«Dass wir gewonnen haben, ist nicht selbstverständlich»

Der FC Basel ist nach dem Hinspiel gegen Lech Posen wieder zuhause angekommen. Urs Fischer blickt zurück auf den erfolgreichen Start in der Champions-League-Qualifikation. Er ist zufrieden mit der mentalen Stärke seiner Mannschaft, würde sich aber manchmal mehr Bescheidenheit wünschen.

30.07.2015; Basel; Fussball Champions League; Trainer Urs Fischer gibt ein Interview, nach der Rueckkehr aus Polen auf dem Flughafen Basel; (Steffen Schmidt/freshfocus)

(Bild: Steffen Schmidt/freshfocus)

Der FC Basel ist nach dem Hinspiel gegen Lech Posen wieder zuhause angekommen. Urs Fischer blickt zurück auf den erfolgreichen Start in der Champions-League-Qualifikation. Er ist zufrieden mit der mentalen Stärke seiner Mannschaft, würde sich aber manchmal mehr Bescheidenheit wünschen.

Urs Fischer sitzt etwas abseits. Und er wirkt irgendwie gedankenverloren in dieser Abflughalle am Flughafen Posen, von wo der FC Basel zurückfliegt. Es ist der Morgen nach Fischers erstem internationalen Spiel als Trainer des Schweizer Meisters, ein Spiel, das die Basler mit 3:1 gewonnen und womit sie einen grossen Schritt in Richtung Play-Offs in der Königsklasse gemacht haben.

Da kann auch einer der erfahrensten Spieler im Schweizer Clubfussball plötzlich etwas nachdenklich wirken. Aber vielleicht ist Fischer auch einfach nur müde, denn gut geschlafen hat er nicht: «Die Aufarbeitung setzt eigentlich gleich nach dem Spiel ein, danach bin ich immer wieder aufgewacht, hatte Bilder im Kopf, die ich verarbeiten musste.»

Derlis Gonzalez definitiv nach Kiew
Am Tag nach dem Sieg in Posen vermeldet der FC Basel den definitiven Weggang des Offensivspielers Derlis Gonzalez. Er unterzeichnet beim ukrainischen Meister einen Vertrag bis 2020.

Fischer hat dabei möglicherweise auch an die Zeit vor ein paar Wochen zurückgedacht, als seine Verpflichtung einige Wirbel ausgelöst hatte. Inzwischen hat der Zürcher die Polemik um seine Herkunft überstanden. Dass der 49-Jährige ein Urgestein des FC Zürich ist, ist in der öffentlichen Wahrnehmung bereits nur noch eine Randnotiz.

«Dieser Sieg ist keine Selbstverständlichkeit»

Das hat freilich auch damit zu tun, dass der Trainer einen formidablen Start bei seinem neuen Arbeitgeber hingelegt hat: Fischer hat in den ersten drei Spielen drei Siege geholt und die Tür zur nächsten Runde in der Champions-League-Qualifikation weit aufgestossen.

Erwartet habe er das nicht, sagt Fischer, denn er erwarte grundsätzlich nie etwas. Ein Ärgernis ist für ihn, dass nicht alle so denken, denn das Spiel in Posen, das sei nun wahrlich kein einfaches gewesen: «Wir haben 3:1 gegen den polnischen Meister gewonnen und man erachtet das als eine Selbstverständlichkeit – ist es aber nicht», schüttelt Fischer den Kopf.

An diese Umstände muss sich der Übungsleiter gewöhnen, denn inzwischen ist die Aussenwahrnehmung des FC Basel tatsächlich so, dass ein solcher Sieg zumindest niemanden mehr überrascht. Zumal sich am Mittwoch gezeigt hat, dass alles andere als die Qualifikation für die Play-Offs eine Enttäuschung für den Verein und seinen Anhang wäre.

Der gekonnte Umgang mit einer schwierigen Situation

Der FCB war Posen spielerisch überlegen, verfügte mit Marek Suchy, Zdravko Kuzmanovic und Luca Zuffi über eine solide Achse und hatte mit Birkir Bjarnason einen Flügelspieler, der nicht zum ersten Mal andeutete, dass er den Baslern noch viel Freude bereiten wird. Zudem erzielte Marc Janko das 1:2 und hat somit in seinen beiden bisherigen Spielen für den FCB getroffen.

Die Zusammenfassung des Spiels:

Für Fischer machten jedoch nicht diese Aspekte den Unterschied. Vielmehr unterstreicht er, wie wichtig die Momente nach Shkelzen Gashis verschossenem Penalty gewesen seien: «Die Reaktion auf diesen Fehlschuss war entscheidend. Es gefiel mir, wie die Spieler auf Shkelzen zugegangen sind und ihn aufgemuntert haben. Daran hat man gemerkt, dass sich die Mannschaft nicht verunsichern lässt.»

Die Partie stand zu diesem Zeitpunkt 1:1, der FCB spielte wegen der roten Karte fortan gegen zehn Polen. Ein Zeitpunkt, der Gefahren barg: «Vom psychologischen Aspekt war es der dümmste Moment, wir spielten in Überzahl, hätten darum übermütig werden und in Konter laufen können.» Nichts davon passierte, «die Mannschaft hat gut darauf reagiert».

Gewisse Spieler wissen früher, ob sie eingesetzt werden

Der FCB hat sich in diesem stimmungsvollen Stadion in eine sehr gute Lage gebracht, im Rückspiel vom kommenden Mittwoch (20.45 Uhr, St.-Jakob-Park) sollte eigentlich nichts mehr schief gehen. Allerdings ist Fischers Arbeit nicht erledigt, indem er den FCB in die Champions League führt.

Das Tagesgeschäft, sprich Super League und Schweizer Cup, ist ebenso wichtig. Auch, weil der Meistertitel in dieser Saison die direkte Qualifikation für die Königsklasse bedeutet und somit besonders wertvoll ist.

Dieses Tagesgeschäft bedeutet bis Ende August ein Spiel alle drei Tage. Dieser Umstand zwingt Fischer, längerfristig zu denken: «Wir haben eine Planung, die über mehr als eine Partie hinausgeht», erklärt Fischer. Und das bedeutet, dass gewisse Spieler mehrere Tage «im Voraus erfahren, ob sie zum Einsatz kommen oder nicht».

Ab sofort rückt die Meisterschaft wieder in den Fokus. Für das Spiel gegen den FC Sion (Samstag, 15 Uhr, St.-Jakob-Park) wird Fischer neue Kräfte einsetzen. So viel ist dem gedankenversunkenen Trainer vor dem Abflug nach Basel noch zu entlocken.

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