie Präsident Bernhard Heusler anmerkt, als in St. Gallen, gegen Zürich und auch in Luzern.

Eine mögliche Erklärung für Chakhsis Rote Karte

Mehr Erstaunen als der Platzverweis gegen Stocker löst an diesem Abend die Rote Karte gegen seinen Kontrahenten Abdelouahed Chakhsi aus. Hänni zeigt auch ihm direkt Rot, obwohl er gleichzeitig nicht Elfmeter für das Foul an Stocker gibt, sondern Eckball.

Selbst fast zwei Stunden nach Spielschluss mag Hänni nicht auflösen, weswegen er Chakhsi ebenfalls vom Feld stellt, aber keinen Penalty gibt. Er müsse sich das Ganze erst noch einmal anschauen, sagt Hänni. Und auf die Frage, was denn im Spielberichtsbogen als Erklärung für die Rote Karte aufgeführt sei, meint er, da stehe eben, dass er sich das Ganze noch einmal anschauen müsse.

So bleibt vorerst nur Rätselraten. Möglich, dass Hänni Chakhsis Foul an Stocker – denn ein solches war es — hinter der Torauslinie gesehen hat. Dann dürfte er keinen Penalty geben. Er dürfte aber sehr wohl Chakhsis Foul als Vergehen ahnden.

Etwas Farbe im Spiel

Dem Unterhaltungswert der gesamten Partie jedenfalls ist Stockers Einlage auf jeden Fall nicht abträglich. Zäh wie ein bei diesen Sommertemperaturen auf dem Asphalt klebender Kaugummi zieht sich das Spiel über weite Strecken.

Die Basler sind bemüht, sicher. Aber sie haben eben auch viel Mühe. Mühe mit dem Gegner, der auf eine Fünf-Mann-Abwehr setzt und keinerlei Lust zeigt, mehr als zwei Leute für Offensivarbeiten abzustellen. Und Mühe natürlich auch mit dem schwül-heissen Wetter, das schon alleine das Zuschauen auf den schattigen Tribünen zum schweisstreibenden Erlebnis macht.

Eindrücklich ist da, dass sich Lausannes Trainer Laurent Roussey noch während der ersten Halbzeit einen Pullover über die Schultern legt. Warum, muss sein Rätsel bleiben. An der Pressekonferenz – im gekühlten Innenraum – nämlich hält es Roussey nicht lange aus.

Roussey denkt über Rücktritt nach

Wutentbrannt beklagt er das Schlechte in der Welt im Allgemeinen und all die Bösartigkeiten, die seinem Lausanne-Sport im Speziellen geschehen. Lausanne sei halt immer bloss der Kleine, so sei es nicht möglich zu gewinnen. Und überhaupt, er überlege sich jetzt ernsthaft, ob er nicht gleich sein Amt niederlegen wolle.

Sagt es, steht auf, reicht dem verdutzten Kollegen Yakin immerhin noch die Hand  – und verschwindet. Was sein Captain Guillaume Katz unten in den Katakomben ziemlich verwundert auf dem Flachbildschirm miterlebt. Und danach brühwarm den Teamkollegen als Gesprächsstofff auf den Weg in den Bus mitgibt.

Katz ist es zuvor auch, der im Spiel wesentlich an der Basler Führung beteiligt ist. Gegen Marco Streller kommt der Waadtländer Verteidiger einen Schritt zu spät – Elfmeter. Diese Chance lässt sich Fabian Schär nicht entgehen, 1:0. Der Trainer spricht von einem «Geduldsspiel» für sein Team und ist mit der ersten Halbzeit zufrieden: «Wir haben Ball und Gegner laufen lassen.»

Drei Schreckmomente und ein Bilderbuchtor

Die zweite Halbzeit im Glutofen des Joggeli hat dann nicht mehr ganz die Struktur der ersten und hält drei Schreckmomente für den FCB bereit. Erst Stockers Ausraster, dann trifft in der 72. Minute Sébastien Meoli die Latte. Und schliesslich muss FCB-Goalie Yann Sommer den Bock von Fabian Frei ausbügeln, der den Ball dem Lausanner Selim Khelifi in den Lauf legt.

Für den Genuss-Moment der Partie sorgen dann aber wieder zwei Basler. Streller und Mohamed Salah spielen sich in der 82. Minute mit Hackentricks und Doppelpässchen zum 2:0 durch den Basler Captain, der wie Schär seinen zweiten Saisontreffer markiert.

Das reicht für einen Pflichtsieg, das dritte 2:0 daheim über Lausanne in Folge. Es reicht aber auch, um zu vermuten, dass die zwei Spiele gegen Maccabi Tel Aviv in der Qualifikation zur Champions League zum heissen Tanz werden könnten.

Super League, 3. Runde

FC Basel–Lausanne-Sport 2:0 (1:0)
St.-Jakob-Park. – 24’951 Zuschauer. – SR Hänni.

Tore:
32. Schär 1:0 (Foulpenalty; Katz an Streller).
82. Streller 2:0 (überlegter Linksschuss aus halblinker Position ins lange Eck nach Zusammenspiel mit Salah, der von der Grundlinie zurücklegt).

Rote Karten: 62. Stocker (Tätlichkeit), Chakhsi (Foul).
Gelbe Karte: 61. Chakhsi (Unsportlichkeit), 69. Ekeng (Foul), 74. Sonnerat (Foul), 76. Katz (Reklamieren).

FC Basel (4-1-4-1): Sommer; P. Degen, Ajeti, Schär, Safari (92. D. Degen); Elneny; Salah (85. Diaz), Frei (88. Voser), Xhaka, Stocker; Streller. – Ersatz: Vailati (T), Sauro, Jevtic, Andrist.
Lausanne (5-4-1): Fickentscher; Chakhsi, Katz, Meoli, Sonnerat, Facchinetti; Ekeng, Yang (85. Ozcan), Avanzini (68. Lavanchy); Tafer; Kadosi (46. Khelifi). – Ersatz: Antonio (T), Pimenta, Sukaj, Dessarzin.

Bemerkungen: FCB ohne Bobadilla (vereinsintern suspendiert), Dragovic (zu Dynamo Kiew gewechselt), Serey Die, Ritter (beide verletzt). – Lausanne ohne Coly, De Pierro, Gabri, Moussilou, Zambrella, De La Torre (alle verletzt), Cruyff, Mevlja (nicht qualifiziert). – Statistik, Saison 12/13: Drei Basler Siege (2:0, 2:1, 2:0) und ein 1:1 in Lausanne. Letzter Lausanne-Sieg gegen Basel (in Basel) datiert von 2000 und dem 3:0 in der Finalrunde. – 37. Schuss an den Aussenpfosten Frei, 72. Lattenkopfball Meoli, 76. Freistoss Salah auf die Querlatte.

 

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