Warum Davide Callà vor 18 Monaten beinahe auf der Strasse gestanden wäre, warum es auch beim FC Aarau schön ist und warum der 29-Jährige sich mit der Unterschrift unter den Vertrag beim FC Basel ein wenig Zeit gelassen hat.
Wenn Davide Callà so klar, so enthusiastisch und so reif auf dem Spielfeld agieren wird, wie er am Mittwoch aus seinem Leben als Fussballer erzählt hat, dann wird der FC Basel an diesem Februar-Transfer einige Freude haben. «Ich bin überglücklich, mit 29 Jahren diese Chance zu bekommen», sagt Callà.
Eingefädelt hat der FC Basel den Spielertausch von Stephan Andrist, der mit sofortiger Wirkung zum FC Aarau geht, und Davide Callà, für den die Aarauer rund eine halbe Million Franken aus Basel erhalten, zu Jahresbeginn. Mit einer telefonischen Anfrage bei Callà, ob er denn überhaupt an einem Wechsel interessiert sei.
Überhaupt! An einem Wechsel interessiert! Zum FC Basel!
«Der FC Basel ist DER Club in der Schweiz. Es gibt nichts Grösseres, nichts Besseres.» Sagt Davide Callà. Das würde natürlich jeder sagen, der einen Vertrag, in diesem Fall bis 2016, unterschreibt.
«Vor 18 Monaten wäre ich fast auf der Strasse gestanden»
Das hätte er sich vor anderthalb Jahren nicht träumen lassen. Damals war die Karriere des Davide Callà, einst als grosses Talent des Schweizer Fussballs besungen, an einem Tiefpunkt angelangt. Die vielen schweren Verletzungen, zwei Kreuzbandrisse, Knorpelschäden und vier Operationen an seinem rechten Wackelknie führten dazu, dass die Grasshoppers nicht mehr mit ihm verlängern wollten. Bei GC setzte man auf die Jungen, auf Steven Zuber und Izet Hajrovic, «und damit haben sie ja die richtige Entscheidung getroffen», sagt Callà mit Blick auf die lukrativen Transfers der beiden zu ZSKA Moskau und Galatasaray.
«Ich dagegen kam aus einer langfristigen Verletzung und war in einem desolaten Zustand.» Er hegt deshalb keinerlei Groll auf die Zürcher, für die er vier Jahre lang spielte – oder eben nicht zur Verfügung stand. «Vor 18 Monaten wäre ich beinahe auf der Strasse gelandet», sagt der gebürtige Winterthurer mit italienischen Wurzeln.
«Die Aufstiegssaison mit dem FC Aarau, die vielen Tore, die Emotionen – das war das schönste Jahr in meiner Karriere.»
Dann kam der FC Aarau auf ihn zu. Trainer René Weiler baute Callà zu einer Stütze der Aufstiegsmannschaft auf. 34 Einsätze, 19 Tore und 14 Assists sind eine eindrückliche Bilanz, auch und gerade wenn sie in der Challenge League erzielt wurde. Die Saison 2012/13 bezeichnet Callà trotz des sensationellen Cupsiegs 2004 mit dem FC Wil und trotz 202 Super-League-Spielen für Wil, Servette, St. Gallen, GC und Aarau als sein bestes Jahr: «Die vielen Tore, die Emotionen, der Gejagte zu sein und dann eine Aufstiegsfeier zu erleben – das ist fantastisch.»
Hätte ihm im Sommer jemand prophezeit, er würde ein halbes Jahr später beim FC Basel spielen – «ich hätte ihn ausgelacht», sagt Callà. Jetzt ist eine ernste Sache daraus geworden, darf er es mindestens jede zweite Woche geniessen, was er für einen Fussballer in der Schweiz als ein «geiles Gefühl» beschreibt: ins Joggeli einzulaufen.
«Ich habe gute Charaktereigenschaften»
Mit 29 Jahren weiss Davide Callà auch, was er ungefähr von sich selbst halten muss: «Ich habe gute Charaktereigenschaften, um mich in kurzer Zeit in einer neuen Umgebung zu akklimatisieren und in einer neuen Mannschaft zurechtzufinden», sagt er. Mit Murat Yakin hat er nur kurz gesprochen, Callà findet, es werde dazu genügend Zeit sein im täglichen Training und ausserdem glaubt er, dass der FCB-Trainer über die Qualitäten seines neuen Offensivspielers ausreichend orientiert ist.
Callà ist ein Seitenspieler, der mit seinem starken rechten Fuss auf beiden Flügeln eingesetzt werden kann. Sicherlich kein neuer Salah, dafür viel Callà, der über sich gelesen hat, im Herbst seiner Karriere zu stehen: «Ich würde sagen: Es ist höchstens Spätsommer. Und ich bin topfit.» So fit, dass er schon am Samstag gegen Sion (19.45 Uhr) erstmals zum Kader gehören könnte, nachdem er am vergangenen Wochenende als Aarau-Spieler noch eine Gelbsperre abgesessen hat.
«Das rechte Knie ist bombenfest»
Über sein rechtes Knie macht er sich nach dem vierten, erfolgreich verlaufenen Eingriff keine Sorgen mehr: «Das ist bombenfest.» Nach schweren Zeiten, die ihn geprägt haben, sagt er heute: «Im letzten Augenblick habe ich die Kurve noch mal gekratzt. Jetzt hier zu stehen, ist die grösste Belohnung.»
Mit jedem Atemzug und mit jeder Sehne seines gerade einmal 1,75 Meter grossen Körpers scheint er die unverhoffte Wendung in seiner Karriere zu geniessen. Von der Vertragsunterzeichnung in den Geschäftsräumen des FC Basel wird berichtet, dass Bernhard Heusler mit der Routine eines Clubpräsidenten die Papiere zügig unterschrieb, während Callà sich Zeit liess und das mit einem Augenzwinkern entschuldigte: «Ich geniesse diesen Moment.»
Pizza-Backen mit Davide Callà (blick.ch):
So aufgestellt war Callà auch am Mittwoch noch, dass es nur so aus ihm sprudelte, und er aus einer Journalistenrunde fast herausgerissen werden musste, um nicht schon zum ersten Training zu spät in der Garderobe zu erscheinen.
Dort trifft er Spieler, gegen die er schon manchen Kampf gefochten hat auf den Super-League-Plätzen, er trifft auf Yann Sommer, Kay Voser und Taulant Xhaka, mit denen er bei GC im Kader stand, und Davide Callà wird einiges zu erzählen haben aus seinem Leben. «Es war auch schön beim FC Aarau», sagt er, «aber so ein Zug wie der rotblaue, der fährt nur einmal im Leben vorbei.»